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Kein Fall fuer Wilsberg

Kein Fall fuer Wilsberg

Titel: Kein Fall fuer Wilsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kehrer
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gemacht. Umwelttechnik, Innenausbau, mit sanfter Energie und ohne Tropenholz, sowas in der Richtung.
    »Georg, alter Hund!«
    Sigi schob einen dritten Sessel zum Rauchtisch.
    »Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen, daß ich mal zu einem Privatdetektiv gehe. Aber dann dachte ich: dein alter Freund Georg ist nicht so ein schmieriger Polaroid-Heini, mit dem kannst du reden.«
    Er war nicht mehr selbständig. Das Geschäft mit den umweltfreundlichen Innenausbauten war nicht so gut gelaufen. Er arbeitete jetzt für eine große Firma, war viel unterwegs und bezog ein gutes Monatsgehalt. Ich berichtete von meinem Unfall. Er hatte es in der Zeitung gelesen.
    Nach zehn Minuten stand ich auf und griff zu meinem Stock. »War nett, dich zu treffen, Gerd. Ich muß jetzt los.«
    »Aber…«, er machte große Augen, »… ich habe doch noch gar nicht gesagt, weswegen ich hier bin.«
    »Sie ist die Chefin.« Ich zeigte auf Sigi. »Ich bin nur zu Besuch.«
    »Und dein Name an der Tür?«
    »Ich habe die Detektei aufgebaut, sie hat sie mir abgekauft.«
    »Warte mal! Kannst du dir nicht wenigstens die Geschichte anhören? Es ist etwas, daß man lieber…«, er zögerte und wurde rot, »… einem Mann erzählt.«
    »Okay.« Ich ließ mich wieder auf den Sessel fallen. »Ich höre mir die Geschichte an. Aber mehr nicht.«
    Gerd vermied den Blickkontakt mit Sigi, die sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
    »Es ist, wie soll ich sagen, ich bin eben viel unterwegs, und meine Frau, Charlotte, du kennst doch Charlotte, sitzt alleine zu Hause. Nach der Fehlgeburt hat sie ihren Job aufgegeben. Sie meint, daß der Streß dafür verantwortlich sei, daß sie… Egal, sie muß ja nicht arbeiten, ich verdiene genug. Es ist nur… Man kommt ins Grübeln, wenn man in einem Hotelzimmer sitzt und sich fragt, was die eigene Frau wohl gerade treibt. Dann greift man zum Telefon und läßt es klingeln. Na ja, klar, sie war bei einer Freundin, warum auch nicht? Aber man wird eben doch mißtrauisch. Man entdeckt eine unbekannte Telefonnummer auf einem Zettel oder ein Feuerzeug mit der Aufschrift einer Kneipe. Lauter so kleine Sachen, die sich einzeln vielleicht erklären lassen. Kurz und gut, worauf ich hinauswill, ist: Macht sie mit einem Typen rum oder nicht? Die Geschichte ruiniert meine Nerven. Wenn die nächste Geschäftsreise näherrückt, mache ich mir vor Aufregung fast in die Hose. Allein die Vorstellung, daß sie sich von so einem Gigolo bespringen läßt…«
    »Wir machen keine Ehesachen«, sagte ich. »Kant hat mal geschrieben, daß die Ehe ein Vertrag zur gegenseitigen Nutzung der Geschlechtsorgane sei. Das schließt eine Nutzung durch Dritte nicht aus.«
    »Was?« sagte Gerd.
    »Ich meine, ob deine Frau einen Liebhaber hat oder nicht, ist ihre Privatsache. Ich möchte mich da nicht einmischen.«
    »Wir machen alles«, mischte sich Sigi ein. »Wir nehmen Ihren Auftrag gerne an.«
    Gerd guckte von mir zu Sigi und wieder zurück.
    »Sie ist die Chefin«, sagte ich.

IV
    Warenfeld liegt nur etwa dreißig Kilometer von Münster entfernt, aber es ist eine andere Welt. Während sich Münster, kraft seiner großen Uni, aus dem westfälischen Provinzialismus zu einer gewissen Weltoffenheit hochgearbeitet hat, herrscht auf dem platten Land ringsum noch immer die heilige Allianz von katholischer Kirche und Christdemokratie. Daß die Pfarrer von der Kanzel nicht mehr die Namen der Frauen ausrufen, die unehelich Kinder zur Welt gebracht haben, ist schon als Fortschritt anzusehen.
    Auch in Warenfeld schimmerte das Dorf an allen Ecken und Enden durch. Natürlich war es inzwischen eine Stadt, mit knapp zehntausend Einwohnern sogar ein (wie es im Landratsdeutsch heißt) Unterzentrum. Das heißt, es gab einen Aldi, eine italienische Eisdiele und ein griechisches Restaurant.
    Vor ein paar Jahren hatte man damit begonnen, die Innenstadt zu restaurieren. Die zehn Häuser rund um die Kirche wurden backsteinrot hergerichtet, dazwischen Kopfsteinpflaster mit Nostalgielampen, die die Szenerie entsprechend beleuchteten. Das Ganze sah aus wie eine zu groß geratene Puppenstube. Sauber und ordentlich. In Warenfeld traute sich kein Hund, ungefragt auf die Straße zu kacken. Aber mir mußte es ja auch nicht gefallen, Hauptsache, den Warenfeldern gefiel es.
    Ich umfuhr die Innenstadt, denn die Villa der Große-Hülskamps lag etwas außerhalb, auf einer kleinen, buschbestandenen Anhöhe. Sie war aus Baumberger Sandstein gebaut, also beigegrau meliert. Der

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