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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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er bitter, v
erstehst du nicht, dass unsere Namen alles sind, was uns ausmacht? Kein neuer Name kann ihn retten. Falls es überhaupt gelingen kann, dann wird es die ganze Natur seines Lebens ändern.
    Sie sackte ein ganzes Stück in sich zusammen. “Ist das nicht besser, als zu sterben?”
    “Für uns,
Kyuthe
, ist es das Gleiche.”
    “Woher weißt du das? Ist das schon einmal vorgekommen?”
    Er schwieg einen Augenblick, in dem er sich der Kraft seines Namens und der Sprache des Schweigens entzog. “Glaubst du, dass Sterbliche Seelen haben, Kaylin?”
    Sie zuckte mit den Schultern. “Ich weiß nicht. Ich nehme an, ich werde es eines Tages herausfinden.”
    “Ah. Tu für den Moment so, als hättet ihr.”
    “Okay.”
    “Wenn eure Seele euren Körper verlässt, seid ihr tot. Aber wenn eine andere stattdessen einzieht, seid ihr weniger tot? Der Körper kann weiterleben – oder eben nicht. Aber was dich ausmachte … ist verschwunden.”
    “Woher weißt du das?”
    “Ich weiß es nicht. Ich nehme es einfach an.”
    Sie ließ ihren Arm fallen. “Ich will den Lord der grünen Auen sehen.”
    Er schüttelte den Kopf.
    “Ich brauche dazu nicht deine Erlaubnis.”
    Und der Lord der Westmarsche wendete sich an Severn, der die ganze Zeit geschwiegen hatte. “Ist sie
immer
so schwierig?”
    “Er muss sowieso sterben”, sagte Kaylin zu ihm, “ist es nicht an der Zeit, etwas anderes zu versuchen?”
    “Nicht”, sagte der Lord der Westmarsche ernst, “wenn es ihn umbringt.”
    Er vertraute ihr nicht, aber er hatte auch keinen Grund dazu. Er führte sie zurück in ihre Gemächer, und als er den Flügel betrat, schlossen sich ihm vier seiner Männer schweigend an. Sie bevorzugten im Gegensatz zum Lord der Westmarsche ein Gesicht mit starr neutralem Ausdruck. Nightshades Zeichen zog sie ebenso an, wie es sie abstieß. Sie würden ihr nicht vertrauen und ganz bestimmt nicht auf sie hören.
    Sie wollte schreien. Nur eine wahnsinnige Minute lang wollte sie den Namen des Lord des Westmarsche benutzen, um ihn zu
zwingen
, ihr zuzuhören.
    Der Impuls verging, wenn auch nur mit viel Mühe und mit der handfesten Hilfe weniger selbstzerstörerischer Triebe. Sie konnte seinen Namen aussprechen, aber sie konnte ihn damit nicht fesseln. Und wenn sie es könnte, wäre sie nicht besser als die Dunkelheit im Herzen der Hohen Hallen, die darauf wartete, die Schwachen zu verschlingen. Andellen und Samaran wurden mit ihr gemeinsam in ihre Gemächer gesperrt. Andellen schwieg, bis die Tür geschlossen war. Er ging vorsichtig darauf zu und untersuchte sie dann noch vorsichtiger. Dann machte er eine fast wegwerfende Geste. Hätte sie die Barrani nicht gekannt, hätte sie angenommen, dieses Handfuchteln wäre theatralisch gewesen. Aber sie kannte sie, also blieb ihr dieser Trost nicht.
    “Du bist hier eine Gefangene”, sagte er leise zu ihr. “Was hast du denn getan, um den Lord der Westmarsche zu beleidigen?”
    “Ich habe gebeten, mit seinem Bruder sprechen zu dürfen.”
    “Nach dem, was wir gesehen haben?”
    “Ja.”
    Er kniff die Augen zusammen. “Warum?”
    “Weil ich ein wenig gehofft hatte, dass etwas, das ich von der verdammten Prüfung im Turm mitgebracht habe, nützlich sein könnte”, sagte sie, schäumend vor Wut.
    Andellen sah sie einen Augenblick an. “Du hast zu viel Zeit in der Gesellschaft von Leontinern verbracht. Das ist keine Gewohnheit, die ich unterstützen würde.”
    Sie lachte laut auf, und er hob eine dunkle Augenbraue. Offensichtlich war seine Bemerkung nicht humorvoll gemeint gewesen. Aber wie die Worte gesprochen wurden und wie man sie aufnahm, konnte zweierlei sein.
    Wahl. Das Lächeln glitt ihr aus dem Gesicht. “Warum können sie nicht warten?”, fragte sie ihn.
    Er hätte so tun können, als wisse er es nicht, stattdessen entschloss er sich zu antworten. “Die Lordgemahlin hat den Weg so gut wie verloren”, sagte er leise zu ihr. “In einem Jahr – das für unsere Art überhaupt keine Bedeutung haben sollte – wird sie nicht mehr in der Lage sein, ihn zu finden. Und wenn sie es nicht mehr kann, kann sie ihr Wissen auch nicht weiterreichen.”
    “Der Lord der grünen Auen wird also zu
Leoswuld
nicht anwesend sein.”
    “Ich kann mir nicht vorstellen, wie.”
    “Aber jeder sonst kommt.”
    Er nickte. “Solche wie ich nicht”, sagte er mit leiser Stimme.
    “Du hast den Befehl, mich zu begleiten …”
    “Nicht zu
Leoswuld”
, sagte er bestimmt. “Was du selbst herausfinden

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