Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
Niemand hatte in letzter Zeit etwas von einem Krankenhaus erwähnt … sie ließ sich auf das schwarze Ledersofa vor dem Fenster sinken. Ihre Beine schienen nachzugeben. Als sie endlich wieder sprechen konnte, war ihre Stimme nur noch ein Flüstern. Christy presste sich das Handy so fest ans Ohr, dass es wehtat. » Was hast du gesagt?«
»Ich denke, du hast schon verstanden.«
Christy schaute hinüber zu ihrer Mutter, die gerade von ihrem Stylisten mit Haarspray eingenebelt wurde und immer noch bemüht war, ihre überreizte Tochter zu ignorieren. Es stimmte, das Gesicht ihrer Mutter wirkte blass, und unter den Augen hatte sie dunkle Ringe.
»Mom hatte letzte Woche in der Klinik einen Eingriff«, fuhr Annie mit sanfterer Stimme fort. »Ein Schnitt in der Größe eines Schlüssellochs, um eine Zyste zu entfernen.«
»Oh.«
»Es geht ihr wieder gut, aber sie hatte ziemliche Angst davor.«
Christy traten Tränen in die Augen. »Ist mit ihr alles in Ordnung?« Es war sonderbar, sich mit Annie über ihre Mutter zu unterhalten, während diese nur ein paar Schritte entfernt saß. Aber Christy konnte plötzlich genauso wenig zu ihr hinübergehen, wie sie in der Lage war, zum Mond zu fliegen. »Es ist doch nicht etwa …«
»Es geht ihr gut, Christy. Wirklich. Die Sache ist erledigt.«
»Sie hat nichts gesagt«, flüsterte Christy.
»Ich weiß!« Ein Hauch von Triumph schwang in Annies Stimme. »Natürlich hat sie nichts gesagt. Und es tut mir leid, dass du es jetzt so von mir erfährst. Aber sie hatte mich gebeten, es dir nicht zu erzählen. Sie meinte, du seiest zu beschäftigt, um dich wegen so eines kleinen Eingriffs zu beunruhigen.«
»Ich hätte helfen können.«
»Es reicht, Christy. Vielleicht wollte Mom dich schützen - das war zumindest das, was sie gesagt hat. Ich sehe es anders. Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, aber ich glaube, sie hatte einfach nicht die Energie für deine Art von Hilfe. Sie brauchte Ruhe und Unterstützung - aber keinen wasserdichten Betreuungsplan, der vom anderen Ende des Telefons aus arrangiert wird.«
Darauf gab es nichts zu entgegnen. Christy hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, in dieser Familie jemals etwas anderes gewesen zu sein als die tüchtige, hilfsbereite, erfolgreiche jüngere Tochter. Jetzt wurde sie als gleichgültiger Diktator beschrieben. Und je mehr sie argumentierte,
desto überzeugter schien Annie zu meinen, Recht damit zu haben.
War sie das?
Eine Träne kullerte ihr über die Wange. Christy wischte sie rasch weg und räusperte sich. »Also gut, Annie. Ich bin jetzt hier.« Und bevor ihre große Schwester ihr an den Kopf werfen konnte, dass sie das nur sei, weil sie hingeschickt worden war, fuhr sie mit ruhiger Stimme fort: »Sieht so aus, als hätten Mom und ich ein bisschen was nachzuholen. Ich bin echt geschockt, dass ich nichts von der Operation wusste.«
»Ist schon gut, Kleine«, versicherte Nina beruhigend. »Ich kann es dir anhören. Und weißt du was?«
»Das bezweifle ich.«
»Das ist das längste Gespräch, das wir seit Jahren hatten!«
»Und was für ein Gespräch«, erwiderte Christy trocken. Sie war erschöpft, körperlich und gefühlsmäßig. Sie wischte eine zweite Träne fort und war froh, dass ihre Mutter immer noch mit den letzten Handgriffen an ihrer Frisur beschäftigt war. Toni war inmitten der lärmenden Gruppe junger Stylistinnen kaum noch zu sehen, die allesamt verschiedene Frisuren an ihm ausprobierten. Christy rieb sich die Stirn. »Du musst mir ein bisschen was über Will erzählen, Annie. Ich komme mir vor, als hätte man mir einen üblen Streich gespielt.«
»Er ist ein klasse Kerl!«
»Aha.« Dessen war sich Christy nicht mehr so sicher.
»Er ist bei Carl aufgetaucht, weil es wegen des Hauses seines Großvaters etwas zu regeln gibt. Die beiden bekamen
deshalb Streit. Ich habe Will dann angeboten, ihn mit nach Manhattan zu nehmen. Allerdings sind wir nicht weit gekommen, weil ich unterwegs noch so viel für die Party erledigen musste. Er beschwert sich aber nicht, und das liegt vor allem daran, dass er die ganze Zeit mit diesem geheimnisvollen Mädchen telefoniert! Er hat dir zweifellos seine - wie soll ich es nennen? - seine ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt. Keinen Millimeter hat er sich von dem Telefon wegbewegt, die ganze Zeit nicht. Und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass er mit dir telefoniert! Ist das nicht verrückt?«
»Hattest du nicht?«, fragte Christy misstrauisch. »Ehrlich?«
»Ehrlich! Es
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