Kein Fall fuer Wilsberg
Sie mich nicht, woher, aber Sie wußten, daß er tatsächlich erpreßt wurde, und Sie vermuteten oder ahnten, daß er an dem Abend, als wir hier Ludgers Geburtstag feierten, eine Verabredung mit seinen Erpressern hatte. Also sind Sie ihm nachgefahren oder waren«, ich guckte Willi Voß an, »bereits in der Werkshalle. Dann sahen Sie, daß Jochen Streit mit den Erpressern bekam. Er wurde zusammengeschlagen und lag bewußtlos am Boden. Einer von Ihnen, vielleicht auch zwei oder alle vier hoben ihn auf die Presse und stellten das Gerät an, so daß Jochens Brustkorb langsam zermalmt wurde und er einen qualvollen Tod sterben mußte. Haben Sie einen Aschenbecher?«
Der Aschekegel meines Zigarillos war bedrohlich angewachsen. Ludger stand auf und stellte ein bernsteinfarbenes Monstrum auf das Tischchen neben meinem Sessel.
Willi Voß war puterrot angelaufen, Kleinmann rutschte unruhig in seinem Sessel herum, Ludgers Gesicht war von krankhafter Blässe, und der alte Große-Hülskamp hatte sich in eine steinerne Sphinx verwandelt. Das milde Lächeln, das seine Lippen umspielte, behagte mir gar nicht.
Schließlich sagte Kleinmann: »Haben Sie einen Beweis für das, was Sie hier zum Besten geben?«
Ich hatte einen Schuß ins Blaue gewagt und, das konnte man an der Körpersprache der Umsitzenden unschwer ablesen, einen Volltreffer gelandet. Aber plötzlich wurde mir klar, daß mich genau das vor ein großes Problem stellte: Wer garantierte eigentlich für meine Sicherheit?
Ich machte eine arrogante Armbewegung. »Natürlich habe ich Beweise. Ich werde Ihnen jedoch nicht den Gefallen tun, alle Karten auf den Tisch zu legen. Schon zu meiner eigenen Sicherheit.«
»Unsinn«, sagte Alfons. »Nichts hat er. Er trommelt auf den Busch.«
»Weiß jemand, daß du hier bist?« fragte Ludger.
»Und ob«, log ich verzweifelt. »Kiki weiß über alle meine Schritte Bescheid. Und auch mit Hauptkommissar Stürzenbecher habe ich über den Verdacht gesprochen.«
»Wie sagten Sie doch vorhin: Sie hätten eine Erleuchtung gehabt?« höhnte Alfons. »Sie sind aufs Geratewohl ums Haus geschlichen und haben uns gesehen. Das ist alles.« Er gab Ludger einen Wink. »Ruf Christiane an! Frag sie mal, wo ihr Brüderchen ist!«
Die Herrenrunde versank erneut in Schweigen. Ich kratzte mich am Handgelenk und suchte nach einem Ausweg.
»Lassen Sie das!« sagte Alfons.
»Bitte?«
»Hören Sie auf mit dieser Kratzerei! Das sieht ja unanständig aus.«
»Das ist Neurodermitis, eine Krankheit, die Juckreiz verursacht.«
»Na und? Jeder Mann kann seine Würde bewahren, wenn er nur genügend Willen aufbringt.«
Ludger kam zurück und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, sie weiß von nichts.«
»Hah!« machte der Alte. »Dachte ich’s mir doch. Sie waren ein lausiger Rechtsanwalt, Wilsberg, und Sie sind ein noch schlechterer Privatdetektiv.«
»Wie Sie meinen«, sagte ich und stand auf, »dann darf ich mich wohl zurückziehen.«
»Bleiben Sie!« krächzte Alfons. »Die Unterhaltung fing gerade an, spannend zu werden.«
Jetzt erhob sich Kleinmann. »Damit will ich nichts zu tun haben.«
»Und Sie bleiben auch!« donnerte Alfons ihn an. »Wir stehen die Sache gemeinsam durch, oder wir gehen gemeinsam unter.«
»Oh nein«, protestierte Kleinmann, »Sie wollen doch nicht etwa noch einen…«
»Idiot!« brüllte Alfons. »Sie sind ein verdammter Sesselfurzer, Kleinmann.«
»Also bitte! Nicht in diesem Ton!« Dann setzte er sich wieder.
Alfons schenkte mir eine Ansicht seiner Dritten Zähne. »Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn, wie unsere Bauern zu sagen pflegen. Sie sind eine Gefahr für die Menschheit, Wilsberg. Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen.«
»Was sollen wir mit ihm machen?« erkundigte sich Voß.
Ich warf einen letzten Rettungsanker aus. »Wie wäre es mit einem Schweigegeld? Gegen eine angemessene Summe könnte ich mich entschließen, den Mantel des Vergessens über die Angelegenheit zu breiten.«
Alfons lachte mich aus, er schüttete sich geradezu aus vor Lachen. »Sehr komisch, Wilsberg, wirklich, sehr komisch. Glauben Sie, daß ich auf diesen Schmus hereinfalle?«
»Vater, ich bitte dich!« sagte Ludger. »So witzig finde ich das nicht.«
Alfons wurde augenblicklich ernst. »Du hast recht, Ludger. Wir sollten sorgfältig überlegen, was wir als nächstes tun. Schafft dieses Subjekt erst einmal in den Keller! Und seht zu, daß Ursula davon nichts mitbekommt!«
»Da mache ich nicht mit«, sagte Kleinmann. »Ich
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