Kay Scarpetta 16: Scarpetta
mir neu. Ich wusste gar nicht, dass Marino so aktiv in dem Fall ermittelt.«
»Und mir wurde erst klar, dass Oscar Bane der Mensch ist, mit dem Marino vor einem Monat telefoniert hat, als sich Morales letzte Nacht am Tatort umgesehen hat. Da habe ich eins und eins zusammengezählt und Marino angerufen, um ihm zu sagen, dass er mitmachen muss, weil er bereits in die Sache verwickelt ist.«
»Und weil du ihn brauchst, um deinen Hintern zu retten«, ergänzte Benton. »Es wird nämlich so aussehen, als hättest du Bane abgewimmelt, der letzten Monat die Staatsanwaltschaft anrief und um Hilfe bat. Marino hat ihn nicht ernst genommen. Und wer wird sich wohl am meisten dafür abrackern, dir den Hintern zu retten? Natürlich jemand, der auch seinen eigenen retten will. Ganz schön durchtrieben, muss ich sagen. Aber du hast Glück. Ihm entgeht fast nichts. Wahrscheinlich ist er der fähigste Mann in deiner ganzen Abteilung. Du hast das nur noch nicht gemerkt, weil man ihn leicht unterschätzt. Und jetzt bist du voreingenommen. Lass mich raten. Er hat sich eigenmächtig am Tatort umgeschaut und dabei wichtige Beweise gefunden. Die Laptops des Opfers. Wo zum Teufel waren die denn? Unter den Dielenbrettern?«
»In einem Koffer im Wandschrank. Offenbar wollte sie heute Morgen nach Phoenix fliegen und sie mitnehmen. Ein zweiter gepackter Koffer stand daneben«, erwiderte Berger. »Wer hat rausgekriegt, dass sie heute Morgen nach Phoenix fliegen wollte?«
»Hat Oscar Bane dir das gestern Abend nicht gesagt?«
»Er hat kein Wort zu mir gesagt, sondern sich nur, wie bereits erwähnt, von mir untersuchen lassen. Also waren ihre Reisepläne gestern Nacht noch nicht bekannt? Wenn nicht, würde mich interessieren, wer dahinter gekommen ist und wie.«
»Nun, das war Marino, der ein guter Ermittler ist und nicht so schnell lockerlässt. Das stimmt. Außerdem ist er ziemlich einsam, denn er ist schon lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass man keine Informationen preisgibt, auch dann nicht, wenn das Gegenüber Polizist, Staatsanwalt oder Richter ist. Allerdings wird er sich dadurch einige Feinde machen. Ich sehe es schon vor mir, und deshalb sind die Dinge, die nun über ihn ans Licht gekommen sind, doppelt fatal. Offenbar hat er Terris Eltern in Scottsdale aufgespürt, bevor ein anderer, einschließlich Morales, Gelegenheit dazu hatte, und sie vom Tod ihrer Tochter in Kenntnis gesetzt. Sie meinten, sie habe vorgehabt, sie für einige Tage zu besuchen. Daraufhin ist er in ihre Wohnung gefahren.«
»Lass mich raten«, entgegnete Benton. »Es lag kein Flugticket herum, das die Polizisten schon gestern Nacht auf die richtige Spur hätte führen können. Denn heutzutage läuft alles elektronisch.«
»Richtig.«
»Das erklärt auch, warum ich auf den Tatortfotos, die Morales mir gegeben hat, keine Gepäckstücke gesehen habe.«
»Diese Fotos stammen von der ersten Hausdurchsuchung.
Seiner. Aber ich kann nachvollziehen, warum das Gepäck gestern Nacht übersehen wurde. Ich bin zwar nicht gerade froh darüber, doch ich verstehe den Grund.« »Wurde es vielleicht absichtlich versteckt?« »Meinst du von jemandem wie Oscar Bane?«
»Das klingt nicht sehr logisch.« Benton überlegte. »Warum hat er die Laptops nicht mitgenommen, wenn sie ihm Magenschmerzen verursachten? Weshalb hat er sie in ihrem Schrank versteckt?«
»Menschen verhalten sich häufig unlogisch, ganz gleich, wie gründlich sie ihr Verbrechen auch planen.«
»Dann muss er ein ziemlicher Chaot sein. Falls er der Täter ist«, erwiderte Benton. »Ganz im Gegensatz zu Terri, wenn man das anhand der Fotos von ihrer Wohnung beurteilen kann. Sie war ausgesprochen ordentlich. Willst du meine Theorie hören? Sie könnte die Koffer nach dem Packen selbst weggeräumt haben, weil sie Besuch erwartete. In meinen Augen ist es voreilig, Oscar Bane dieses Verbrechens zu verdächtigen. Ich gehe nicht davon aus, dass er sie umgebracht hat.«
»Kennst du das alte Sprichwort, Benton: Suche nicht nach Einhörnern, halte dich an die Ponys. Und Oscar Bane ist das erste Pony auf meiner Liste. Der Mensch, der am ehesten der Täter sein könnte. Das Problem ist, dass wir keine Beweise haben. Noch nicht.«
»Zumindest kann Bane dir, was Terris Laptops angeht, nun nicht mehr zuvorkommen. Außerdem hat er im Krankenhaus keinen Internetzugang«, antwortete Benton.
»Es war seine freie Entscheidung. Er müsste dort nicht sitzen. Und das erscheint mir noch
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