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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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sobald sie die Tüte öffnete.
    Es war nicht so, als hätte sie noch nie ein Kleid getragen. Das hatte sie, in den Kolonien. Aber die waren schlicht gewesen, wie lange Hemden mit Bändern. Das hier? Es war … unmöglich. Sie brauchte fünf Minuten, ehe sie genug Stoff entfaltet hatte, um zu wissen, welche Teile die Ärmel waren.
    Und ihre Hände? Sahen dreckig aus, besonders die Nägel. Sie sahen auch ziemlich eklig aus, und ihre Knöchel waren zu verdammt groß. Sie hatte ihre Hände noch nie sehr gemocht.
    Sie kämpfte mit Bändern. Sie fand heraus, welche Seite oben war, und nahm an, dass die Knöpfe am Rücken – alle fünfzig, grob geschätzt –
nicht
der Dekoration dienten. Sie ließ etwas fallen, das sie für ein Taschentuch gehalten hatte, aber als sie es aufhob, merkte sie, dass sie sich geirrt hatte – es sei denn, es war für Riesen entworfen. Die es nicht gab. Größtenteils.
    Am Ende gab sie der Tür einen Tritt, und als Severn sie einen Spaltbreit öffnete, sagte sie nur: “Hol Teela.”
    “Brauchst du Hilfe?”
    “Ich brauche nicht nur Hilfe – ich brauche ein ganzes Semester Unterricht.”
    “Und danach fällst du wahrscheinlich durch.”
    “Haha. Mach schon, hol Teela.”
    Teela schob die Tür mit der Vorsicht auf, die sie normalerweise aufwendete, wenn sie einem wütenden Hauptmann gegenübertrat. Ihre Miene war auch nicht so viel anders. Aber ihre Brauen verschwanden fast in ihrem Haaransatz, als sie Kaylin ansah. Sie trat rasch ein und schloss die Tür hinter sich.
    “Kaylin, die Knöpfe gehören nach
hinten
.”
    “Das habe ich auch schon gemerkt”, sagte Kaylin verzweifelt. Ihre Arme steckten irgendwie locker in den Ärmeln. Nur nicht so, wie es sein sollte. Und das Kleid war so eng, dass sie Angst hatte, es auszuziehen, denn wenn es
riss
, war sie eine tote Frau. Hofgesellschaften waren nichts gegen den Quartiermeister. Wenigstens nicht, solange Letzterer in der Nähe war.
    “Warte. Lass mich es … uff … hochziehen.”
    Es gelang ihr, das Kleid auszuziehen, und Kaylin war für einen Augenblick frei. Der jüngere Falke betrachtete das tiefe, tiefe Grün von Teelas Kleid mit großem Misstrauen. “Wie zum Henker hast du deines geschafft?”
    “Meins ist nicht so kompliziert”, entgegnete diese aalglatt.
    Kaylin, die es hasste, von oben herab behandelt zu werden, schnaubte. “Veralbern kann ich mich auch allein.”
    “Das wäre wahrscheinlich auch nicht so kompliziert. Und wenn du es unbedingt wissen musst, ich habe normalerweise Hilfe. Das ist praktisch, beim Anziehen.”
    “Reiche Leute können sich nicht mal selber anziehen?”
    “Es wird – aus Gründen, die du gerade selber herausgefunden hast – nicht als klug empfunden. Nicht, wenn man nicht ein paar Stunden Zeit und extrem gelenkige Ellbogen hat. Ganz zu schweigen von einem zweiten Kleid, wenn man das erste zerstört hat, in das man alleine nicht hinein- und herauskam.”
    “Ich wette, Männer haben diese Probleme nicht.”
    Teela lachte. “Die haben andere Probleme. Aber es stimmt, am Hof haben sie Bedienstete, die sich um so etwas kümmern.”
    “Du hast einen Diener?”
    “Ja.”
    “Hier?”
    Teelas Lächeln war ganz Falke. “Hier gebe ich mich mit Tain zufrieden.” Ihr Lächeln war auch ganz Katze.
    “Gut zu wissen, dass er für irgendwas nützlich ist.” Das Kleid war jetzt angezogen, und zwar richtig herum. Es wog nicht so viel wie eine Rüstung, aber es war ein verdammtes Stück weniger praktisch. “Diese Röcke werden doch sofort voll von …”
    “Du musst sie anheben. Dazu sind die Schlaufen.”
    “Du machst Witze.”
    Teela zog die Stirn kraus.
    “Okay. Schlaufen. Diese?”
    “Die anderen. Und das”, sagte die Barrani und hob dabei das riesige Taschentuch hoch, “trägst du um deine Schultern.”
    “Meine Schultern sind nicht nackt.”
    “Nein. Pass
auf
, Kaylin. Diese Ärmel haben ein Vermögen gekostet.”
    “Das kann ich sehen. Liegt an dem ganzen Gold. Warum bei allen Höllen müssen die Ärmel bis auf den Boden hängen?”
    Teela schwieg einen Augenblick, dann breitete sich blankes Entsetzen auf ihrem Gesicht aus, als ihr Blick zufällig den Erdboden berührte. “Was trägst du
an deinen Füßen
?”
    “Stiefel.”
    “Diese Stiefel? Nicht wenn die Hölle sich auftut und droht, dich zu verschlingen!” Teela drehte sich um und knallte die Tür. Was eine ziemliche Leistung war, wenn man bedachte, dass die sich nach innen öffnete. “Offizier”, fuhr sie Severn an. “Geh

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