Kehraus fuer eine Leiche
Täterschaft. Die Spurensuche hatte auch DNS von ihr in meinem Auto identifiziert. Dafür hatte sie eine Erklärung: Sie habe sich mal kurz hineingesetzt. Das Auto war unverschlossen gewesen, es hatte geregnet und niemand die Tür des Restaurants geöffnet, als sie mir zum ersten Mal Eier hatte bringen wollen. Wann genau das gewesen sein soll, konnte sie nicht mehr sagen.
»Warum ist sie nicht gleich ins Restaurant reingegangen?«, fragt mich Marcel. »Ihr schließt doch nie ab.«
»Doch, das tun wir«, antworte ich, sehr verärgert, dass er Patti offenbar immer noch nicht von der Liste der Verdächtigen gestrichen hat. »Sie kann es gar nicht gewesen sein, Marcel! Schon deshalb nicht, weil sie gerade erst achtzehn geworden ist und bestimmt noch keinen Führerschein hat!«
»Hat sie auch nicht«, sagt der belgische Polizeiinspektor. Er beugt sich über den Verhörtisch und küsst mich sanft auf die Lippen. »Ich habe meinen ersten Unfall übrigens mit acht Jahren gebaut.«
Natürlich, in einer Gegend ohne jeglichen öffentlichen Nahverkehr kann jedes Kind Auto fahren. Aber nicht jeder Erwachsene einen Computer bedienen. Marcel weist mich sehr deutlich darauf hin.
»Frau Pee unterstützt ihren Mann bei der Arbeit«, erkläre ich. »Da wird sie schon wissen, wie man E-Mails schreibt.«
»Und die von anderen abfängt? Soll sie mir das gleich hier mal präsentieren?«, fragt Marcel beißend.
»Wozu?«, gebe ich zurück. »Ihr kriegt ja ihr Geständnis.«
»Was nicht unbedingt heißt, dass sie die Täterin war. Vielleicht nimmt sie die Schuld auf sich? Weil sie ihre Tochter schützen will?«
»Damit hätte sie sehr viel früher anfangen sollen!«, fahre ich auf.
»Vielleicht ist sie ja von Reue gebeutelt?«
»Ha! Du hättest sie sehen und hören sollen, Marcel, als Patti ihr Martyrium geschildert hat. Keine Träne von der liebenden Mutter! Die hat nur ihr eigenes Schicksal bejammert. Die ist durch und durch egoistisch. Verbittert und verbiestert. Die würde ihre Tochter ans Messer liefern, um ihre armselige Haut zu retten.«
»Nach dem Messer werden wir sie auch befragen.«
Dieser Mann lässt nicht locker.
»Ich möchte es jedenfalls nicht zurückhaben!«
»Wahrscheinlich hat sie es in den Eiterbach geworfen.«
»Bestimmt.«
»Wir haben den Bach abgesucht. Und die Our auch.«
»Na toll. Bei Patti habt ihr es offensichtlich auch nicht gefunden.«
»Die Hausdurchsuchung war erst für heute Nachmittag vorgesehen«, erwidert Marcel. »Möglicherweise hat die sich jetzt erübrigt.«
Möglicherweise? Ich hole tief Luft. Um ihm in einem Rutsch sämtliche Motive aufzuzählen, die Frau Pee veranlasst hätten, Steffen Meier zu beseitigen. Am Ende meiner Ausführungen bin ich selbst davon überzeugt, dass niemand anders für diesen Mord infrage kommen kann.
»Warum bist du nicht Anwältin geworden?«, fragt Marcel.
»Damit wir uns noch mehr streiten?«, gebe ich zurück. »Wenn ich all die Leute raushaue, die du unter so vielen Mühen – und nicht zu vergessen – Entbehrungen«, ich räuspere mich vernehmlich, »hinter Gitter gebracht hast? Es gibt übrigens noch einen Grund, weshalb Steffen Meier für Frau Pee wegmusste: Wie hätte die Familie den Gnadenhof ohne die Arbeitskraft der jüngsten Tochter weiterführen können?« Weil Marcel bestätigend nickt, setze ich unüberlegt noch einen drauf: »Außerdem ist Petra Prönsfeldt eine ganz und gar unsympathische Person.«
Marcel seufzt.
»Würdest du das auch von Jupp sagen?«, fragt er traurig. »Der hat ebenfalls einen Menschen umgebracht.«
»Das war was ganz anderes!«, fahre ich auf. »Wie geht es ihm überhaupt?«
»Sieht recht gut für ihn aus. Totschlag im Affekt und reichlich mildernde Umstände.«
»Und wie ist er drauf?«
»Schlecht. Er besteht auf einer lebenslänglichen Strafe. Weil er einen Menschen auf dem Gewissen hat. Er hat einen phantastischen Pflichtverteidiger. Der redet mit Engelszungen auf ihn ein. Ist doch Wahnsinn, sich selbst viel mehr zu belasten als nötig!«
»Kein Pflichtverteidiger! Wir müssen ihm einen ordentlichen Anwalt besorgen.«
»Nein, Katja, bloß keine Extrawurst. Dann wird er noch störrischer werden.«
Typisch Jupp. Ich werde ihn besuchen. Ihm vorjammern, wie Hein zerkrümelt. Ihm vorhalten, dass sein Freund ohne ihn eingehen wird wie eine Geranie, der man die frische Luft vor den Eisheiligen zugemutet hat. Dass Jumbo ohne ihn völlig aufgeschmissen ist. Verschwendet er überhaupt einen Gedanken daran, wie
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