Kehraus fuer eine Leiche
herum.«
Marcel Langer und Erwin Hannen sehen einander an. Unerträglich triumphierend. Ich würde ihnen am liebsten eine reinhauen. Sie haben es die ganze Zeit gewusst. Hein gequält und den Moment abgewartet, an dem der baumstarke gutherzige Jupp zerbricht.
»Und wo ist die Pistole jetzt?«, fragt Marcel leise.
»Im Weiher hinter dem Holzhaus auf der Kehr«, antwortet Jupp, »da habe ich sie reingeworfen.«
Wieder klopft es ans Fenster.
Ich ignoriere es.
»Nur zu, mach auf«, sagt Marcel.
»Ich denke nicht daran«, gebe ich zurück. »Ist dir eigentlich klar, was du da gerade getan hast?«
»Einen Mordfall aufgeklärt«, bemerkt Erwin Hannen nüchtern. »Josef Esch hat soeben gestanden, Reinhold Wirzig auf Losheimergraben erschossen zu haben.«
Jupp nickt. Er lässt den Sessel los, tritt auf Marcel zu und hält ihm die Hände wie zum Gebet zusammengelegt hin.
Ich kann das nicht mit ansehen, weiß nicht, was ich sagen, nicht einmal, was ich denken soll. Ich gehe in den Flur und öffne meine Haustür weit. Meine Hütte braucht frische Luft.
Mit ihr kommt noch jemand rein. Patti. Ich starre sie wie einen Geist an. Ein solcher wäre mir jetzt lieber. Ein Geist, der mir sagt, dass ich mich in einem Albtraum befinde.
»Ich muss mit Ihnen reden, Frau Klein«, fleht Patti. »Ganz dringend. Wegen Pia.«
»Wegen Pia«, wiederhole ich mechanisch. Ich habe keine Ahnung, was das Mädchen von mir will. Es interessiert mich auch nicht. Ich habe eine vage Erinnerung daran, dass mir ihr Besuch vor ein paar Stunden sehr willkommen gewesen wäre. Dass ich ihr sogar hinterhergerannt wäre. Weil ich die Wahrheit über ihr Schicksal und das ihrer Schwester herausfinden wollte.
Doch im Zimmer nebenan wird gerade einer meiner besten Freunde verhaftet. Sein Schicksal liegt mir erheblich mehr am Herzen. Die Pee-Mädchen sind mir mit einem Mal völlig gleichgültig.
»Ich weiß, Sie sind böse auf mich, weil ich Sie angelogen habe, Frau Klein. Aber ich kann Ihnen das erklären. Ich will Ihnen alles erklären. Damit Sie Bescheid wissen und uns helfen. Schicken Sie mich bitte nicht fort! Ich kann nicht nach Hause.«
Ich möchte sie loswerden. Und Marcel auch.
»Wenn es etwas ist, was die Polizei wissen sollte, bitte sehr. Die ist da drin.« Ich nicke seitlich zur Wohnzimmertür.
»Polizei?«, fragt Patti erschrocken.
»Sage ich doch. Hast du das Auto nicht gesehen?« Jetzt nicke ich auf den Hof hinaus.
»Aber der Polizist ist doch nur Ihr Freund.«
»Marcel Langer ist ein gnadenloser Polizist«, sage ich. »Der gerade richtig in Fahrt gekommen ist. Hast du vielleicht auch einen Mord zu gestehen? Dann kann er dich gleich mitnehmen und einlochen.«
Patti rührt sich nicht von der Stelle. Sie erzittert wie eine Pappel im Wind. Sie lässt es sich gefallen, dass ich sie einfach aufhebe. Ich stelle sie wie eine Pflanze nach den Eisheiligen vor dem Haus ins Freie und ziehe die Tür zu. Die kleine körperliche Anstrengung hat mir gutgetan. Ich kann wieder geradeaus denken.
Also öffne ich die Haustür und entschuldige mich bei dem Mädchen, das sich nicht von der Stelle gerührt hat.
»Tut mir leid, Patti; ich bin durch den Wind. Ein guter Freund ist gerade verhaftet worden. Das macht mich ganz fertig.«
»Wie furchtbar, Frau Klein! Was hat Ihr Freund denn getan?«
»Einen Mord begangen.«
Sie schlägt die Hände vor den Mund. Fragt durch die Finger nuschelnd: »Er kannte den Steffen also auch?«
Natürlich, woher sollte das Mädchen wissen, dass ich von dem zweiten Mord spreche? Ich kläre sie nicht auf, sondern schüttele nur den Kopf.
»Lass uns später reden, Patti. Wenn du nicht nach Hause willst, geh solange rüber ins Restaurant.«
Erst als ich wieder ins Wohnzimmer trete, fällt mir ein, dass in der Einkehr jetzt niemand ist. Und Gudrun schließt seit Neustem ab. In meinem Auto kann Patti auch nicht auf mich warten. Das habe ich abgeschlossen.
Im Wohnzimmer überrascht mich ein äußerst friedliches Bild. Ein Fremder würde denken, hier hätten sich vier Freunde in völlig gelöster Atmosphäre zu Kaffee und Kuchen getroffen, schwatzen über alte Zeiten und verewigen die Vergangenheit in dem kleinen schwarzen Aufnahmegerät, das auf dem Tisch blinkt. Marcel hebt den Kopf.
»Wer war das?«, fragt er mich, als sei er hier der Herr im Haus.
»Unwichtig«, murmele ich. »Nett ist es hier. Wie ich sehe, habt ihr es euch so richtig gemütlich gemacht. Soll ich frischen Kaffee aufbrühen? Oder jemandem ein
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