Kein Augenblick zu früh (German Edition)
jedenfalls, genau gehört hab ich das nicht. Aber als er dich deshalb wegschicken wollte, hast du ihm nicht widersprochen.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Lila, du dummes Huhn. Natürlich hab ich ihm gesagt, dass ich dich liebe. Genau das war doch der Grund, warum er mich nicht mehr hier haben wollte.«
»Oh. Ach so.« Jetzt konnte ich ein breites Grinsen nicht mehr unterdrücken. »A-aber du warst so kalt zu mir. Nicht mal die Schwesternuniform hast du bemerkt. Nicht im Geringsten. Und als ich dich fragte, ob du nur aus Pflichtgefühl bei mir bleibst, hast du es nicht abgestritten.«
»Du hast mir keine Gelegenheit gegeben.« Er kam noch einen Schritt näher. »Übrigens hat mich dein Schwesternoutfit sehr wohl beeindruckt. Und wie!«
Er lächelte. Ich war froh, dass ich das Schwesternkleid nicht über Bord geworfen hatte.
»D-dann bleibst du also wegen m-mir?«, stotterte ich.
»Natürlich wegen dir«, sagte er und hob mein Kinn an. Langsam zog er mich an sich. Die Jacht schaukelte sanft und ich nutzte die nächste Welle, um auf Zehenspitzen seine Lippen zu erreichen.
Minutenlang bewegten wir uns nicht, alles um uns herum schien zu verstummen. Alex’ eine Hand lag auf meinem Rücken, die andere hielt mein Gesicht sanft umfasst. Und seine Lippen – seine Lippen enthielten die Antworten auf sämtliche Fragen dieser Welt. Ich wollte sie alle erfahren.
Als wir uns schließlich voneinander lösten, waren wir völlig außer Atem. Ich blickte zu ihm auf. Sein Blick war wieder wie früher – keine eisige Kälte mehr. Seine Augen funkelten. Die Falte auf seiner Stirn war verschwunden.
»Alex«, sagte ich, »ich bin nicht die Einzige, die dich braucht. Ohne dich schaffen wir es nicht.« Ich nahm seine Hand. »Hör mir gut zu. Du hast dir das alles ausgedacht.« Ich deutete auf das Boot. »Du hast den Plan mit Carlos ausgeheckt und mir mindestens hundertmal das Leben gerettet. Du musst uns helfen, Mum zu befreien. Und es tut mir so leid, dass ich schon wieder weggerannt bin«, fuhr ich fort, ohne Atem zu holen. »Ich schwöre, dass ich das nie mehr tun werde. Ich hätte an dich denken sollen, daran, wie du dich fühlst. Ich war total egoistisch. Aber ich musste unbedingt zu Jack zurück. Ich konnte nicht anders.«
»Das verstehe ich natürlich«, unterbrach er mich. »Ich hatte nur so furchtbare Angst, dich zu verlieren! Hast du denn überhaupt eine Ahnung, wie wichtig du mir bist? Ich musste mit ansehen, wie du weggingst – und ich konnte nichts dagegen tun. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt.«
Ich presste die Lippen zusammen. Doch, ich wusste nur zu gut, wie sich das anfühlte. Ich hatte selbst einmal geglaubt, dass ich Alex verlassen müsste und ihn nie wiedersehen würde. Und es waren die schlimmsten Stunden meines Lebens gewesen.
Ich nickte. »Tut mir leid.« Alex öffnete den Mund, aber ich legte ihm den Finger auf die Lippen. »Nein, hör mir zu. Ich muss dir das erklären. Als ich dachte, meine Mutter sei tot … bei ihrer Beerdigung … und auch in den Tagen danach … Ich habe das nur durchstehen können, weil ich dich hatte, weil du bei mir warst, dich um mich gekümmert hast. Und seit mich Dad nach London mitnahm, hat jeder Tag mit dir begonnen – nur der Gedanke an dich hat mich durch den Tag gebracht, durch den Unterricht an dieser blöden Schule … Ich habe dich immer gebraucht, Alex, schon lange bevor du mich vor den bösen Typen mit ihren Kanonen gerettet hast. Ja, ich weiß, dass ich impulsiv und unberechenbar und unvorsichtig bin, aber ich wusste immer, dass du da sein würdest, wenn etwas schiefgeht. Jedes Mal. Erinnerst du dich an den See? An die Sache mit dem Schlitten? An den Baum im Garten? Und jetzt können wir noch ein paar Geschichten auf die Liste setzen. Als ich im Supermarkt beinahe von der Einheit gefangen genommen wurde. Als sie im Joshua-Tree-Park auf mich schossen. Und immer warst du zur Stelle und hast mich gerettet. Du bist mein Schutzengel.«
Er lächelte, nur ein klein wenig, aber das reichte, um mir den Atem zu nehmen. »Ich habe dich immer gebraucht. Mein ganzes Leben lang«, flüsterte ich, »und ich werde dich immer brauchen.«
Sein Lächeln wurde breiter; er strich mir sanft über die Wange.
»Ach so, ja«, fügte ich kichernd hinzu, »auch Suki und Nate möchten dich auf keinen Fall missen.«
Er grinste. »Dann wirst du mich also nicht mehr durch die Gegend schleudern, sobald ich es wage, dir zu widersprechen?«
»Ich werde
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