Keeva McCullen 3 - Invasion der Ghule (German Edition)
zuerst einmal hier raus helfen? Bitte?“
*
Eine halbe Stunde später fanden sie eine Tür, durch die sie in eine zerfallene Kapelle gelangten. Durch das eingestürzte Dach des alten Gebäudes fiel sanftes Mondlicht und gab der Szenerie ein friedliches Aussehen, das so gar nicht zu dem Blutbad passen mochte, das sich in der Gruft hinter ihnen abgespielt hatte.
Keeva hatte ihren rechten Arm über Shanes Schultern gelegt und hielt mit der anderen Hand krampfhaft die Taschenlampe fest. Sie brauchte sie jetzt eigentlich nicht mehr, es war hell genug, doch der feste, kühle Griff half ihr irgendwie, nicht bei jedem schmerzhaften Schritt laut aufzuschreien.
Shane bemühte sich, sie so gut es nur ging zu stützen. Mit der rechten Hand fixierte er ihren Arm, der auf seinen Schultern lag, seinen linken Unterarm wiederum hatte er so fest um ihre Hüfte geschlungen, dass sie kaum noch den Boden berührte beim Gehen – dennoch war sie jetzt mit ihren Kräften so ziemlich am Ende.
Sie deutete mit dem Kinn auf eine zerfallene Steinbank.
„Setze mich dort ab, bitte.“
Sie flüsterte fast und kämpfte mit den Tränen. Verflucht, tat das weh! Jetzt, wo die Anspannung von ihr abfiel und das Adrenalin sich langsam verflüchtigte, kam der Schmerz mit doppelter Wucht zurück.
Sie atmete lang aus, als sie endlich auf der Bank saß. Shane setzte sich neben sie.
„Geht‘s?“, fragte er sanft.
Keeva nickte. Sie stützte sich mit den Armen auf die steinerne Kante und streckte vorsichtig den verletzten Fuß aus. Das verschaffte ihr etwas Erleichterung und sie hob den Kopf.
Theobald Truax stand ein paar Meter entfernt neben ihnen und sah sie mit neutraler Miene an.
Er ist sich nicht sicher, was er von mir halten soll, schoss es Keeva durch den Kopf. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit Shane, daran, dass sein Großvater ein Dämon und sie eine Dämonenjägerin aus einem alteingesessenen Jägergeschlecht war. Kein Wunder, dass Theobald Truax misstrauisch war und nun wahrscheinlich Sorge hatte, dass seine Tarnung auffliegen und er zum Gejagten werden könnte.
Keeva horchte in sich hinein und stellte fest, dass zu dieser Sorge kein Anlass bestand. Sie verspürte bei seinem Anblick weder Abscheu noch Hass oder gar den Drang, ihn zu töten, ganz im Gegenteil: sie empfand sogar so etwas wie Zuneigung zu ihm - und das resultierte ganz bestimmt nicht allein daraus, dass er ihr gerade das Leben gerettet hatte und sie sich nun ihm gegenüber auf irgendeine Weise verpflichtet fühlte. Nein, es hatte auch etwas mit seiner Ausstrahlung zu tun.
Selbst wenn sie ihn erst seit ganz kurzer Zeit kannte, so spürte sie doch schon jetzt seine innere Gewissheit, seine Ruhe – und seine Kompromisslosigkeit. Theobald Truax, der Dämon in Menschengestalt, war ein Mann, der sich bereits vor vielen Jahren für etwas entschieden hatte: nämlich dafür, auf der Seite der Menschen zu stehen.
Und nachdem Keeva gerade eben gesehen hatte, wozu er fähig sein konnte, war sie darüber auch unglaublich froh...
Shanes Großvater schien an ihrem Gesicht ablesen zu können, was in ihr vorging. Als sie ihm jetzt mit offenem, freundlichem Blick begegnete, wich die Anspannung von ihm und er kam mit breitem Lächeln näher. Als er vor ihr stehenblieb, nickte er nur knapp. Es waren keine weiteren Worte mehr notwendig für das, was sich gerade zwischen ihnen abgespielt hatte.
Keevas sah auf seine Hände und bemerkte, dass er Handschuhe trug. Er folgte ihrem Blick, hob eine Augenbraue und räusperte sich.
„Ich muss mich erst gründlich reinigen“, sagte er. „Ein paar Kampfspuren waren unvermeidlich.“
Keeva lachte auf. Dann bemerkte sie, dass sie sich die ganze Zeit eng an Shanes Schulter gelehnt hatte. Schnell richtete sie sich auf und rückte ein klein bisschen zur Seite, doch das Schmunzeln auf Theobald Truax‘ Gesicht entging ihr nicht – und ließ sie verlegen grinsend zu Boden blicken.
Shane rettete die Situation, indem er das Thema wechselte:
„Meinst du, das waren alle?“, fragte er seinen Großvater.
Keeva sah wieder auf.
Theobald Truax blickte sich um, dann zuckte er mit den Schultern.
„Ich vermute, ja“, sagte er vorsichtig. „Aber ich werde mich hier noch umsehen. Ich möchte sowieso erst das Loch, durch das ihr gestürzt seid, verschließen. Damit sich nicht noch jemand verletzt – und damit die Überreste der Ghule unentdeckt bleiben.“
Er bückte sich und kramte in der Tasche, die Shane ihm vorhin zugeworfen hatte. Nach
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