Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
ihm sein Herz ausschüttete, hatte Will Twitter nicht weiterverfolgt. Wenn er nun etwas Entscheidendes verpasst hatte? Das durfte ihm nicht nochmal passieren. Schluss mit den Ablenkungen. Er drückte sich von den Stufen hoch, zog Christys Handy aus der Tasche und hielt es sich ans Ohr.
16. Kapitel
Christy
16.45 Uhr
Miss Hs Diadem abliefern.
Mrs Dallaglios Teppich reinigen.
E s war die reinste Filmszene. Eine Liebeskomödie mit Slapstickeinlagen: Ein weibliches Nervenbündel auf hohen Absätzen und ein italienisches Supermodel schleppen einen Teppich durch New York. Christy, die außerdem eine gewölbte Samtschachtel trug, in der sich ein antikes Diamantdiadem im Wert von schätzungsweise einer Million Dollar befand, ging voran. Toni folgte ihr. Sie mussten einem Faschingspferd ähneln, dachte Christy, während sie sich ihren Weg durch die Menge bahnten. Die Schachtel mit dem Diadem war zu groß für ihre Handtasche. Deshalb musste sie sich die Tasche quer über die Schultern hängen, wodurch der Riemen unangenehm über ihre Brust rieb. Der Teppich schien mit jeder Minute schwerer zu werden, und ihr Arm schmerzte, weil sie das Diadem so fest an sich presste.
Wenigstens muss ich mich nicht auch noch um Bouvier
kümmern , dachte Christy, obwohl das nur ein schwacher Trost war. Der Anblick des riesigen Teppichs schreckte sämtliche Taxis ab, und Christy hatte keine Zeit, auf ein Großraumtaxi zu warten. Sie mussten zu Fuß gehen und hatten keine Minute zu verlieren. Keine einzige.
Zweifellos zogen sie Aufmerksamkeit auf sich. Obwohl die New Yorker einiges gewohnt waren, blieben viele stehen und sahen ungeniert zu, wie sich das Paar mit seiner unhandlichen Last vorankämpfte. Die Augen der Frauen wechselten dabei rasch von Christy und dem Teppich zu Toni, dessen Muskeln unter der wunderschönen olivfarbenen Haut arbeiteten, während er sich abmühte, den Großteil des beträchtlichen Gewichts zu tragen. Und die zierliche Christy, die sich vorankämpfte, entlockte vielen ungläubige und mitleidige Blicke, während sie Schwierigkeiten hatte, bei dieser Art der Fortbewegung die Richtung beizubehalten.
»Warte, Toni, bleib mal stehen.« Ihr Handy hatte gepiept, und sie konnte es sich nicht leisten, eine SMS zu ignorieren. Sie musste von Will sein. Unbeholfen ließ sie den Teppich zu Boden rutschen und zückte ihr Handy.
So viele sexy Schuhe auf der 8ten Straße. So wenig Zeit zum Shoppen. Also gut. Nur noch I Paar ☺
»Yippie!« Christy vollführte einen kleinen Freudentanz, als sie von Miss Hs jüngster Nachricht erfuhr. »Sie shoppt wieder - eine Straße weiter. Sie ist nicht mehr auf dem Heimweg.«
Verschmitzt tippte Christy die Antwort:
»Reden Sie von Miss H oder von sich, Will?«
Toni sah, wie aufgeregt Christy war. Er bot ihr die flache Hand und Christy klatschte ab.
»Au!«, schrie sie dann.
»Oh Christy!« Beschämt über seine eigene Stärke, ergriff Toni Christys Hand und rieb sie eifrig. »So sorry! So sorry! Ich nichts taugen!«
»Schon gut!« Christy rang sich ein Lachen ab. »Ich bin halt ein Sensibelchen. Jetzt komm weiter. Miss H ist nur einen Block von hier entfernt beim Shoppen. Wir können den Teppich loswerden und uns dann um das Diadem kümmern …« Sie brach ab, weil Toni sie ja doch nicht verstand. Er blickte sich um, sah überallhin, nur nicht zu ihr, als wünschte er sich plötzlich, wegrennen zu können, so weit weg wie möglich von ihr und ihren verrückten Problemen.
Ihr wurde bewusst, wie schwer das alles für ihn sein musste. Sie hob die Hand, berührte ihn vorsichtig im Gesicht und zwang ihn dadurch, sie anzusehen.
» Danke , dass du hier bist Toni. Okay? Das muss ein echt verrückter Tag für dich sein, und du bist ein wunderbarer Mensch.«
Toni lächelte zurück und wirkte erleichtert. Dann küsste er Christy zärtlich auf die Wange. »Prego, Christy«, flüsterte er.
Sie sahen sich einen Moment lang an. Freunde. Als Christy in diese wunderschönen Augen blickte, wusste sie, dass sie beide nie mehr als das sein würden. Aber dafür hatte sie heute einen Freund fürs Leben gefunden,
und das war noch viel besser. Und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Toni genauso dachte.
»Komm schon«, sagte sie, bevor zwischen ihnen eine Verlegenheit entstehen konnte. »Lass uns den Teppich loswerden - sollen wir mal probieren zu rennen?« Sie imitierte eine Laufbewegung.
»Just do it«, antwortete Toni mit dem Nike-Werbeslogan, ging in die Pose eines
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