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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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»Ich habe festgestellt, daß sie ermordet wurde«, antwortete ich spaßhaft.
    Der arme Mann schaute recht mißtrauisch drein und fragte sich zweifellos, ob er nun derjenige war, der zum Narren gehalten wurde.
    »Die Frage bleibt, Inspektor«, fügte ich hinzu, »von wem sie ermordet wurde?«
    »Von Will Tadlock!« fuhr er mich an. »Sie scheinen nicht zu verstehen, Madam, daß ich hier nicht irgendein Spiel spiele!«
    »Mein lieber Inspektor«, sagte ich, wobei ich mich nicht im geringsten durch seinen plötzlichen Ausbruch verunsichert fühlte, »das Leben selbst ist ein Spiel. Warum sollte es nicht auch der Tod sein?«
    Buschige Augenbrauen zogen sich zusammen, während sich seine Augen für eine, wie es schien, ewige Zeit in die meinen bohrten. Ein kurzes »Schönen Tag noch, Madam« wurde mir entgegengebracht, ebenso wie ein anschließendes kurzes Tippen an seine Melone, woraufhin er sich entschlossenen Schrittes zum Karren begab. Der Constable hatte schon die Zügel in der Hand, und Will saß niedergeschlagen hinten, während der Inspektor mühsam auf das Gefährt kletterte. Als sie ihre Reise nach Twillings begannen, schrie der junge Kerl flehend zu mir herüber: »Helfen Sie mir, Mrs. Hudson. Sie glauben mir doch, das weiß ich!«
    Ihm helfen? Ich wünschte, ich könnte es. »Ich versuche es, Will Tadlock. Ich versuche es«, rief ich mit einem Lächeln, das meine Zweifel verriet.
    Während sie in der Ferne verschwanden, unternahm ich noch eine letzte ausführliche Suche nach dem fehlenden Ohrring, indem ich sorgfältig den Boden in Augenschein nahm, auf dem die Leiche gelegen hatte. Unglücklicherweise fand ich nichts. Mit einem Seufzer erhob ich mich, und da ich bemerkte, daß sich der zuvor sanft prasselnde Regen nun zu einem ausgereiften stürmischen Guß entwickelte, legte ich mir rasch den Schal um den Kopf und zog mich geschwind zum Gutshaus zurück.

9. Ein Gespräch unter vier Augen
     
    »Die anderen sind also fort, Hogarth?« fragte ich, als ich den alten Herrn sah, der gerade die Tür zum Musikzimmer hinter sich schloß.
    »Vor knapp fünf Minuten, Mrs. Hudson.«
    »Mrs. Warner ebenfalls?«
    Er nickte bestätigend und fügte hinzu: »Sie bat mich, Ihnen zu sagen, Sie würden sich spätestens zum Dinner sehen.«
    Ich legte einen Zeigefinger auf mein Kinn und starrte auf den Boden – eine Geste, so sagt man, die ich gewöhnlich mache, wenn ich verwirrt oder in Gedanken versunken bin.
    »Vergeben Sie mir, Hogarth«, sagte ich und wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem alten Herrn zu, »aber ich bin etwas überrascht, daß Sie die Familie und das Personal nicht zu dem Beerdigungsgottesdienst begleitet haben.«
    »Ich hielt es für das beste, Madam, daß jemand während der Abwesenheit der Familie auf Haddley bleibt.« Er hielt inne, fragte sich zweifellos, ob ich Anspruch auf eine weitergehende Erklärung hatte, und bemerkte dann: »Ich werde ohnehin das Grab aufsuchen, um Ihrer Ladyschaft persönlich zu einem geeigneteren Zeitpunkt die letzte Ehre zu erweisen.«
    Ich war erleichtert, daß er ausführlicher geworden war, denn ich glaubte, es wies darauf hin, daß er nichts dagegen hatte, mir gegenüber etwas offener zu sein, als er oder seine Position es normalerweise zuließen. Ein gutes Zeichen. Ich brauchte sein Vertrauen.
    Ich machte es mir auf einem reichlich gepolsterten und äußerst komfortablen Ledersofa bequem. Während ich auf den Platz neben mir klopfte, fragte ich: »Würde ich gegen irgendeine Regel des gesellschaftlichen Anstandes verstoßen, wenn ich Sie bäte, sich zu mir zu setzen, damit wir ein wenig miteinander plaudern könnten?« Meine Bitte schien den alten Herrn ziemlich zu verblüffen. Nach einem kurzen nervösen Zögern setzte er sich jedoch neben mich.
    »Sie haben sich also entschieden zurückzubleiben, nicht wahr – wie ein Kapitän, der sich weigert, sein Schiff zu verlassen«, begann ich das Gespräch unbeschwert.
    »Madam benutzt den Jargon eines Menschen, der mit der See vertraut ist«, lautete die steife und formelle Antwort.
    Ich erwiderte, daß sowohl mein Gatte als auch mein Vater den Großteil ihres Lebens zur See gefahren waren und fügte hinzu, daß mein Vater und sein Schiff auf einer Fahrt vor der Küste von Westmalaysia in einem Sturm verunglückt waren.
    Das alte Gesicht nahm vor Mitgefühl sanfte Züge an, als er die Geschichte hörte. »Es tut mir leid, dies zu hören, Mrs. Hudson. Für welche Gesellschaft fuhr er?«
    Die Frage nach der Gesellschaft

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