Kay Scarpetta 16: Scarpetta
erklärt, ihr Name sei gefallen. Sie hat sofort geschlussfolgert, die Eltern des sechzehnjährigen Pfadfinders und Einserschülers, den sie versehentlich mit ihrem Bentley überfahren hat, wollten ihr wieder einmal ans Leder. Du weißt schon, diese hinterhältigen Racheakte, wie zum Beispiel Prozesse um Arztrechnungen, die die Versicherung nicht abdeckt, obwohl das doch schließlich nicht ihre Schuld sei. Außerdem hat sie sich über die rührseligen Berichte in den Medien beschwert. Sie nimmt an, die Eltern hätten sicher von dem - und jetzt zitiere ich wörtlich - Killerzwerg gehört und nutzten jetzt die Gelegenheit, um sie öffentlich zu demütigen.«
»Muss eine reizende Zeitgenossin sein.«
»Ich bin immer noch überzeugt, dass die Proben verunreinigt wurden«, fügte Berger hinzu. »Eine andere Erklärung für die DNA-Resultate sehe ich nicht. Vielleicht hat Kay ja einen Geistesblitz, denn ich bin absolut ratlos. Morgen bekommen wir hoffentlich Oscars DNA, aber die wird sich vermutlich überall finden. Also wird uns ein positives Ergebnis ebenfalls nicht weiterhelfen.«
»Was ist mit seinen E-Mails? Die kannst du doch auch ohne sein Einverständnis überprüfen, oder? Sicher hat er Terri gemailt«, schlug Benton vor.
»Wir können uns Zugriff darauf verschaffen und werden es auch tun. Außerdem braucht er ja nichts davon zu erfahren. Kurz gesagt, und ich denke, das haben wir hinreichend klargestellt, ist er nicht so kooperativ, wie er tut. Und solange keine triftigen Gründe für seine Festnahme bestehen, wird sich daran wohl auch nichts ändern. Die Situation ist heikel. Obwohl ich höllisch vorsichtig sein muss, interessiert mich, was Kay herausbekommen hat. Sicher vertraut er ihr gerade in der Krankenabteilung so einiges an, was er uns bis jetzt verschwiegen hat. Allerdings darf sie es uns unter den gegebenen Umständen nicht mitteilen. Vermutlich ist diese Frage überflüssig, aber hatte Kay schon früher Kontakt zu Oscar Bane?«
»Wenn ja, war es entweder unwissentlich, oder sie erinnert sich nicht mehr daran. Sonst hätte sie etwas gesagt, als ich vorhin am Telefon seinen Namen erwähnte«, erwiderte Benton. »Jedenfalls werden wir erst dann schlauer sein, wenn Oscar verhaftet wird oder sie freiwillig von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbindet. Ich kenne Kay. Sie würde niemals gegen die Regeln verstoßen.«
»Könnte es eine Verbindung zu Terri Bridges geben?« »Das ist völlig unmöglich. Wenn Oscar ihr von Terri erzählt und sie feststellt, dass sie sie kannte, wird sie den Fall sofort abgeben oder uns zumindest verständigen, damit wir eine Lösung finden können.«
»Ein schöner Schlamassel«, stellte Berger fest. »Genau genommen für euch beide. Wahrscheinlich ist es eine ganz neue Situation für euch, dass ihr euch beim Abendessen, am Wochenende und an den Feiertagen nicht über Berufliches unterhalten, diskutieren oder sogar streiten könnt.« Sie musterte ihn forschend. »Doch das ist nicht verboten, solange ihr beide nicht als Gutachter für die gegnerischen Parteien in derselben Verhandlung auftretet, und so etwas hat Seltenheitswert. Ihr beide seid ein gutes Team. Keine Geheimnisse. Immer professionell und unzertrennlich. Und jetzt auch noch privat ein Paar. Ich hoffe, es geht euch gut.«
»Der Fall bringt uns in eine Zwickmühle«, wimmelte er ihre persönlichen Anspielungen ab. »Es würde die Sache vereinfachen, wenn Oscar des Mordes an seiner Freundin angeklagt würde. Wirklich schlimm, sich so etwas zu wünschen.«
»Wir wünschen uns viele Dinge, die wir niemals zugeben würden«, entgegnete sie. »Aber es ist nun einmal eine Tatsache, dass wir nicht weiterermitteln müssen, wenn er Terri Bridges wirklich umgebracht hat.«
Sie erinnerte sich an den Schnee, der auf der Haut stach wie Brennnesseln. Obwohl sie ein Pfund Kaffee brauchte, hatte sie keine Lust, das Haus zu verlassen. Über diesen Tag gab es nichts Gutes zu sagen.
Hinzu kam, dass die damalige Kolumne, ein besonders vor Hass triefender Text mit dem Titel »Akte Ex«, ihr einige Schwierigkeiten bereitet hatte. Es handelte sich um eine Liste von Prominenten, deren Fans sich von ihnen abgewandt hatten, nebst dazugehöriger Begründung. Natürlich musste Shrew diese Information unterschlagen, als sie die Szene für Detective Marino aufschrieb. Genau genommen gab es eine ganze Menge zu verschweigen. Zum Beispiel ihr Entsetzen, als es an der Tür geklingelt und sie Terri hereingelassen
Weitere Kostenlose Bücher