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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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sie mit leerem Blick in ihren Schrank schaute.
    Ich vermisse unsere Gespräche. Hatte er das auch zu anderen Frauen gesagt? In den zwei Jahren, seit sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie schwanger war, hatte sie Frank in seinem Stoddard-Dayton mit einer Frau nach der anderen neben sich durch die Stadt brausen sehen. Die Leute nannten sein Auto den »Gelben Teufel«, nicht nur wegen seiner Farbe und seiner Schnelligkeit, sondern auch, vermutete sie, wegen Franks Gleichgültigkeit gegenüber dem Klatsch. Es war ein demütigender Gedanke, dass er in ihr das Gleiche sehen könnte wie in diesen anderen Kundinnen oder künftigen Kundinnen oder wer oder was auch immer sie sein mochten.
    Als Mamah einen Blick auf die Uhr warf, stellte sie fest, dass es nur noch eine halbe Stunde war, bis Frank wie verabredet auf der Schwelle stehen würde. Sie zog ein weißes Oberteil und einen schwarzen Rock an, kramte in ihrer Schmuckschatulle nach der feinen Goldkette mit der einzelnen dicken Perle. Sie bürstete sich das Haar aus dem Gesichtund drehte es am Hinterkopf zusammen und beugte sich dicht vor den Spiegel, um prüfend ihr Gesicht zu betrachten. Sie wusste, dass sie das in letzter Zeit allzu oft getan hatte, auf der Suche nach weiteren Beweisen – als wären diese nötig gewesen –, dass sie fast neununddreißig Jahre alt war.
    Als das dünne Kind, das sie gewesen war, hatte sie ihre Züge sonderbar gefunden – ein ellenlanger Hals, ein im Verhältnis zu ihrer übrigen Gestalt eckiges Kinn, breite, hohe Wangenknochen, die ihr auf dem Schulhof den Spitznamen »Knochengesicht« eingetragen hatten. Die Hornbrille hatte ihre grünen Augen verborgen, von denen ihr Vater sagte, sie seien hübsch. Lediglich ihre gewölbten Brauen wären eventuell akzeptabel gewesen, wenn sie sich nicht so ärgerlich aufgeführt hätten. Sie gaben alles preis. »Du bist wütend«, sagte ihre Mutter und betrachtete den zusammengezogenen schwarzen Strich auf ihrer Stirn.
    Ungefähr im Alter von achtzehn Jahren war sie in ihr Gesicht hineingewachsen. Ihre schlaksigen Glieder wurden geschmeidig, und sie stellte fest, dass sie sich mit einer neuen Leichtigkeit in der Welt bewegte. Die Jungen, die sie früher gehänselt hatten, kamen jetzt zu Besuch.
    Durch das zurückgesteckte Haar sah ihr langer Hals hübsch aus mit der Perle, die in dem muschelförmigen Grübchen ihres Schlüsselbeins lag. Sie tupfte sich etwas Kölnisch Wasser auf das Handgelenk, nahm die Brille ab und zog die Schlafzimmertür hinter sich zu.
Kapitel 4
    »Wo sind sie alle?«, fragte Frank, als er in die Eingangshalle trat. Er reichte ihr die zusammengerollten Zeichnungen, die er unter den Arm geklemmt hatte, und nahm seinen langen Seidenschal ab.
    »Lizzie und Louise haben die Kinder zu Field’s mitgenommen.« Sie fühlte sich unbeholfen, als sie darauf wartete, seinen Mantel entgegenzunehmen, und so dicht neben ihm stand, dass sie den Duft seiner Rasierseife riechen konnte. Er war nicht größer als sie, und seine Augen – die einen immer so direkt musterten – waren auf derselben Höhe wie ihre, sodass sie ihnen unmöglich ausweichen konnte. Er schien zu strahlen; sein Gesicht war von der Kälte gerötet. »Ah, Field’s«, sagte er und holte mit gespieltem Ernst Luft, »der Gipfel der Zivilisation.«
    »Bei dir ist immer alles eine Frage des Geschmacks, nicht wahr?«, zog Mamah ihn auf und führte ihn ins Esszimmer. »Nun…« Er verdrehte die Augen in Richtung einiger sirup-rosafarbener Nelken, die auf der Anrichte standen. Sie hatte sie in einem Gewächshaus erstanden.
    »Ich weiß. Du sähst dort lieber einen abgestorbenen Zweig. Aber mir gefallen sie.«
    »Das ist gut.«
    »Sei nicht so gönnerhaft, Frank Wright«, sagte sie halb im Ernst. »Ich bin nicht irgendeine Kundengattin, die sich von dir einkleiden lässt.« Die Worte kamen falsch heraus, doch er wusste, was sie meinte. Sie war keine der Frauen, die ihm erlaubten – ihn sogar dafür bezahlten –, dass er ihr Porzellan entwarf, ihre Tisch- und Bettwäsche, sogar ihre Kleider, damit sie in ein Wright-Haus passten. Sie würde nicht zulassen, dass er ihr sagte, sie dürfe keine rosa Blumen auf ihren Kaminsims stellen.
    »Ich habe nie als Ehefrau eines Kunden an dich gedacht. Keine Minute.«
    Schon jetzt, dachte sie. Sie setzte sich an den Tisch, strich die Zeichnungen glatt. »Wo waren wir stehengeblieben, als wir dieses Projekt auf Eis gelegt haben? Es ist schon eine Weile her.«
    Er setzte sich ihr gegenüber auf einen

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