Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
hinten gekommen. Dabei halten Sie den Blick unverwandt auf ihn gerichtet, denn auf diesen Blick kommt es an.
Während Sie mit hartem, männlichem Druck die Hände des Schauspielers schütteln, bohrt sich Ihr Blick in den seinen. Sie öffnen die Lippen, bringen aber keinen Ton hervor und beginnen vor Verlegenheit zu schlucken, weil Sie nicht die richtigen Worte finden, weil Sie nicht ausdrücken können, was Sie ausdrücken möchten. Sie sind überwältigt. Und damit überwältigen Sie auch den Schauspieler. Er spürt aus Ihrer Hilflosigkeit sofort den Glückwunsch heraus und flüstert:
»Danke, danke. Zu gütig.«
Blitzkrieg
Der soeben geschilderte Vorgang erfordert perfektes Timing und ein gewisses schauspielerisches Talent. Pantomimisch minder Begabten raten wir zu der sogenannten »AnsatzMethode«. Sie gleicht im wesentlichen dem »Blick Nr. 9«, nur mit dem Unterschied, daß Sie nicht als letzter, sondern als erster auftauchen müssen, dem Autor oder Schauspieler die Hände hinhalten und mit vibrierender Stimme zu einer unverkennbaren Lobeshymne ansetzen, etwa:
»Also ich muß wirklich sagen...«
Aber was Sie wirklich sagen müssen, sagen Sie nicht. Schon drängt von hinten die Horde der übrigen Gratulanten heran, und es bleibt Ihnen gerade noch Zeit, Ihr Gegenüber stumm zu umarmen. Vielleicht gelingt es Ihnen noch, den Autor - wir nehmen an, daß er es ist -herzhaft auf die Schulter zu schlagen und ihm schelmisch zuzuraunen: »Na was, du kleiner Lump! Wirst du denn niemals lernen, wie man ein Stück schreibt?!«
Leicht möglich, daß Ihnen der Autor daraufhin schluchzend um den Hals fällt, und daß er Sie späterhin in seiner Selbstbiographie erwähnen wird, als einen der wenigen, die ihn wirklich verstanden haben. Sie können ihm, ehe Sie vor den Andrängenden zurückweichen, sogar einen Tritt in den Hintern verpassen.
Die reine Wahrheit
Die folgende Methode empfiehlt sich besonders für Premierenbesucher mit schwachen Nerven, für Schwächlinge oder Gehemmte, die unter der Zwangsneurose leiden, etwas Konkretes äußern zu müssen, gleichzeitig aber das unentrinnbare Gefühl haben, daß bei der geringsten Lüge die Mauern des Hauses auf sie herniederstürzen würden. In solchen Fällen wendet man sich am besten an den Regisseur und macht mit respektvoll gedrosselter Stimme von einer folgenden Wendung Gebrauch:
»Ein schweres Stück Arbeit!«
»Das muß ein Erfolg werden, das muß ein Erfolg werden!« (Immer zweimal.)
»Die Leute waren begeistert.«
Unter gar keinen Umständen darf man Ausdrücke wie »hübsch« oder »reizend« verwenden, die viel zu unverbindlich sind und in Theaterkreisen längst als Gemeinplatz, ja fast als Beleidigung gelten. Ein bekannter Bühnenbildner soll vor kurzem auf einen Gratulanten, der das Bühnenbild »hübsch« genannt hatte, mit Faustschlägen losgegangen sein.
Kompliment in Fragestellung
An dieser Variante werden vor allem Sadisten Gefallen finden. Sie besteht darin, daß man den Arm um die zitternden Schultern des Intendanten legt und ihn vertraulich beiseite zieht:
»Warum sind alle gegen Sie?« beginnt man. »Erst vor ein paar Minuten hatte ich Ihretwegen eine schwere Auseinandersetzung mit einigen Besuchern. Halten Sie den Mund, habe ich ihnen gesagt. Was heißt hier Durchfall? Was heißt hier künstlerischer Abstieg? Es war eine sehr kultivierte Vorstellung! Daran halte ich fest, auch wenn das ganze Publikum anderer Ansicht ist. Jawohl, das habe ich gesagt...«
Diese Art der Anerkennung läßt den Empfänger völlig ratlos zurück und wird ihn etwas später möglicherweise in den Selbstmord treiben, aber das ist dann nicht mehr Ihre Sache.
Annähernd ähnliche Wirkung kann auch dadurch erzielt werden, daß man den von Gratulanten Umringten aus dem Kreis der Händeschüttler herauszerrt, sich nahe zu ihm beugt und fragt:
»Was halten Sie eigentlich von der Dollarkrise?« Es gibt noch eine letzte, kindisch einfache Methode: die Wahrheit zu sagen. Sie eignet sich indessen nur für blutige Anfänger. Und dieses Buch ist nicht für Anfänger geschrieben.
Wer kümmert sich um Kritiken?
Wieder einmal gab's keine Rettung: Jarden Podmanitzki kam die Dizengoff-Straße herunter und steuerte direkt auf mich zu. Es war zu spät, in ein Haustor zu schlüpfen. Schon stand er vor mir, schon legte er mir mit freundschaftlicher Gebärde die Hand um den Nacken:
»Wie geht es Ihnen? Alles in Ordnung?«
»Danke. Ich habe >Die Kosaken< gesehen.«
»Ach,
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