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Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition)

Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition)

Titel: Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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verbunden waren, daß man nicht wußte, ob das Holz sich von den Steinen trennen wollte oder ob die Steine unwillig waren, daß sie vom Holze festgehalten wurden, weshalb sich diese beiden Materien gegeneinander durch Mengen von Staub im Sommer und von Kot im Winter wehrten. Die rissigen Kalkwände trugen mehr Inschriften, als die Akademie des Belles-Lettres aufgefunden hat. Am ersten Absatz hielt die Portiersfrau still.
    »Hier, mein Herr, sind zwei zusammenhängende, sehr saubere Zimmer, die nach dem Flur des Herrn Bernard hinausgehen. Das ist der alte Herr, von dem ich sprach, ein sehr feiner Mann. Er besitzt Orden, hat aber, wie es scheint, Unglück gehabt, denn er trägt seine Orden niemals... Sie hatten zuerst einen Dienstboten aus der Provinz, aber vor drei Jahren haben sie ihn entlassen... Der junge Sohn der Dame ist nun für alles da, er besorgt die Wirtschaft...«
    Gottfried machte eine Bewegung.
    »Oh,« rief die Portiersfrau, »haben Sie keine Angst, sie werden Ihnen nichts erzählen, sie reden mit niemandem. Der Herr wohnt hier seit der Julirevolution, er ist im Jahre 1831 hergezogen ... Es sind Leute aus der Provinz, die wohl durch den Regierungswechsel werden ruiniert worden sein; sie sind stolz und stumm wie die Fische... Seit vier Jahren, lieber Herr, haben sie sich von mir auch nicht den geringsten Dienst leisten lassen, aus Angst, daß sie etwas dafür bezahlen müßten ... Hundert Sous zu Neujahr, das ist alles, was ich an ihnen verdiene ... Da soll einer noch über die Schriftsteller reden! Da kriege ich zehn Franken monatlich bloß dafür, daß ich allen, die nach ihnen fragen, sage, daß sie am letzten Termin ausgezogen sind.«
    Dieses Geschwätz ließ Gottfried hoffen, daß er an der Portiersfrau eine Verbündete haben würde; während sie rühmte, wie gesund die beiden Zimmer seien, teilte sie ihm mit, daß sie keine Portiersfrau, sondern die Vertrauensperson des Hauseigentümers sei, für den sie gewissermaßen das Haus verwalte. »Man kann mir Vertrauen schenken, lieber Herr; die Frau Vauthier möchte lieber gar nichts besitzen als einen Sou, der einem andern gehört.«
    Frau Vauthier war mit Gottfried bald einig, der die Wohnung nur möbliert und bei monatlicher Kündigung mieten wollte. Die elenden Zimmer wurden an Studenten oder unglückliche Schriftsteller möbliert und unmöbliert vermietet. Die riesigen Dachböden, die sich über dem ganzen Gebäude hinstreckten, enthielten die erforderlichen Möbel. Herr Bernard hatte die von ihm bewohnten Zimmer selber möbliert.
    Aus dem Gerede der Dame Vauthier merkte Gottfried, daß es ihr Wunsch war, eine bürgerliche Pension zu halten; aber seit fünf Jahren hatte sich unter ihren Mietern auch nicht einer bei ihr in Pension geben wollen. Sie hauste in dem nach dem Boulevard hin belegenen Erdgeschoß und bewachte von dort aus das Haus mit Hilfe eines großen Hundes, eines dicken Dienstmädchens und eines kleinen Laufjungen, der die Stiefel putzte, die Zimmer aufräumte und die Gänge besorgte; diese beiden armen Wesen paßten, ebenso wie sie, zu dem Elend des Hauses, der Mieter und des vernachlässigten traurigen Gartens vor dem Hause.
    Die beiden waren Findelkinder, denen die Witwe Vauthier als Lohn Essen gab, und was für ein Essen! Der Junge, den Gottfried gesehen hatte, trug als Livree eine zerlumpte Bluse, Tuchstrümpfe statt Stiefel und auf der Straße Holzschuhe. Zerzaust wie ein Sperling, der eben ein Bad genommen hat, mit schwarzen Händen, arbeitete er auf den Holzplätzen des Boulevards, nachdem er vorher seinen Morgendienst gemacht hatte; und nachmittags, wenn er bei den Holzhändlern um viereinhalb Uhr seine Arbeit beendet hatte, nahm er seine häusliche Tätigkeit wieder auf. Er holte dann das für das Haus nötige Wasser aus dem Brunnen an der Sternwarte, das die Witwe, ebenso wie das von ihm kleingemachte Brennholz, den Mietern lieferte.
    Seinen Lohn mußte Nepomuk, so hieß der Sklave der Witwe Vauthier, seiner Herrin abliefern. Im Sommer, an den Sonn- und Montagen, war das arme Findelkind Kellner bei den Weinschenken im Weichbild. Dazu gab ihm die Witwe anständige Sachen.
    Das dicke Dienstmädchen besorgte die Küche unter der Leitung der Witwe Vauthier, der sie auch während der übrigen Zeit bei ihrem Gewerbe half; denn die Witwe übte einen Beruf aus: sie machte für Hausierer Schuhe aus Tuchleisten.
    Gottfried erfuhr alle diese Einzelheiten im Verlauf einer Stunde, während deren die Witwe ihn überall herumführte, ihm

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