Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
es seinem jupplosen Pferd zumute sein muss? Wieso will er auf Kosten des belgischen Staats jahrelang nutzlos in einer Zelle dahindämmern? Nur, weil sich ein Schuss aus einer Pistole gelöst hat, von der er nicht wusste, dass es sie überhaupt gab? Weil er mit seinem Gewissen nicht im Reinen ist? Wie egoistisch ist das denn? Wo wir ihn doch alle brauchen. Ich möchte meinen neuen Jacuzzi nicht als Viehtränke auf die Weide stellen. Ich möchte, dass er ihn mir anschließt und ich an kalten Wintertagen in heißes Wasser steigen und über schneebedeckte Hänge schauen kann. Also, gib dir einen Ruck, Jupp, und arbeite mit deinem Anwalt zusammen!
    »Was geht in deinem Kopf rum?«, fragt Marcel misstrauisch.
    »Kannst du mir eine Besuchsgenehmigung für Jupp besorgen?«, frage ich zurück.
    Er nickt, steht auf und reckt sich. Müde sieht er aus.
    »Danke, dass du Frau Prönsfeldt hergeholt hast, Katja, ich denke, dass wir das Dossier Steffen Meier jetzt auch schließen können.«
    »Nicht denken, sondern tun. Lass Patti in Ruhe!«
    »Mal sehen.«
    »Mal sehen? Was soll das heißen?«
    »Dass Petra Prönsfeldt ihr Geständnis zurückziehen könnte. Wenn sie so ist, wie du sie siehst, wird sie genau das tun. Vergiss nicht, Katja, niemand hat diese Frau zu einem Geständnis gezwungen. Oder zu einem verleiten wollen.« Er lächelt mich traurig an. »Sie hat ohne Not die Schuld auf sich geholt.«
    Ohne Not . Auf Frau Prönsfeldt bezogen ist das schon ein sehr starkes Wort.

27_ABSCHIED
     
     
    Ich traue meinen Augen nicht, als ich das Schild an der Tür der Einkehr sehe.
    GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT
    Musik und Stampfen dringen durch die gekippten Fenster bis auf die Straße hinaus. Offensichtlich wird in meinem Spezialitätenrestaurant getanzt.
    »’n Abend, Frau Klein!«
    Eine belgische Nachbarin aus der Gruppe der Coujon-Spielerinnen strebt eiligen Schrittes auf mich zu und hält mir einen Strauß frisch erblühter Narzissen hin.
    »Dat sinn meine Ersten«, sagt sie. »Wollte se eigentlich in die Kapelle bringen. Aber ich will se lieber Ihnen geben. Weil Se doch so viel Ärger hatten und dat jetzt vorbei iss. Jood, dat alles wieder in Ordnung iss.«
    »Ja«, sage ich, »das ist gut so.«
    »Polka«, sagt sie und nickt zur lärmenden Front meines Lokals hin.
    Ich nehme dankend den Strauß entgegen und verhalte mich, wie es sich gehört: »Wollen Sie nicht mit reinkommen?«
    »Oh nee, Frau Klein, ich wollt net stüren.«
    »Sie stören überhaupt nicht. Ich freue mich.«
    »Nee, nee, dat jeht jahr net. Dat oss en jeschloossen Jesellschaft.«
    »Sie gehören dazu«, sage ich.
    »Do kenn ech doch kee Mensch.«
    »Sie werden alle kennen«, versichere ich. »Bis auf die Mutter von David. Vielleicht erinnern Sie sich, das ist unser Koch.«
    »De nette Amerikaner? De von dat Gudrun?«
    »Genau.«
    »On seng Mamm oss hej? Ze wollt secher dat Denkmol zien, dat meng Älteren vür’t amerikanisch Soldaten opjestallt hahn?«
    »Das Denkmal Ihrer Eltern wird sie bestimmt gern sehen wollen«, sage ich und öffne der Nachbarin die Tür zur Einkehr .
    Erst als sie eintritt, geht mir auf, dass sie in etwa so alt wie Mathilde Quirk sein muss. Und sie hat ihr ganzes Leben auf der Kehr verbracht. Es läuft mir eiskalt den Rücken herunter. Aber jetzt ist es zu spät.
    Ein paar Stühle und Tische sind an die Wand gerückt. Davor hopst eine kleine Gruppe hin und her. Ich verstehe. Die Echternacher Springprozession steht vor der Tür.
    »Oh nee, wie schöööhn!«, ruft die belgische Nachbarin und reiht sich sofort ein. Neben meinem Personal hüpfen auch zwei der Waldarbeiter mit, die mir den Jacuzzi gebracht haben.
    Mathilde Quirk sieht mich als Erste. Sie winkt mich an ihren Tisch heran. Ich komme mir vor wie ein Eindringling in meinem eigenen Restaurant.
    »Dass ich das noch einmal sehen darf!«, ruft sie begeistert. »Wusstest du, dass die Springprozession zur Zeit der Besatzer verboten war?«
    Ich lasse mich still auf dem Stuhl neben ihr nieder. Eine einstmals verfolgte Jüdin freut sich über das Weiterleben eines erzkatholischen Brauchs, den die Nazis verboten haben. Und bringt es fertig, das so zu formulieren, dass sich niemand verletzt zu fühlen braucht. Mathilde Quirk ist wahrlich eine große Dame.
    Sie beugt sich zu mir hin.
    »Was ist mit dem Mädchen?«, flüstert sie mir ins Ohr.
    »Sie ist frei«, sage ich. »Ihre Mutter hat den Mord gestanden.«
    »Mord?«, ruft sie entgeistert. »An dem Mann, der David verletzt hat? Was hat Patti

Weitere Kostenlose Bücher