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Kein Fall fuer Wilsberg

Kein Fall fuer Wilsberg

Titel: Kein Fall fuer Wilsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kehrer
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Grohü GmbH zu erzählen.
    »Dann arbeitest du also doch wieder als Detektiv?«
    »So würde ich das nicht sehen. Es ist ein Akt von tätiger Bruderhilfe.«
    Sie bestand darauf, daß ich mich am nächsten Tag in unserem alten Büro am Prinzipalmarkt sehen ließ. Ich versprach, am späten Vormittag vorbeizukommen.
    Für den Marsch brauchte ich eine halbe Stunde, und mein Bein schmerzte ziemlich, als ich die steingewordene Verbindung von altehrwürdigem Aussehen und modernen Luxuskonsumtempeln endlich erreichte.
    Der Prinzipalmarkt hatte sich geschmückt wie ein Pfingstochse. Überall Wimpel, Fahnen und Luftballons. Plakate mit dem Signet eines demolierten Fahrrads verkündeten, daß Münster sein 1200jähriges Stadtjubiläum feierte. Ich erinnerte mich, daß der von Karl dem Großen in den Wilden Osten seines Reiches geschickte Mönch Liudger im Jahr 793 den in der Gegend von Münster siedelnden Sachsen eins auf die Mütze gegeben hatte. Anschließend hatte er, vom Ergebnis seiner Missionstätigkeit wohl selbst nicht so recht überzeugt, ein wehrhaftes Kloster gegründet, eben jenes Monasterium, aus dem später Münster wurde.
    Nun hätte man, zumal in Zeiten eines irgendwie zusammenwachsenden Deutschlands, auch die heidnischen Sachsen zur Stadtgeschichte rechnen können, aber dann wäre dabei sicher nicht so eine runde Zahl herausgekommen.
    Und der ehemalige Wirtschaftsminister, der jetzt zum Ende seiner Rede kam, hätte nicht pathetisch ausrufen können, daß Münster eine Zukunft habe. Welche Zukunft das sein sollte, sagte er nicht, aber dem Volk war’s egal. Es wendete sich den Buden zu, die Jubiläumsbier und phosphatbeschichtete Lebensmittel in Wurstform verkauften. Und prompt gab es auch Freilärm für alle, verursacht von einer münsterschen Nachwuchsrockband.
    Ich quälte mich durch das Gewühl und flüchtete in einen Hauseingang, den ein frisches Schild zierte: »Detektivagentur Wilsberg, Inhaberin Sieglinde Bach«.
    Zwei Etagen höher stieß ich auf eine Vorzimmerdame mit kunstvoll schwarzumränderten Augen. Frau Bach sei in ihrem Büro, erwiderte sie mit fernöstlichem Akzent auf meine diesbezügliche Frage.
    Ich klopfte und trat ein.
    Sigi nahm ihre Brille ab, stand auf und fiel mir um den Hals. Sie sah gut aus in ihrem langen schwarzen Kleid auf gebräunter Haut.
    »Seit wann trägst du eine Brille?« fragte ich.
    Sie grinste schelmisch. »Fensterglas. Aber es wirkt. Die Klienten halten dich für kompetenter.«
    Sie lotste mich zu der Sitzgruppe an der Seitenwand und übertrieb die Fürsorge etwas.
    »Ich bin doch kein Pflegefall«, protestierte ich.
    »Und was macht dein Bein?«
    »Na ja, es ist immer noch mehr Metall drin, als andere Leute in ihrem Portemonnaie haben, aber solange ich keinen Sprint einlege, komme ich zurecht.«
    Sigi erzählte von Koslowski und Eger, meinen getreuen Paladinen, die sie jetzt mit Lohnsteuerkarte beschäftigte. Ich interessierte mich mehr für die neue Sekretärin.
    »Aishe? Eine Seele von Mensch. Sie liest mir die Wünsche von den Lippen ab.«
    »Ich glaube, ich habe dich als Sekretärin unterfordert«, stellte ich fest.
    »Das stimmt. Als Chefin fühle ich mich wohler. Willst du wirklich nicht mit mir zusammenarbeiten?«
    »Wirklich nicht. Ich habe in der Karibik über mein Leben nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß ich in Zukunft weniger, ungefährlicher und ruhiger arbeiten möchte. Vielleicht schreibe ich einen Roman.«
    »Eine Detektivgeschichte?«
    »Nein. Die Geschichte eines Aussteigers, der sich in der Karibik selbstverwirklicht.«
    Sigi rümpfte die Nase. »Das ist doch 60er Jahre-Kitsch. Das will heute kein Mensch mehr lesen.«
    »Dann mache ich eben eine Kneipe auf.«
    »Georg, Georg« murmelnd und mit dem Kopf wackelnd stand Sigi auf und ging zu ihrem Schreibtisch, weil sich Aishe über die Sprechanlage gemeldet hatte. Ein Herr Sonn stünde im Büro und wolle der Detektei einen Auftrag erteilen. Sigi gab die Anweisung, ihn auf später zu vertrösten.
    »Gerd Sonn?« rief ich dazwischen.
    Aishe bestätigte es, nachdem sie die Frage weitergeleitet hatte.
    »Laß ihn reinkommen!« bat ich Sigi. »Gerd Sonn ist ein alter Kumpel von mir.«
    Dann stand er in der Tür, mit schütter gewordenem Haar und einem Bauch, der sich durch keine noch so weit geschnittene Jacke kaschieren ließ. Ich kannte ihn vom Studium her, und später hatten wir gelegentlich ein Glas Bier zusammen getrunken. Er hatte die Beamtenlaufbahn ausgeschlagen und sich selbständig

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