Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
überredet, zum Flughafen zu fahren, um Antonio abzuholen.«
»Das glaube ich nicht! Das ist … krank!«
»Das hat er auch gesagt!«
»Ich sollte Antonio doch abholen …«, stotterte Christy und brach dann ab. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte.
»Ich konnte dich nicht erreichen. Will und seinen Vater loszuschicken war mein genialer Notplan. Aber pass auf, Christy, wenn du jetzt losfährst, kannst du Will die Verträge geben und dein Handy zurückbekommen. Das ist doch perfekt, oder? Das nenne ich eine glückliche Fügung!« Sie brach in schallendes Gelächter aus.
Christy spürte, wie etwas in ihr ausrastete. Eine physische, kraftvolle Explosion von Gefühlen, die sie nie zuvor verspürt hatte.
»Annette Jacqueline Davies!« Sie schrie den Namen ihrer Schwester so laut, dass das Geplapper im Salon für einen Moment verstummte. »Ich weiß nicht, was hier
vorgeht, aber wenn du noch ein einziges Mal über mich lachst, dann übernehme ich keine Verantwortung für meine Reaktion - das schwöre ich! Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was für einen Tag ich hinter mir habe? Bestimmt nicht! Wie solltest du auch? Du hast dich in deinem ganzen Leben noch nie mit den Problemen anderer Menschen beschäftigt.«
»Du solltest dich jetzt mal hören! Und warum, denkst du wohl, ist das so? Weil du der Kontrollfreak in der Familie bist - nicht ich! Du hast mir doch nie eine Chance gelassen!«
»Ach ja? Ich bin den ganzen Tag wie verrückt herumgerast, nur wegen dir. Du übernimmst nie Verantwortung für etwas, ist dir das eigentlich klar? Nein, natürlich nicht! Ständig erwartest du, dass ich alles für dich regle. Und mir bleibt nichts anderes übrig, als es auszubaden. Ich nehme dir den ganzen Druck ab, und es wird meiner. Und jetzt lachst du mich auch noch aus !«
»Hey, gib mir nicht die Schuld an deiner skurrilen Persönlichkeit, Kindchen!«
Annies salopper Tadel reizte Christy nur noch mehr. »Wie bitte? Ich habe keine skurrile Persönlichkeit. Ich bin kein Kontroll…« Aber sie konnte den Satz nicht beenden, weil sie wusste, dass Annie Recht hatte. »Also gut, vielleicht bin ich ein Kontrollfreak, aber du auch!«
»Wohl kaum.« Annie dehnte jede Silbe und ihre Stimme hatte einen Hauch von Verärgerung.
»Doch, das bist du. Du kontrollierst uns alle auf subtile Art. Du tauchst immer mal wieder in unserem Leben auf und verschwindest wieder, bevor du für irgendjemanden
außer dir selbst eine Hilfe sein kannst! Du stellst die Regeln auf, Annie. Mom und ich haben viel zu lange danach gespielt. Kaum bist du da, tanzen wir nach deiner Pfeife.«
»Süße, geht es vielleicht einen Tick leiser?«, flehte ihre Mutter vom anderen Ende des Raumes. Offenbar war ihr das Verhalten ihrer Tochter peinlich. »Man kann dich sogar im Nachbarstaat hören!«
»Ich bin noch nicht fertig!«, wetterte Christy. Toni legte ihr die Hand auf die Schulter, aber Christy schob sie weg. »Es gibt nicht nur dich auf diesem Planeten, Annie!!«
Heftig atmend schwieg sie einen Moment.
Als Annie antwortete, war ihre Stimme ganz ruhig geworden. »Jetzt mach mal halblang, Christy. Du bildest dir tatsächlich ein, die Moral für dich gepachtet zu haben? Dann lass mich dir eines sagen. Mit dir zusammen zu sein, ist auch nicht immer einfach.«
»Woher willst du das wissen? Du bist doch nie da!«, fauchte Christy zurück.
»Jetzt schon«, konterte Annie.
»Besten Dank! Ich habe den ganzen Tag auf deinen Anruf gewartet! Du erwartest von mir, alles stehen und liegen …«
»Wie bitte? Ich habe es bestimmt zehnmal probiert. Ich bin nie durchgekommen. Aber wie dem auch sei - für mich ist heute auch ein wichtiger Tag. Ich bereite meine Verlobungsparty vor, falls du das vergessen hast. Und willst du wissen, was mir gerade klargeworden ist? Wenn ich mit jemandem zusammen bin, dann bin ich wirklich
da, verstehst du? Ich habe den ganzen Tag mit Leuten geredet, aber nicht übers Handy. Ich investiere meine Zeit und Mühe in die Menschen, die mir gegenüberstehen.«
»Was willst du jetzt? Einen Orden?« Christys Stimme triefte vor Sarkasmus und klang sogar in ihren eigenen Ohren kindisch.
»Du etwa nicht?«, erwiderte Annie triumphierend. »Du verbringst deine Zeit mit Organisieren, guckst immer nur auf das, was du oder andere als Nächstes tun müssen. Du setzt dich nie hin und bist einfach nur mal mit anderen Menschen zusammen … mit mir, mit Mom …«
»Das ist der größte Haufen Mist …« Ihre Schwester konnte sie manchmal
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