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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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nicht.«
    »Nicht?«
    »Nein, denn das würde ja bedeuten, ich sei das Gegenteil einer Feministin, und außerdem lässt mich das hilfsbedürftig und unsicher wirken.«
    »Und das ist ein Problem, weil …«
    »… niemand wissen soll, wie hilfsbedürftig und unsicher ich in Wahrheit bin.«
    »Aha.« Ihr Lächeln wurde breiter, und ich lachte; ich konnte nichts dagegen tun. »Na, dann.« Sie beugte sich vor und küsste mich auf die Wange. Sie roch nach Weichspüler und Feuchtigkeitscreme von Jergens. »So kenne ich mein Mädchen.«
    »Oh, hey! Betsy! Hallo!«
    So ein Mist! Clive Lively winkte mir zu. Das klingt jetzt schrecklich, aber Fakt ist: Das Schlimmste am veränderten Zeitstrom war für mich, dass Christian Louboutin nicht existierte und meine Mom einen Freund hatte. Sie wissen ja bestimmt, dass die Bienchen-und-Blümchen-Ansprache für alle Beteiligten eine echt peinliche Sache ist, nicht wahr? Dann versuchen Sie sich erst mal an der »Du solltest ihm den Laufpass geben, denn er ist nur dein Freund, weil ich am Zeitstrom rumgepfuscht habe. Und überhaupt, ist nicht schon bereits genug Schaden angerichtet worden?«-Ansprache.
    »Hallo, Mr Lively.«
    »Bitte.« Schnaufend joggte er zu uns herüber. »Nenn mich Clive! Mr Lively ist mein längst verstorbener alkoholsüchtiger Vater.«
    Wie hatte ich das nur vergessen können? Cliiiiiive. Ich setzte ein frostiges Lächeln auf und täuschte einen Hustenanfall vor, damit ich ihm nicht die Hand schütteln musste. Glauben Sie nicht, ich sei mir meines widerlichen, kindischen Benehmens nicht bewusst! Das war ich, aber mir war auch sonnenklar, dass ich nicht dagegen ankam. Er konnte nichts dafür, dass er ein völlig bescheuerter Idiot war. Ebenso wenig wie ich.
    »Dieser herrliche Tag wird durch deine Gegenwart gleich tausendmal schöner, mein Ein und Alles.« Sinclair nahm Struppi und Puppi auf den Arm, bevor sie an mir hochklettern konnten. Clive hatte Baby Jon im Schlepptau. Er lächelte, als er mich entdeckte, und zeigte dabei seine vier Zähne (Baby Jon, nicht Clive. Letzterer hatte eine vollständige Kauleiste, soweit ich das feststellen konnte).
    Der Anblick der beiden war urkomisch, denn Clive wirkte wie ein Riesenbaby. Er trug sein fedrig dünnes braunes Haar zu einer Mönchstonsur frisiert und hatte die weiche Körperfigur, die Männer in den Fünfzigern manchmal bekamen. Er war mollig, nicht fett, mit blassen, wässrigen Augen und einem Mund, der wie zu einem Lächeln geschwungen war, selbst wenn er nicht lächelte. Er wirkte so bedrohlich wie eine Reihe Kopfsalat. Was mich gehörig ankotzte, und ja, ich weiß, dass das völlig unsinnig ist. Ich konnte an einer Hand abzählen, mit wie vielen Männern meine Mutter seit der Scheidung ausgegangen war, doch Cliiiiiive schien sie ganz offensichtlich mehr zu mögen als alle anderen zusammen. Und auch das nervte mich völlig unsinnigerweise.
    »Ich hab mich gefreut, deinen Ehemann kennenzulernen«, sagte Cliiiiiive und reichte mir Baby Jon, der die Ärmchen nach mir ausgestreckt hatte. Ich nahm meinen Bruder/Sohn/was auch immer und knuddelte ihn, und er drückte schmerzhafterweise meine Nase wie eine Fahrradhupe zusammen und kicherte fröhlich. »Wir haben uns prächtig amüsiert.«
    Prächtig amüsiert? Sinclair deutete meine Stimmung richtig und sagte schnell: »Ja, deine Mutter ist eine wundervolle Gastgeberin.« Er wandte sich ihr zu. »Ich muss Ihnen erneut danken, dass Sie mir meinen überraschenden Besuch nicht verübelt haben.«
    Mom winkte ab. »Ich hätte es dir verübelt, wenn du in der Nachbarschaft gewesen und nicht bei mir vorbeigeschaut hättest. Wir haben das Baby so müde gemacht, dass es bestimmt zwanzig Stunden am Stück schlafen wird.«
    Wirklich? Ich musterte Cliiiiiive, der auf mich sehr ausgeruht wirkte. Vielleicht machte er haufenweise Nickerchen. Oh … sie meinte das
kleine
Baby. Na, auch gut.
    »Doch ich dachte, ihr wolltet Baby Jon erst morgen abholen«, fuhr Mom fort.
    »Das stimmt, aber mein Terminplan hat sich gelichtet …« Und mein Ehemann ist schwachsinnig geworden. »… also dachte ich, ich überrasche dich.« Dich und dein Riesenbaby von einem Freund. »Und hier bin ich nun.« Und damit müsst ihr euch wohl oder übel abfinden, basta.
    Baby Jon kreischte mir ins Ohr und strampelte heftig. Seine kleinen, knubbeligen Füße, die aussahen wie Schweinskotelett mit Zehen, schlugen kräftig gegen meinen Bauch. Mom hatte ihn warm eingepackt. Er trug einen winzigen Rollkragenpullover,

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