Kein Drehbuch für die Liebe (Junge Liebe )
Zeit für mich und Zeit zum Nachdenken.
IX
Eine zweite Chance
Ich konnte nicht glauben, was ich gerade gesehen hatte. Für mich war es unvorstellbar, sich derartig in Tom geirrt zu haben. Sollte mein Glück etwa von nur so kurzer Dauer gewesen sein? Immer wieder bekam ich das Bild vor Augen, wie die beiden sich vor dem Haus geküsst hatten.
Die Erkenntnis, dass ich womöglich nur ein Lückenfüller in Toms Leben war, tat weh. Warum war ich nur so dumm gewesen?
‚ Sie waren echt das süßeste Pärchen ...', schwirrten mir Phils Worte durch den Kopf.
Ich war lediglich eine Art Ersatz für Chris gewesen und jetzt, wo dieser da war, wurde der Ersatz nicht mehr gebraucht. Es durchströmten mich so viele Gedanken, dass ich nicht einmal mitbekam, wie sich mir langsam jemand von hinten näherte. Doch dann vernahm ich ein lautes Knacken, als eben dieser auf einen Stock trat. Erschrocken drehte ich mich um und erkannte Tom im schwachen Licht des Mondes. Ich blickte ihn kurz an und wandte den Blick gleich darauf wieder ab. Angst und zugleich Wut breiteten sich in mir aus. Wut, weil er Chris geküsst hatte und Angst, weil ich befürchtete, dass er es sich mit mir anders überlegt hatte. Dennoch fragte ich mich, warum er überhaupt hier und nicht mehr bei Chris war?
„Dan?", begann Tom leise, während er sich neben mich auf einen gefällten Baumstamm setzte.
Meine Stirn legte sich in Falten. Ich starrte geradeaus und war zu keiner Antwort fähig.
„Dan, es tut mir so leid!", sagte er mit gedrückter Stimme. „Ich wollte das nicht. Ehrlich. Als Chris plötzlich da war, habe ich einfach alles um mich herum vergessen. Die ganzen Erinnerungen sind wieder in mir hochgekommen und dann haben wir uns plötzlich geküsst. Wir sind dann reingegangen und küssten uns dort weiter. Aber dann konnte ich nicht weitergehen, weil ich an dich denken musste. Ich mag Chris noch immer sehr, aber ich ...", weiter sprach er nicht. Er zitterte am gesamten Körper. Jedes seiner Worte hatte er stockend statt fließend hervorgebracht.
„Aber was?", fragte ich zurück und merkte selbst, wie kalt ich dabei klang.
„Aber er ist nicht mehr als ein Freund, weil ich ... Dan, ich bin in dich verliebt. Seit langem."
Sobald er ausgesprochen hatte, zog er die Luft stark ein und betrachtete mich nervös von der Seite.
„Wenn du jetzt sauer bist und nichts mehr mit mir zu tun haben willst, kann ich das verstehen", sagte er. „Wir sind ja gerade mal ein paar Stunden zusammen und schon habe ich dich verletzt."
Ich wusste nicht genau, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Am liebsten hätte ich Tom umarmt, doch irgendetwas hielt mich davon ab. Die ganze Wut war bereits wieder verschwunden, denn ich war trotz seines Ausrutschers dankbar dafür, dass er sich dennoch für mich entschieden und Chris deshalb sogar abgelehnt hatte.
„Vielleicht sollte ich noch heute heimfahren", begann ich.
Toms Atmung beschleunigte sich.
„Wenn du das willst", sagte er. „Ich kann dich wohl kaum davon abhalten, oder? Ich kann dir nur sagen, dass ich das alles nicht wollte und ich nicht möchte, dass du fährst."
„Und ich möchte nicht das Gefühl haben, nur ein Ersatz für Chris zu sein", erwiderte ich kühl.
„Das...", begann er laut, doch unterbrach ich ihn.
„Und da ich dieses Gefühl jetzt, wo du hier auftauchst und zu deinem Fehler stehst, nicht mehr habe, denke ich, dass ich vielleicht doch bleiben kann."
Tom blickte mich voller Entsetzen an, ungläubig über das, was ich soeben gesagt hatte. Hilflos saß er neben mir. Ich beugte mich schließlich vor und gab ihm einen zurückhaltenden Kuss auf die Lippen. Als ich mich wieder von ihm löste, bemerkte ich, dass er mich noch immer fassungslos anschaute.
Lachend schüttelte ich meinen Kopf und legte meine Hand in seinen Nacken. Vorsichtig bewegte ich mich erneut auf ihn zu. Dieses Mal schien er zu verstehen und erwiderte den Kuss zärtlich. Unsere Küsse wurden mit einem Mal viel intensiver. Ich zog Tom näher an mich heran und spürte eine innere Gänsehaut in meinem Körper.
Nach einer Weile lösten wir uns voneinander und lehnten unsere Stirn gegeneinander. Leise schnappten wir nach Luft.
Mit einem Mal nahm Tom seine Hand und drückte mein Kinn mit sanfter Gewalt nach oben, so dass ich ihn ansehen konnte. Er lächelte verträumt und ließ seine Augen langsam zufallen, bis ich seine Lippen erneut auf den meinen spürte. Ich merkte, dass Tom seinen Mund nach jedem Kuss ein
Weitere Kostenlose Bücher