Kein Durcheinander
konnte sich ja gar nicht darüber unklar sein; Mrs. Evangelina Scorbitt hätte sich glücklich geschätzt, wenn… Doch Mr. J. T. Maston war, mindestens bisher, noch nicht so glücklich gewesen, um… Und so erschien es ausgemacht, daß diese beiden, so gut zu einander passenden Wesen – das war wenigstens die Ansicht der zärtlichen Witwe – niemals dazu gelangen sollten, jene Verwandlungen durchzuführen.
Die Cottage war ein recht einfaches Gebäude. Ein Erdgeschoß mit Veranda und ein Stockwerk darüber. Unten befanden sich ein kleiner Salon und ein Speisezimmer nebst Küche und Vorrathskammer, letztere in einem Anbau nach der Seite eines Gärtchens zu gelegen; oben ein Schlafzimmer an der Straßen-und ein Arbeitszimmer nach der Gartenseite zu, in welches kein Lärmen von außen eindrang. Es war das Buen Retiro des Gelehrten und Weisen, zwischen dessen Mauern so viele Rechnungen geführt worden waren, daß Newton, Laplace oder Cauchy darum hätte neidisch werden können.
Welcher Unterschied gegenüber dem im reichsten Straßenviertel des New-Park sich erhebenden Hotel der Mrs. Evangelina Scorbitt, diesem Palaste mit balcongeschmückter Façade, welche reizend erfundene Sculpturarbeiten angelsächsischer Architektur im Stile der Gothik und der Renaissance bedeckten; mit den reich ausgestatteten Salons, der großartigen »Halle«, den Bildersälen, in denen französische Meister die erste Stelle einnahmen; mit der doppelwangigen Treppe; der zahlreichen Dienerschaft; mit seinen Pferdeställen, Wagenschuppen, seinem Garten mit Rasenteppichen, großen Bäumen und plätschernden Springbrunnen, und endlich mit dem das ganze Bauwerk beherrschenden Thurm, auf dem die blau-goldene Hausflagge der Scorbitt’s im Winde flatterte.
Drei (englische) Meilen, ja, drei volle, richtige Meilen trennten das Hotel im New-Park von der Ballistic-Cottage. Ein besonderer Telegraphendraht verband aber die beiden Wohnungen, und auf ein »Halloh! Halloh!« – das Zeichen für eine beabsichtigte Mittheilung – begann dann nicht selten eine längere Unterhaltung. Wenn die Sprechenden sich nicht sahen, konnten sie einander doch hören. Es wird Niemand Wunder nehmen, daß Mrs. Evangelina Scorbitt weit häufiger J. T. Maston vor ihre vibrirende Telephonplatte rief, als J. T. Maston seine reiche Partnerin vor die seinige. Dann verließ der Rechenmeister stets etwas ärgerlich seine Arbeit und hörte gelegentlich wohl weiter nichts als ein freundliches »Guten Morgen!«, das er mit einem knurrenden Gegengruße erwiderte, dessen etwas ungalante Tonart der elektrische Draht jedenfalls gemildert fortpflanzte, und dann nahm er seine Arbeit wieder auf.
Im Laufe des 3. October war es, wo J. T. Maston nach einer letzten und langen Verhandlung sich von seinen Collegen verabschiedete, um seine Aufgabe in Angriff zu nehmen, eine höchst bedeutungsvolle Aufgabe, der er sich unterzogen denn es handelte sich um Berechnung der mechanischen Maßnahmen, welche den Zugang zum Nordpole ausführbar machen und die Möglichkeit sichern sollten, die unter seinem Eise vergrabenen Schichten auszunutzen.
J. T. Maston hatte schätzungsweise eine Frist von acht Tagen beansprucht, um sich seines geheimnißvollen, höchst verwickelten und dabei vertraulichen Auftrages zu entledigen, der die Aufstellung verschiedener Gleichungen, welche die Gebiete der reinen Mechanik, der analytischen, dreidimensionalen Geometrie, die polare Geometrie und die Trigonometrie berührten, nothwendig machte.
Der Präsident des Gun-Club.
Um jeder Störung enthoben zu bleiben, war ausgemacht worden, daß der in seiner Cottage zurückgezogene Schriftführer des Gun-Club von Niemand besucht oder sonstwie in Anspruch genommen werden sollte – für Mrs. Evangelina Scorbitt freilich ein harter Schlag, dem sie sich aber doch fügen mußte. So war sie denn gleichzeitig wie der Präsident Barbicane, der Kapitän Nicholl und deren Collegen, der quecksilberne Bilsby, der Oberst Bloomsberry und Tom Hunter mit den Stelzbeinen, im Laufe des Nachmittags gekommen, um J. T. Maston einen letzten Besuch abzustatten.
Auf der Ecke der Tafel wurde diese Ziffer eingetragen… (S. 75.)
»Es wird Ihnen gelingen, lieber Maston! sagte sie, als die Anwesenden sich schon trennen wollten.
– Und jedenfalls hüten Sie sich vor einem Rechenfehler! bemerkte lächelnd der Präsident Barbicane.
– Einen Rechenfehler!… Er!… rief fast entrüstet die Dame.
– Nicht mehr und nicht weniger als der
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