Kay Susan
ist mit dir. Gebenedeit seist du unter den Weibern . . . «
Weiter schien sie nie zu kommen. Ihr Mädchen sagte mir, sie wiederhole diese beiden Zeilen immer wieder, und als ich das hörte, begann sich eine leise Angst in meinen Hinterkopf einzunisten. Am Tag vor der Hochzeit kam ich mit einem Arm voller Blumen; sie wartete auf mich, eine kleine, goldgerandete Karte in einer Hand. Auf dem Tisch lagen ein riesiger Messingschlüssel und ein kleiner, merkwürdig geformter Gegenstand aus Metall, den ich nicht identifizieren konnte.
»Es ist Zeit, daß wir zurückgehen«, sagte sie.
Ich betrachtete die Einladung in gestochen scharfer Handschrift, und etwas in mir schnappte ein. In diesem Augenblick hörte ich auf, der hochgeborene Held unseres kleinen Melodrams zu sein, der perfekte Gentleman und anbetende Liebhaber – all das, was mich zu einem schwachen, leichtgläubigen jungen Mann gemacht hatte, hoffnungslos manipulierbar aufgrund seiner Verliebtheit. Der Zorn und die Angst, die mich seit vielen Wochen gequält hatten, brachen plötzlich hervor. Ich packte sie bei den Schultern und schüttelte sie heftig.
»Wenn du auch nur einen Augenblick glaubst, ich würde dich dorthin zurückbringen, dann mußt du den Verstand verloren haben!«
»Aber du hast es versprochen«, keuchte sie, »du hast es ihm versprochen.«
»Natürlich habe ich’s versprochen. Ich hätte versprochen, mir ein Bein abzuhacken, um ihm zu entkommen. Der Mann ist wahnsinnig. Christine, vollkommen irre . . . , und du mußt selbst ziemlich verrückt sein, wenn du glaubst, ich hätte je die Absicht gehabt, dieses Versprechen zu halten.«
Sie riß sich los und sank in den Sessel neben dem Feuer.
»Wenn du mich nicht hinbringst«, sagte sie, »dann werde ich allein gehen.«
Ich beugte mich vor, nahm die Einladung aus ihrer zitternden Hand und riß sie in Fetzen.
»Wenn du zu ihm zurückgehst, dann brauchst du das hier nicht mitzunehmen«, sagte ich wütend. »Wenn du jetzt zurückgehst, wird es keine Hochzeit geben. Verstehst du, was ich sage, Christine?«
Sie nickte dumpf und starrte auf die weißen Papierfetzen, die auf die Kacheln vor dem Kamin gefallen waren.
Ohne ein weiteres Wort stürmte ich aus dem Haus und stieg in die Kutsche, die draußen wartete. Ich blieb fünf Minuten sitzen und hoffte verzweifelt, sie werde mir nachlaufen und mich bitten zu bleiben. Aber sie kam nicht, und als ich aufblickte, sah ich sie auch nicht am Fenster.
Zu Hause angekommen, schockierte ich meinen Diener, indem ich eine Karaffe Cognac auf mein Zimmer bestellte. Nachdem ich dort allein war, begann ich mich sehr schnell und ruhmlos zu betrinken; ich war nicht an starke Getränke gewöhnt. Ich nehme an, daß ich in vieler Hinsicht noch bemerkenswert naiv und unschuldig war – zwanzig Jahre alt und noch Jungfrau. Doch ich hatte nie eine andere gewollt als Christine, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß ich je eine andere wollen würde.
Irgendwann während des Abends glaube ich in einem Exzeß von wütendem Selbstmitleid das Glas ins Feuer geschleudert zu haben. Aber am nächsten Morgen, als ich mit bohrenden Kopfschmerzen und lastender Resignation aufwachte, wußte ich, daß ich sie zurückbringen mußte. Ich würde sie dieses eine, letzte Mal zurückbringen, und dann wäre es vielleicht wirklich vorbei, und wir könnten anfangen, zusammen unser eigenes Leben zu leben.
Als ich in ihrer Wohnung ankam, sagte mir ein einfältiges Mädchen, Mademoiselle sei am Vorabend ausgegangen und noch nicht zurückgekehrt. Eine Botschaft für mich hatte sie nicht hinterlassen.
»Monsieur«, sagte das kleine Mädchen schüchtern. »Ich fürchte sehr um Mademoiselle. Sie war in den letzten Tagen nicht sie selbst.«
»Ich weiß«, sagte ich abwesend und drehte mich um, den Hut in der Hand. »Ich muß verrückt gewesen sein, sie in diesem Zustand allein zu lassen.«
»Wissen Sie vielleicht, wohin sie gegangen sein kann, Monsieur?«
Ich starrte auf die Fußgänger, die sorglos auf den Straßen flanierten, auf Paris, das heiter und unbekümmert seinen Geschäften nachging.
»Ja«, sagte ich mit düsterer Resignation, »ich weiß, wo sie ist.«
∗ ∗ ∗
»Einen Vorschlaghammer?« keuchte mein Kutscher erstaunt. »Verzeihen Sie, Monsieur, sagten Sie Vorschlaghammer?«
»Ja, das sagte ich.«
Ich lehnte mich in der Kutsche zurück und schaute den Mann an; offensichtlich entschloß er sich vernünftigerweise, das Thema nicht weiter zu verfolgen. Er brauchte fast zwei Stunden, aber
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