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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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herablassende Ton ging ihr allmählich auf die Nerven. Grace zögerte, sich diesem Grünschnabel anzuvertrauen. Sie hatte Informationen zurückgehalten, da die Wahrheit ihr wie Verrat vorgekommen wäre. Und außerdem – wie mochte die ganze Wahrheit in den Ohren von Fremden klingen?
    Tja, also ich habe da dieses komische Foto aus dem Fotolabor mitten unter den Abzügen meines Films über die Apfelernte in Chester gefunden, und mein Mann hat gesagt, er sei das nicht. Aber das ist schwer zu beurteilen, denn das Foto ist alt und dann hat Jack das Haus verlassen …
    »Mrs. Lawson?«
    »Ja bitte?«
    »Verstehen Sie, was ich Ihnen gesagt habe?«
    »Ich denke schon. Sie finden, ich reagiere hysterisch. Mein Mann ist mir davongelaufen. Und jetzt missbrauche ich die Polizei dazu, ihn mir zurückzuholen. So nach dem Muster läuft das doch, oder?«
    Daley ließ sich nicht beirren. »Bitte begreifen Sie doch. Wir können erst ermitteln, wenn wir Hinweise auf ein Verbrechen haben. Das sind die Vorschriften vom NCIC.« Er deutete erneut auf das Formular und fügte betont ernst hinzu: »Das ist das National Crime Information Center.«
    Sie hätte beinahe mit den Augen gerollt.
    »Auch wenn wir Ihren Mann finden, könnten wir Ihnen seinen Aufenthaltsort nicht mitteilen. Wir leben in einem freien Land. Er ist volljährig. Wir können ihn nicht zwingen, zurückzukommen.«
    »Dessen bin ich mir bewusst.«
    »Wir können natürlich ein paar Anrufe tätigen, vielleicht ein paar diskrete Nachforschungen anstellen.«
    »Na großartig!«
    »Wir brauchen die Automarke und das Kennzeichen.«
    »Er fährt einen Ford Windstar.«

    »Farbe?«
    »Dunkelblau.«
    »Baujahr?«
    Grace musste passen.
    »Kennzeichen?«
    »Fängt mit einem M an.«
    Officer Daley sah auf. Grace kam sich wie eine Idiotin vor.
    »Ich habe eine Kopie des Kraftfahrzeugscheins oben«, beeilte sie sich zu sagen. »Ich kann nachsehen.«
    »Benutzen Sie Kreditkarten an den Mautstellen?«
    »Ja.«
    Officer Daley nickte und notierte sich das. Grace lief in den ersten Stock hinauf und fand die Auto-Akte. Sie machte mit ihrem Scanner eine Kopie des Kraftfahrzeugscheins und übergab diesen Daley. Er schrieb etwas auf. Er stellte einige Fragen. Sie hielt sich an die Tatsachen: Jack war aus dem Büro nach Hause gekommen, hatte geholfen, die Kinder ins Bett zu bringen, war fortgefahren, vermutlich, um Lebensmittel einzukaufen … und nicht zurückgekommen.
    Nach gut fünf Minuten schien Daley zufrieden zu sein. Er lächelte und sagte, sie solle sich keine Sorgen machen. Sie starrte ihn nur schweigend an.
    »Wir melden uns in ein paar Stunden wieder bei Ihnen. Falls wir bis dahin nichts hören, unterhalten wir uns weiter.«
    Damit ging er. Grace rief erneut in Jacks Büro an. Es meldete sich noch immer niemand. Sie sah auf die Uhr. Es war fast zehn Uhr. Der Fotoladen musste jetzt öffnen. Gut.
    Sie hatte einige Fragen an Josh, den Sauerkrautbart.

6
    Charlaine Swain schlüpfte in ihre nagelneue, online bestellte Reizwäsche – ein Spitzen-Babydoll mit passendem G-String – und öffnete die Jalousie ihres Schlafzimmerfensters.
    Etwas stimmte nicht.
    Es war Donnerstag. Donnerstag 10 Uhr 30. Charlaines Kinder waren in der Schule. Ihr Mann Mike saß mittlerweile an seinem Schreibtisch in der City, das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt, die Finger damit beschäftigt, die Hemdsärmel rauf und runter zu krempeln, den täglich strammer sitzenden Hemdkragen zu lockern, und zu stolz, sich die Notwendigkeit einzugestehen, zur nächsthöheren Hemdgröße übergehen zu müssen.
    Ihr Nachbar, ein unappetitlicher Sonderling namens Freddy Sykes, müsste erfahrungsgemäß zu Hause sein.
    Charlaine warf einen Blick in den Spiegel. Das kam nicht oft vor. Sie musste ja nicht ständig daran erinnert werden, dass sie die vierzig überschritten hatte. Was ihr aus dem Spiegel entgegensah, war noch immer recht passabel, wie sie fand, wobei das leichte Stützkorsett unter dem Babydoll half – aber ihre einst drallen, fraulichen und kurvenreichen Formen waren schlaffer und konturloser geworden. Oh, selbstverständlich absolvierte Charlaine ein Fitnessprogramm. Sie machte Yoga – Yoga war jetzt in – an drei Vormittagen der Woche. Sie hielt sich fit, kämpfte gegen das offensichtlich Unvermeidliche und hielt auch noch streng daran fest, während ihr einiges andere bereits entglitt.
    Was war mit ihr geschehen?
    Lassen wir die rein physische Komponente für einen Moment beiseite. Die junge

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