Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
Vom Netzwerk:
oder unbeständig, wird niemand sonst ihn mehr annehmen.”
    “Weil er tot ist?”
    Wieder schwieg der Drache.
    “In deinem Fall”, erwiderte Sanabalis nach einem Augenblick der Stille, “könntest du eine Menge mehr als die zu dir bestellten Magier beleidigt haben, ehe du zu mir gelangt wärest. Aber wegen der ungewöhnlichen Natur deiner Gabe schien das keine annehmbare Option.” Er fasste in seine Robe und zog eine Kerze hervor.
    Sie sackte sichtbar in sich zusammen.
    “Es ist dem Barranischen sehr, sehr ähnlich”, sagte er zu ihr, als er die Kerze auf einen flachen Teller stellte und genau zwischen ihnen positionierte. “Wenn du es nicht lernst, verlierst du die Falken.”
    “Und mein Leben.”
    “Ich bin nicht sicher, ob das nicht ein und dasselbe ist. Ich nehme dich an”, entschloss er sich leise. “Solltest du deine Armschiene tragen, entferne sie.”
    Kaylin erstarrte. Na ja, alles an ihr, bis auf ihre Augen, die wanderten nervös hinab zu ihrem Handgelenk. Das nur ein Handgelenk war. Das Artefakt, aus Gold und mit Juwelen besetzt, das ihre magischen Fähigkeiten dämmen sollte, war nicht da. Sie hatte eine genaue Vorstellung davon, wo es sich befand. “Ich trage sie nicht.”
    Er hob eine seiner blassen Brauen. “Ich glaube, der Befehl des Kaisers war, was das angeht, sehr deutlich.”
    Sie schluckte. Mit Ärger lebte sie einfach, denn sie hatte immer irgendwelchen Ärger. Dem Falkenlord aber Ärger mit dem Kaiser zu machen – sie würde sterben, um das zu verhindern.
    Und Sanabalis war
gut
, er musste die Drohung nicht einmal aussprechen. Sie musste sich in seiner Gegenwart in Acht nehmen, so weit es ging.
    “Ich musste sie abnehmen, weil Sie mir hinderlich gewesen wäre”, sagte sie zu ihm und schluckte. “Letzte Nacht.” Das stimmte zwar nicht ganz, musste aber reichen.
    “Ah. Die Hebammen?” Seine Augen waren golden, er schien entschlossen, ihre Worte für bare Münze zu nehmen.
    “Sie haben mich gerufen. Ich kann
nichts
machen, wenn ich diese Schiene trage. Auf jeden Fall kein Kind auf die Welt bringen, das …”
    Er hob seine Hände. “Ich bin zwar nicht empfindlich, aber wir wollen die weiblichen Besonderheiten deiner nächtlichen Aktivitäten doch lieber unausgesprochen lassen.”
    Sie wollte ihn fragen, was er mit “empfindlich” meinte, überlegte es sich dann aber anders.
    “Wo ist sie jetzt?”
    “Zu Hause.”
    “Wessen Zuhause?”
    Sie fluchte. “Habt Ihr über irgendwas keine ‘Nachforschungen’ angestellt?”
    “Nein.”
    Und seufzte. Ein tiefer, kurzer Laut ähnlich einem Grunzen. “Severns. Offizier.”
    Er nickte. “Sehr gut. Ich werde die Abwesenheit übersehen, da du sie während unserer Lektionen sowieso nicht tragen würdest.” Er hielt inne. Seine Augen waren immer noch golden, und seine Mine veränderte sich nicht. In den Falten seines Gesichts lag ein tiefes Mitgefühl, das sie nicht verstand.
    Obwohl sie es wollte.
    “Lord Grammayre war sehr kooperativ. Er hat mir auf jede nur mögliche Art bei meinen Nachforschungen geholfen. Ich glaube, er möchte, dass du diese Prüfungen überlebst. Soweit der Lord der Falken es sich erlauben kann, hat er dich gern. Und so sehr es vernünftig ist, vertraut er dir.”
    Und du, alter Mann?, dachte sie und starrte die Kerze an, die absolut unauffällig zu sein schien. Sie stand mitten auf dem Tisch, matt, weiß, fast gerade, mit einem kurzen, in Wachs getauchten Docht.
    “Noch nicht”, antwortete er. “Und wenn du deine Gedanken für dich behalten möchtest, solltest du lernen, deinen Gesichtsausdruck zu kontrollieren. Ich bin alt, mir liegen weder Sentimentalitäten noch Takt. Sollte ich dir letzten Endes vertrauen, dann, weil du es dir verdient hast.”
    “Und ich verstehe dich, Kaylin Neya. Dir ist nichts etwas wert, was du nicht verdient hast. Du willst es, sehnst dich danach, weißt es auf gewisse Weise zu schätzen – aber es ist dir nichts wert.” Sein Gesicht verlor das ständige Lächeln, seine unteren Lider fielen herab und entblößten seine Augen wieder. “Beginne mit der Gestalt des Feuers”, sagte er leise zu ihr.
    Was zum Henker hatte Feuer wohl für eine Gestalt?
    Das würde eine
lange
Lektion werden.
    Das hätte es jedenfalls sein sollen.
    Aber plötzlich öffnete sich die Tür des Westzimmers, Kaylin sprang aus ihrem Stuhl. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hatte einen Dolch aus seiner Scheide gezogen und beeilte sich, den Tisch zwischen sich und das zu bringen, was die Tür so gegen

Weitere Kostenlose Bücher