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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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eine winzige Jogginghose, einen winzigen Mantel und winzige Socken und Schuhe. Sein schwarzes Haar stand in alle Richtungen ab; es sah aus wie vom Wind zerzaustes Gefieder. Mit seinen pfeilschnellen Bewegungen und seinem süßen krächzenden Kra-Kra-Lachen erinnerte mich Baby Jon stark an eine Krähe in Windeln. Aus kugelrunden, himmelblauen Augen blickte er mich an, und als er ein weiteres krähendes Kichern von sich gab, malten sich Fältchen in seine Augenwinkel.
    Baby Jon war eines dieser heimtückischen Babys, die kinderlose Paare dazu bringen, sich Kinder anzuschaffen. Bezaubert von seinem sonnigen Gemüt, der Tatsache, dass er niemals eine Flasche – oder auch drei – verweigerte und häufig tiefe, lange Nickerchen machte, dachten sie sich vermutlich: Wie schwer kann das Leben mit Kindern schon sein?
    Ich liebte ihn heiß und innig; er war das einzige Kind, das ich je haben würde. Denn das Ärgerliche an der Biologie ist, dass man keinen Eisprung hat, wenn man nicht menstruiert. Und wenn man keinen Eisprung hat, wird man auch nicht schwanger. Als ich das erste Mal zu meinem Grab gegangen bin, hatte ich geglaubt, für die Familiengründung nun viele Jahre Zeit zu haben. Mich mit der Tatsache abzufinden, dass ich niemals auf natürliche Weise Mutter werden konnte, fiel mir fast genauso schwer, wie zu akzeptieren, dass ich zukünftig keine Steaks mehr vertilgen konnte.
    »Du kannst nicht verleugnen, dass du seine Mom bist«, quasselte Cliiiiiive. »Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend.«
    A) Ich bin nicht seine Mutter. B) Soll das heißen, ich bin ein kleines Moppelchen mit zerzaustem Haar, das kein vernünftiges Wort zustande bringt und sich in die Hosen scheißt, wenn es nicht gerade dabei ist, sich über und über vollzusabbern? (Obwohl die Beschreibung durchaus zutreffen könnte, wenn ich da an diese Party in meinem ersten Jahr an der Uni denke. Nach dieser Nacht habe ich nie wieder Gingerale mit Wermut und Kakao angerührt.)
    »Ihr habt das gleiche Lächeln!«
    Lächelte ich etwa? Entsetzt legte ich mir die Hand auf den Mund, obwohl mir das Kompliment schon ein wenig schmeichelte. Cliiiiiive war ein cleverer Hund, er packte mich bei meiner Eitelkeit. Das war eine mächtige Waffe von geradezu nuklearen Ausmaßen.
    »Und er mag dich ganz sicher, he?«
    Warum konnte er nicht zu den Bösen gehören? Es war ziemlich selbstsüchtig von ihm, nicht zu den Bösen zu gehören. »Oh, na ja …« Ich entschloss mich zu einem Lächeln, und dann erinnerte ich mich, dass ich bereits lächelte. Oh, er war wirklich ein raffinierter Mistkerl! »Wir sind Geschwister. Ich bin also nicht seine Mutter, obwohl … nach dem Gesetz bin ich das irgendwie schon.« Lange Geschichte. Die Kurzfassung ist unverständlich und merkwürdig: verfluchter Verlobungsring, Müllauto, doppelte Beerdigung …
et voilà!
Es ist ein Junge. Aber ich hatte keine Lust, Cliiiiiive die ganze Geschichte zu erzählen. Zum einen ging es ihn nichts an. Und zum anderen ging es ihn nichts an.
    »Ah, mein Junge.« Sinclair griff nach seinem Schwager/Pflegesohn, doch Baby Jon erteilte ihm eine Abfuhr.
    »Plehhh!«, sagte er – oder so etwas Ähnliches.
    Ohne darüber beleidigt zu sein, streckte Sinclair die Hand aus, und Cliiiiiive schüttelte sie. »Ich habe Sie lange genug belästigt. Ich möchte Ihnen nochmals für Ihre Gastfreundschaft danken. Und bitte entschuldigen Sie, die … äh, Hinterlassenschaften der Welpen.«
    Hinterlas…? Oh. Wie eklig!
    »Hat sich Laura schon bei euch gemeldet?«
    »Ja!« Meine Stimmung heiterte sich sofort auf. »Sie ist vorbeigekommen, um mich anzubrüllen.«
    Mom schloss ein Auge und dachte nach. »Das gesungene Telegramm?«
    »Die Ballonsträuße.«
    »Ah. Zum Glück habe ich nicht darauf gewettet. Vor ein paar Tagen hat sie mich übrigens besucht.«
    »Laura kommt hierher? Um dich zu besuchen?« Okay, das war ein wenig merkwürdig, aber schließlich hatte ich keinen Besitzanspruch auf meine Mutter. (Das ist
meine
Mama! Laura hat ihre eigene! Oh. Stimmt ja.) Jetzt, da ich darüber nachdachte, war es völlig logisch. Laura hatte eine Schwäche für Mütter; sie war stets auf der Suche nach einer, die nicht abgrundtief böse war (wie Satan) oder dem Bösen sehr zugeneigt (wie Ant). Trotzdem erschien es mir merkwürdig, dass sie zu meiner Mom kam, weil … nun ja … sie war meine Mom, verfluchte Hacke!
    Oh ja, natürlich. Weil jetzt genau der richtige Zeitpunkt ist, um solche dämlichen Besitzansprüche zu

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