Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
seinen Patenhunden. Der Viertelpinscher Pipo hatte sich einen Dorn eingetreten und humpelte kläglich. Grund genug, um Pia herauszuklingeln und eine Pinzette einzufordern. Aber niemand öffnete. Also lief der Junge ums Haus, betrat es durch die von mir eingetretene Kellertür und suchte das Badezimmer.
    Wo man eher Pinzetten findet als bewusstlose Mädchen in einer Wanne mit lauwarmem Wasser. Daniel vergaß Pipo und rief sofort Hilfe herbei. Pias Versuch, sich die Pulsadern aufzuschneiden, war gescheitert. Sie konnte kein Blut sehen. Wild zum Sterben entschlossen, hatte sie sämtliche Schlaftabletten ihrer Mutter geschluckt, die Wanne gefüllt, sich voll bekleidet hineingelegt, ein altes batteriebetriebenes Transistorradio hineingeworfen und auf den Tod gewartet. Stattdessen kam wieder einmal Daniel.
    Dem Mädchen wurde im Prümer Krankenhaus der Magen ausgepumpt. Sie kam kurz zu sich und murmelte etwas von klein und Bunker, ehe sie wieder einschlief. Der Arzt interpretierte diese Worte als die Ursache ihres Selbstmordversuchs: Das Mädchen betrachte ihr Leben als nichtig und unterirdisch. So ganz unrecht hat er damit nicht.
    Natürlich sah niemand einen Zusammenhang zwischen Pias Aktion und meinem Verschwinden, das Gudrun schon relativ früh am Morgen entdeckte. Regine und Daniel hatten bei ihr übernachtet, da die beiden Frauen am nächsten Morgen zu David nach Trier fahren wollten. Mein leeres Bett erschütterte Gudrun keineswegs, als sie Linus um neun zu mir rüberbrachte, wohl aber der Anruf bei Marcel, der aus allen Wolken fiel und sofort zur Kehr eilte.
    »Wusstest du, dass er einen Spürhund ausbildet?«, fragt mich Marcel, als er mir die ganze Geschichte erzählt.
    »Einen Mantrailer«, verbessere ich den Polizisten stolz.
    Kurzum, Maggie fand mich. Sie blieb bellend vor dem dünnen Gestrüpp des Erdhügels sitzen, bis Marcel auf die Idee kam, die Zweige beiseitezuschieben. Linus hatte den Bunker zwar schon die ganze Zeit umkreist, aber da sich dort auf den ersten Blick nichts befand, nahm keiner der Suchenden meinen verspielten Hund ernst.
    Marcel will mich sofort zum Arzt schicken, und Gudrun möchte mich ins Bett stecken. Beides lehne ich kategorisch ab. Abgesehen von einem Bärenhunger geht es mir ausgezeichnet. Ich habe zudem bestens geschlafen. Die Frage, wie das in diesem unwirtlichen Bau denn möglich gewesen sei, beantworte ich mit einer Bitte an Jupp: Ob er mir so bald wie möglich ein Bett aus Beton und Steinen bauen könne.
    »Geh zu Dr. Knauff«, wiederholt Marcel seine Bitte. »Oder soll ich ihn lieber herbestellen?«
    »Zwei mal zwei Meter«, sage ich zu Jupp, der mich fast ebenso verstört betrachtet wie Marcel. Dem stelle ich die Vorzüge eines solchen Betonbettes in Aussicht: Es biete mehr Platz, mache keinerlei Geräusche und würde einem Erdbeben sowie allen anderen Erschütterungen jederzeit standhalten.
    »Und dafür willst du dann mit blauen Flecken aufwachen?«, fragt er zurück.
    »Ohne Rückenschmerzen. Außerdem gibt es Matratzen«, kläre ich ihn auf. »Schöne, harte Matratzen.«
    »Wenn du dann auf dem Rücken liegst, wirst du wie eine von diesen Königinnen in den großen Kathedralen aussehen«, flüstert Gudrun ehrfurchtsvoll, während Marcel mit mir zu verhandeln versucht: »Aber eine Bettdecke willst du schon noch haben?«
    »Erst etwas zu essen«, antworte ich. »Entschuldigt«, sage ich zu den anderen, beuge mich zu Marcel hin und flüstere ihm ins Ohr: »Sowie einen ausführlichen Bericht über die Vernehmung der Familie Prönsfeldt. Den bist du mir schuldig.«
    »Kriegst du, kriegst du«, murmelt er.
    »Also gut«, erklärt Jupp kopfschüttelnd. »Wenn Marcel nichts dagegen hat, dann mache ich dir dein Bett. Sobald ich den Jacuzzi eingerichtet und die Tür gebaut habe.«
    Jetzt sitze ich also als Gast in meinem eigenen Restaurant. Nach allem, was ich durchgemacht habe, soll ich verwöhnt und gefüttert werden. Von meinem Tisch neben der Küche lächele ich den Gästen zu. Natürlich möchten alle mit mir sprechen, aber Marcel und Hein halten sie mir mit Charme und Bestimmtheit vom Leib. Wer bisher noch nichts von meiner Nacht in Gefangenschaft gehört hat, ist spätestens jetzt auf dem Laufenden, auch wenn natürlich keinem gesagt wird, was wirklich geschehen ist. Um die Neugier der Nachbarn zu befriedigen, verbreiten Gudrun und die beiden Männer eine Halbwahrheit: Ich hätte mich gestern aus Versehen in einem Bunker nahe dem Munitionsgelände selbst eingeschlossen und

Weitere Kostenlose Bücher