Kehraus fuer eine Leiche
Schnäpschen schütten?«
Marcel ignoriert mich und fordert Jupp höflich auf, weiterzusprechen.
Empört fahre ich dazwischen. Mein Haus mag zwar in Belgien stehen, aber die hiesige Polizei darf es nicht so mir nichts, dir nichts in eine Verhörzelle verwandeln, in der einem Freund der Strick gedreht wird.
»Sag nichts mehr ohne Anwalt«, zische ich Jupp zu. »Wir besorgen dir den besten, den es gibt. Halt bis dahin bloß die Klappe!«
Jupp schüttelt den Kopf.
»Kein Anwalt. Ich will jetzt sagen, wie es war. Du musst das auch wissen, Katja. Es hat nämlich mit deinem Schild angefangen.«
Er ist nicht zu bremsen. Er will es loswerden. Ich setze mich wieder hin. Und erfahre, dass alles anders gekommen wäre, wenn mein Restaurantschild nicht schief gehangen hätte. Wenn ich es vor einer Woche selbst gerade gerückt hätte, anstatt mich von Pias Adoptivhühnern ablenken zu lassen. Wenn Jupp nicht ausgerechnet am Samstag auf die Leiter gestiegen wäre, um die Arbeit zu vollenden.
Von der obersten Sprosse konnte er die Straße nämlich gut überblicken. Richtung Losheim sah er einen schlammgrünen Geländewagen am Rand halten. Ihm fiel ein, dass ich am Tag zuvor ein solches Fahrzeug am Kampfmittelräumdienst gesehen hatte. Kurz bevor David dort zusammengeschlagen wurde. Also stieg Jupp von der Leiter, ging auf das Auto zu und überzeugte sich von einem Kölner Kennzeichen. Der Fahrer stieg aus. Es muss zu einem ziemlich heftigen Wortwechsel gekommen sein. Was genau gesagt wurde, weiß Jupp nicht mehr. Er war zu geschockt von der Information, dass ihm Hein seine enormen Schulden verschwiegen hatte. Er rief Hein sofort an, um Gewissheit zu haben, und sagte ihm, er solle jetzt auf keinen Fall zur Einkehr kommen, um seinem Gläubiger Wirzig nicht zu begegnen. Privatleben , denke ich betroffen; kein Wunder, dass mich Hein aus dem Auto heraus so angeschnauzt hat: Für ihn ist in diesem Augenblick nicht nur ein Kartenhaus zusammengebrochen, sondern die Welt eingestürzt.
Jupp teilte Hein mit, die Sache mit Wirzig auf seine Art lösen zu wollen. Er habe da eine Idee. Und er würde Hein informieren, wenn die Luft wieder rein sei. Also fuhr Hein vom Gnadenhof nach Losheim, wo er zu seiner Überraschung Pia antraf. Mit deren Problemen konnte er sich wahrlich nicht beschäftigen. Deshalb brachte er die Ausreißerin heim.
Jupp wurde Wirzig relativ schnell los, als er ihm mitteilte, Hein sei gerade dabei, das Geld aufzutreiben, und würde es ihm am Abend um Punkt neun Uhr auf Losheimergraben abliefern.
»Warum ausgerechnet da?«, frage ich.
Jupp hebt die Schultern.
»Ich habe einfach die Straße runter gezeigt. Was anderes fiel mir so schnell nicht ein. Immer geradeaus, habe ich ihm gesagt, nach Belgien rein und hinter dem Kreisel noch ein paar Hundert Meter weiter links am Wald anhalten, da wo keine Häuser mehr stehen. Weil Samstag war, konnte ich bei der Bank nur was aus der Wand kriegen. Ich bin den ganzen Tag rumgefahren und habe mir von allen möglichen Leuten Geld geliehen. Fünftausend habe ich zusammengekriegt.«
»Und ich hatte keine Ahnung«, flüstert Hein. »Warum hast du mir nichts gesagt?«
»Ich war sauer auf dich«, brummt Jupp.
»Aber hinterher, ich meine, als du ihn … da hast du auch nichts gesagt.«
»Ich war immer noch sauer auf dich.«
»Warum hast du nicht mit mir gesprochen? Das Ganze war doch meine Schuld! Du hättest mit mir reden sollen.«
»Tot ist tot.«
Jupp sieht entschuldigend zu mir hin.
»Tut mir leid, Katja, mit deinem Jacuzzi. Den kann ich jetzt leider nicht mehr fertig machen.«
Marcel blickt erschrocken auf.
»Mit wem?«, fragt er. »Jacques Uhsi? Wer ist das denn, Katja? Wirst du auch bedroht?«
Ich bringe nur ein sehr trauriges Lächeln zustande.
»Nein«, antworte ich. »Es ist ein Ding. Etwas, mit dem ich dich überraschen wollte. Erkläre ich dir später.«
Wie nur war ich damals auf die Idee gekommen, dass ein alberner Jacuzzi diese beiden tief verbundenen Männer so entzweien könnte, dass tagelang dicke Luft herrscht? Ich hätte misstrauischer sein sollen!
»Gut, dass alles raus ist«, sagt Jupp. »Ich konnte nicht mehr schlafen.« Er drückt die Hand seines Freundes. »Wir haben nur noch gestritten. Das ist endlich vorbei.«
»Alles ist vorbei«, sage ich fassungslos. »Du kommst ins Gefängnis, Jupp. Lebenslang!«
»Ganz bestimmt nicht!«, versichert Marcel. »Es war kein vorsätzlicher Mord; es war reine Notwehr, so etwas wie ein Unfall mit
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