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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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sie genauso genickt, wenn er ihr im gleichen Tonfall befohlen hätte, sich mit den Fingern in den Ohren auf den Kopf zu stellen.
    Aber in diesem Fall war ihr Wunsch, jemanden zu ärgern, verschwindend gering. Sanabalis gehörte zum Hof der Drachen. Sie war ihm erst einmal begegnet, und einmal war genug gewesen.
    Er wartete, dass sie sich setzte.
    Sie wartete ihrerseits auf ihn.
    Nach einem Augenblick schüttelte der ältere Mann – falls man ihn so bezeichnen konnte – den Kopf. Seine Augen waren noch golden, was bei Drachen ein gutes Zeichen war.
    “Bitte”, sagte er, “setz dich doch.”
    Sie gehorchte ihm und verpasste fast den Stuhl.
    Er entschloss sich taktvoll, diesen Fehler zu übersehen, und als es ihr schließlich gelungen war, sitzen zu bleiben, setzte er sich auch endlich selber. Der Tisch zwischen ihnen wirkte zerbrechlich und dünn, auch wenn ein Mann mit einer Axt einige Schwierigkeiten haben dürfte, ihn zu zertrümmern. Ein großer Mann, mit einer großen Axt. Der Tisch im Westzimmer war für die Ewigkeit gebaut.
    “Ja”, sagte er, ehe sie sich etwas überlegen konnte, “ich
bin
Mitglied im kaiserlichen Orden der Magier. Ich bin, wie du genau weißt, auch Mitglied des Drachenhofes, und ich gestehe, ich entferne mich selten von dort.” Sein Lächeln war echt, sogar onkelhaft. Sie traute der Sache nicht.
    Aber sie wollte es gern.
    Er fasste in die Falten seiner Robe. Man hätte ganze Leichen darin verbergen können. Und Leichen wären vielleicht besser gewesen als das Papier, das er herauszog. Es landete mit einem bestimmenden Knall auf dem Tisch.
    “Du bist natürlich vertraut mit dem, was diese Dokumente enthalten. Das hier”, fügte er hinzu und hob einen Stapel davon hoch, “sind deine akademischen Mitschriften. Mit Anmerkungen.”
    “Die solltet Ihr nicht haben – nicht einmal ich habe Zugang zu …”
    “Als ein Mann, der in Betracht zieht, dich als Schülerin anzunehmen, habe ich mir selbstverständlich die Erlaubnis geholt, deine Akten einzusehen.”
    “Oh.” Sie zögerte. “Was steht drin?”
    “Sag du es mir.”
    Das lief alles ganz anders als die vorherigen Lektionen. Bisher hatte er nicht mal ihre “betrüblichen Anfänge” erwähnt. Was bedeutete, dass er sie auch noch nicht beleidigt hatte.
    “Ich warte, Kaylin.”
    “Wahrscheinlich … dass ich im Klassenzimmer nicht gut mitarbeite. Akademisch, nennen die das, glaube ich.”
    Er hob eine Augenbraue. “Das war ein sehr kurzer Satz für so viel Geschriebenes.”
    “Die sind schlau, die können immer und immer wieder das Gleiche sagen, ohne zweimal das gleiche Wort zu benutzen.”
    Daraufhin lächelte er.
    Ach, was soll’s. “Ich mag Autoritätspersonen nicht gerade gerne.”
    “Gut.”
    “Ich sitze nicht gerne still.”
    “Auch richtig.”
    “Ich langweile mich schnell.”
    “Ich glaube, die Formulierung lautete ‘gefährlicher Grad der Langeweile’.”
    “Ich bin nicht gut mit Zahlen.”
    “Du schaffst es, wenigstens einmal im Monat deinen Lohn anzufechten.”
    “Oh, na ja, das ist etwas anderes.” Sie runzelte die Stirn. “Steht das da drin?”
    “Nein. Das habe ich durch private Nachforschungen herausgefunden.”
    “Ich stoße andere manchmal vor den Kopf.”
    “Du bist unverschämt.”
    “Ich bin ehrlich.”
    “Arrogant und uninformiert.”
    “Ich bin ein wenig, na ja, bestimmend.”
    “Ich glaube, das war in der vorherigen Aussage enthalten.” Er legte die Papiere wieder hin. “Der Rest?”
    “Variationen?”
    “Das nicht gerade.” Er beugte sich vor und stützte sich auf die Ellbogen, die er, sehr vorsichtig, neben den fraglichen Dokumenten platzierte. “Du bist laut den Lehrern, die dich haben durchfallen lassen, frustrierend klug. Einer benutzte sogar den Ausdruck ‘altklug’. Aber du hast kein Ziel vor Augen, du kannst dich auf nichts konzentrieren, das dir nicht liegt. Stimmst du der Beurteilung zu?”
    “Nein.”
    “Was würdest du dann sagen, Kaylin?”
    “Ich will
da draußen
sein. Ich will auf Streife gehen. Ich will
etwas machen
. Ich habe mich nicht bei den Falken eingetragen, um herumzusitzen, während andere ihr Leben riskieren …”
    Er hob eine Hand. “Ich glaube, das wurde bereits abgedeckt. Und zitiert. Ausführlich. Bitte lass dich nicht meinetwegen dazu herab, das Ganze noch einmal aufzurollen. Es ist dir gelungen, lesen zu lernen. Und schreiben. In zwei Sprachen.”
    “Ich musste”, sagte sie hölzern. “Der Falkenlord …”
    Er hob eine weiße

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