Kein Biss unter dieser Nummer
sagen, dass sie ein widersprüchliches Geschöpf war, ebenso wie mein verrückter Ehemann; doch sie liebte und beschützte uns. Das hieß allerdings nicht, dass wir sie nicht manchmal auch auf die Palme brachten. Wie jetzt zum Beispiel.
Sinclair schüttelte den leeren Behälter, und ich sah, dass Tina am liebsten die Augen verdreht hätte, diesem Verlangen aber nicht nachgeben wollte. Daher das bedächtige Blinzeln.
Nach ein paar Sekunden, in denen Sinclair mit dem Fuß klopfend auf eine Antwort wartete, sagte sie: »Ich bitte um Verzeihung, mein König.«
»Wie konntest du das zulassen?«
»Dummerweise habe ich dem Budget, dem Management unserer Schwarzgeldkonten, einer Steuerprüfung in einem Nachtklub, von dem die Königin immer vergisst, dass sie ihn geerbt hat, einer Telefonkonferenz mit Michael Wyndham und Dr. Bimm wegen möglicher Allianzen und dem monatlichen Newsletter den Vorrang gegeben.«
Ich hätte vor Bewunderung am liebsten geseufzt. Nur Tina kam mit so etwas durch. Sie trug ihre Antwort zwar in ernstem Ton vor, doch gleichzeitig schwang darin eine unausgesprochene Anschuldigung mit, die besagte: »Weil es verdammt noch mal nicht meine Aufgabe ist, mich um das Futter der Welpen zu kümmern, du Idiot! Warum spielst du nicht einfach weiter mit deinen Hunden, damit ich mich wieder mit dem ganzen Erwachsenenkram beschäftigen kann?«
»Kein Grund zur Aufregung. Wir haben noch Leckerlis.« Ich wollte Tina einen Strohhalm zu ihrer Rettung reichen, wenn sie schon mal einen benötigte. »Da steht noch eine ganze Packung dieser Welpenleckerlis in …«
»Fertig-Leckerlis?«, stieß der König der Vampire schrill hervor. Er hätte nicht entsetzter klingen können, hätte er gefragt: »Kein Alkohol mehr? Nie mehr?« Es schien ihm sogar einen Moment die Sprache zu verschlagen. »In der Fabrik gefertigter Dreck mit Erdnussschalen und Maiskörnern als Füllmasse? Niemals! Nicht, solange ich lebe!«
»Rein technisch gesehen lebst du ni… Lass das!« Puppi war es leid, auf ihr Futter zu warten, also hatte sie ihren Napf Napf sein lassen und sprang nun an meinen Beinen hoch. Sie hatte scharfe Krallen und spitze Babyzähne – diese Welpen hatten den Mund voller Nadeln. »Schluss damit!«
»Mein Liebling, mein Ein und Alles!«, schmeichelte Sinclair, stellte den Behälter ab und kam zu mir herüber. Er legte seine wunderbaren starken Hände auf meine Schultern und zog mich zu sich, um, so hoffte ich, heftig mit mir in der Küche zu knutschen. Vielleicht sollten wir alle rausscheuchen und es auf dem Hackklotz treiben. Hm, nein, darauf bereiteten wir unsere Smoothies zu; die anderen hätten einen Anfall bekommen. Der Welpentresen? Da hätte ich einen Anfall bekommen. Es war kein Zufall, dass die Küche einer der wenigen Räume in dieser Monstrosität von Haus war, die wir noch nicht durch unzüchtige Aktivitäten entweiht hatten. »Ich brauche dich an meiner Seite.«
»Zurück, großer Junge!«
»Lass uns Liebe backen!«
»Ooooh, ich warte schon den ganzen Tag auf … was?«
»Lass uns Liebe backen!« War er nun …? Er war! Eric Sinclair griff an mir vorbei, schnappte sich eine Schürze und band sie sich um. »Auf diese Art beweist man seinen Haustieren seine Liebe«, fuhr er fort, als handelte es sich dabei um ein ernsthaftes Gesprächsthema und keinen weiteren Beweis für seine Schwachsinnigkeit. »Man
backt
Liebe. Ich fange mit einem Blech Knusperapfelwelpenkuchen an.«
»Bitte zieh die Schürze aus!«, bettelte ich, während Tina ganz langsam rückwärts aus dem Raum schlich. »Ich kann es schaffen, dieses Gespräch auszublenden, wenn du bloß die Schürze ausziehst. Ich kann den ganzen Tag vergessen, nur bitte zieh die Schürze aus!« Oh Gott, oh Gott, warum zog er denn die Schürze nicht aus?
»Das kommt nicht infrage! Uns mögen die selbst gebackenen Kekse ausgegangen sein, aber meine kostbaren Lieblinge werden niemals dazu gezwungen werden, so etwas Abscheuliches hinunterzuwürgen wie …«
»Gezwungen? Hast du denn nie gesehen, wie sie fressen? Man muss sie nicht dazu zwingen. Niemals.«
»… Fertigfutter aus dem Laden, vollgestopft mit Abfallprodukten und Hühnerköpfen. Also wo …« Er hielt einen Moment inne und dachte nach. »… wo ist meine Rührschüssel?«
Hastig flüchtete ich vor dem Grauen.
5
Mir gefällt es, mit einem Cop zusammenzuleben. Er erzählt die spannendsten Geschichten, ist wirklich nur schwer aus der Fassung zu bringen und geht zu allen Tages- und Nachtzeiten ein und
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