Kein Augenblick zu früh (German Edition)
Ausgeschlossen. Das wäre total unfair. Endlich hatte ich mal was, bei dem ich besser war als er.
Ich riss mich zusammen. Jack mochte sich selbst heilen können, aber ich konnte die Natur beherrschen. Oder jedenfalls Wasser. Zumindest bildete ich mir das ein. Seit ich das Bad unter Wasser gesetzt hatte, hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, die Sache weiter zu üben.
Ich zog die Knie an den Körper. Hatte Key Alex inzwischen alles erzählt? Key konnte mein Gespräch mit Richard Stirling nicht beobachtet haben, da es im Hauptquartier stattgefunden hatte, aber bestimmt war er im Krankenzimmer gewesen, hatte Jack herumlaufen sehen, wusste über seine neu entdeckte Fähigkeit Bescheid und auch, dass ihn die Einheit morgen verlegen wollte.
Genau das würde Alex ganz bestimmt nicht zulassen. Was wiederum bedeutete, dass wir unsere Pläne ändern mussten. Wir mussten Jack jetzt sofort aus dem Krankenhaus holen und dann meine Mutter befreien. Um Richard Stirling könnten wir uns später kümmern. Alex würde sich bestimmt etwas einfallen lassen. In ein paar Stunden würde ich ihn treffen und dann würden wir losschlagen. Der Einheit würden die Ohren klingeln. Hoffentlich waren auch Demos und die anderen bis dahin zurück.
Aber – was war mit meinem Vater? Und überhaupt: Was machten wir mit meiner Mutter? Unmöglich, Jack und Dad und meine Mutter gleichzeitig zu befreien, solange sie sich an völlig verschiedenen Orten befanden. Und solange alle scharf bewacht wurden.
Oh Gott, ich brauchte Alex’ Hilfe! Im taktischen Planen war ich nicht gerade Weltklasse. Ich war impulsiv und spontan, stürzte mich gerne in eine Sache, ohne mir groß über die Folgen Gedanken zu machen. Deshalb war ich überhaupt in dieser Patsche gelandet. Jemandem beinahe das Auge auszustechen? Wenn das nicht impulsiv war! Meinem Dad die Kreditkarte zu klauen und ins nächste Flugzeug nach Kalifornien zu springen? Auch impulsiv.
Ich hatte Alex versprochen, nichts zu überstürzen. Aber wie sah die Alternative aus? Sollte ich zulassen, dass sie Jack holten und in Scheiben schnitten, um zu sehen, ob er von selbst wieder zusammenwuchs?
Ich starrte zur Decke und hoffte, dass Key dort irgendwo herumschwebte. »Wenn du da bist«, flüsterte ich, »sag Alex, er soll sich was ausdenken. Aber presto.«
Als die Leuchtziffern des Weckers 5:51 Uhr anzeigten, sprang ich aus dem Bett und zog mich an. Aus einem Kleiderhaufen unter dem Bett zog ich eine von Jacks alten Shorts hervor, ein frisches T-Shirt besorgte ich mir aus seinem Kleiderschrank. Dann schnürte ich meine Laufschuhe.
5:57 Uhr.
Auf dem Weg zur Treppe schob ich einen Zettel unter Dads Tür durch. Ich wusste, dass er seinen Wecker auf 6:15 Uhr gestellt hatte. Auf dem Zettel teilte ich ihm mit, mich pünktlich um sieben im Krankenhaus zu treffen. PÜNKTLICH hatte ich dreimal unterstrichen.
An der Haustür blieb ich stehen. Jetzt war das Timing entscheidend. Um 6:00 Uhr war Wachablösung. Kurz vor dem Eintreffen der neuen Wächter, wenn die Nachtschicht übermüdet auf ihre Ablösung wartete, musste ich aus dem Haus kommen. Auf diese Weise konnte ich mir einen Moment der Verwirrung zunutze machen. Den Plan hatten Alex und ich bei unserem Treffen auf dem Pier genau durchgesprochen.
Ich lief aus dem Haus. Im Vorgarten machte ich ein paar Lockerungsübungen, schließlich durfte es nicht so aussehen, als wollte ich ihnen entwischen, sondern nur wie ein ganz gewöhnlicher Morgenlauf. Die beiden Wärter auf dem Rücksitz des ersten Autos schliefen, aber der Kerl am Steuer sah mich, wirkte nicht sehr erfreut und weckte seine Kameraden. Auch im zweiten Auto schreckten die Männer hoch. Alle schienen hektisch zu diskutieren, ob sie den Fall der Ablösung zuschieben sollten oder nicht. Die neue Schicht war allerdings noch nirgends zu sehen. Bevor sie zu einem Beschluss kommen konnten, ging ich in einen Sprint über und schaffte es tatsächlich bis zur nächsten Ecke, bevor der erste Motor aufheulte. Kurz darauf heftete sich ein schwarzer Geländewagen an meine Fersen. Aber das hatten wir vorhergesehen. Alex hatte Recht behalten: Das Timing war perfekt.
Ich hoffte nur, dass die Soldaten nichts von meiner besonderen Fähigkeit wussten. Es gab noch nicht viel Verkehr und für meinen nächsten Schritt brauchte ich mehr Autos, größere Wagen. An einer Ampel blieb ich stehen und dehnte meine Wadenmuskeln, unter den finsteren Blicken meiner Wächter im SUV , die eine zwölfstündige Nachtschicht
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