Keeva McCullen 3 - Invasion der Ghule (German Edition)
flüsterte: „Du wirst Hilfe holen müssen.“
Shane nickte, ehe ihm einfiel, dass sie das ja nicht sehen konnte. Er rutschte zu ihr hoch und setzte sich neben sie.
„Ja“, antwortete er dann knapp, während seine Gedanken rasten. „Hast du dein Handy dabei?“
Keeva schüttelte den Kopf, und Shane fluchte herzhaft.
„Ich auch nicht“, sagte er dumpf.
Er sah sich um. Sie befanden sich am Ende eines niedrigen Ganges, die Wände waren aus Ziegel gemauert und wirkten äußerst brüchig und sehr alt. Vor ihnen führte der Weg in ein dunkles Nichts. Er sah nach oben. Sie waren durch eine Art Kamin gestürzt. Dieser war nicht besonders hoch, denn Shane konnte nicht allzu weit über ihnen bereits den Rand des Loches erkennen. Die rauen, unregelmäßigen Wände schienen zudem genügend Haltegriffe zu bieten, um verhältnismäßig einfach wieder hinausklettern zu können.
Vorausgesetzt, man war beweglich genug – mit Keevas verletztem Bein hingegen war das schlichtweg unmöglich.
Sie lehnte sich an seine Schulter. Wenn die Umstände nicht so bedrohlich gewesen wären, so hätte Shane das durchaus genießen können - doch jetzt galt es zuerst, sich einen Plan auszudenken, wie man Keeva in Sicherheit bringen konnte. Und welche Gefahren hier unten auf sie lauern mochten, während er unterwegs auf der Suche nach Hilfe war...
Schon wieder schien sie zu erraten, was ihm gerade durch den Kopf ging.
„Glaubst du, dass die Ghule hier unten irgendwo sind?“
Er hörte die unterdrückte Angst in ihrer Stimme.
„Ja, ich denke schon“, antwortete er ehrlich.
Es war keinem geholfen, wenn er die Situation, in der sie sich befanden, beschönigte. Außerdem war Keeva, wenigstens in dieser Hinsicht, kein behütetes Schulmädchen mehr.
„Ich befürchte sogar, dass sie hier unten irgendwo ihr Nest haben“, sprach er leise weiter. „Und ich würde mich gerne mal umsehen.“
Er wandte sich ihr zu.
„Kann ich dich kurz alleine lassen?“, fragte er.
Sie nickte mit zusammengepressten Lippen. Er spürte, dass sie ihn am liebsten nicht fortgelassen hätte, aber es war ihr – genauso wie ihm – vollkommen klar, dass es keine andere Möglichkeit gab.
„Ich komme gleich wieder, versprochen“, sagte er. Dann zögerte er einen kurzen Augenblick – küsste sie hastig auf die Stirn, drehte sich von ihr weg und schlich so leise er konnte den Gang entlang, hinein in die Schwärze der Gruft...
*
Der Gang war nicht sehr lang, vielleicht fünfzehn, höchstens zwanzig Meter.
Leider, ging es Shane durch den Kopf, während er voller Entsetzen auf das Schauspiel starrte, das sich gerade vor seinen Augen abspielte. Ein längerer Gang hätte mehr Schutz für Keeva bedeutet – Schutz vor der widerlichen Meute aus Ghulen, die sich in dem riesigen Gewölbe, in das Shane gerade blickte, um zahlreiche Leichenteile balgte.
Er hielt sich hinter einem Mauervorsprung verborgen und versuchte, die Lage einzuschätzen. Es mussten mindestens zwei Dutzend dieser Scheusale sein, in verschiedenen Entwicklungsstadien. Shane hatte noch nie eine so große Anzahl von ihnen an einem Ort gesehen. Üblicherweise waren es heutzutage zwei, höchstens einmal drei dieser Bestien, die sich irgendwo einnisteten. Für so viele von ihrer Art gab es an den meisten Plätzen gar nicht genügend Nahrung.
Ghule bevorzugten bereits verwestes Fleisch. In früheren Zeiten waren sie daher sogar so eine Art Gesundheitspolizei gewesen, sozusagen die Geier unter den Dämonen. Doch wenn sich der Vorrat an alten Leichen erschöpfte, dann gingen sie auch auf die Jagd nach lebenden Wesen – einfach, um nicht zu verhungern.
An diesem Punkt schien das Rudel in der Höhle vor ihm bereits angekommen zu sein, was ihn nicht besonders verwunderte. Shane konnte einige frische Überreste von Tieren erkennen - Hunde und Katzen, wie er vermutete, mehr gab es in einer Großstadt auch kaum zu erlegen. Wären die Ghule nicht so abstoßend gewesen, so hätte Shane fast Mitleid mit ihnen verspürt. Das Leben als hungriger Ghul mitten im modernen London konnte nicht leicht sein.
Wütendes Geschnatter drang durch das Gewölbe. Drei der Ghule stritten sich um ein längliches Etwas. Fassungslos erkannte Shane, dass es sich dabei um einen menschlichen Arm handelte. Und dieser Arm war offensichtlich frisch! Shane unterdrückte die aufkommende Übelkeit, sein Herz schlug ihm vor Entsetzen bis zum Hals. Wenn sie jetzt auch schon Menschen jagten, dann war die Gier dieser Biester bereits mehr
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