Kein Fleisch macht gluecklich
regelmäßig Auslauf haben. Dennoch lebt nach Angaben des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft etwa ein Drittel der ökologisch gehaltenen Milchkühe in Anbindehaltung. In kleinen Biobetrieben wird sie auch künftig erlaubt bleiben, sofern die Tiere Sommerweidegang haben und im übrigen Jahr zweimal wöchentlich für eine Stunde rausdürfen. Gerade für die Kälber mit ihrem hohen Bewegungsdrang ist die Anbindehaltung eine Tortur.
Auch ein Viertel aller Mastrinder lebt noch in Anbindehaltung. Knapp drei Viertel der Mastrinder leben in sogenannten Laufställen, wo sie immerhin Bewegung bekommen, auch wenn der Platz oft eng bemessen ist. Die Mehrheit der Laufställe besitzt allerdings Spaltenböden, die häufig Gelenk- und Klauen-, also Hufverletzungen verursachen. Die Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung findet für die Laufställe den Ausdruck »Schleich«-Stall treffender, da die Rinder auf dem rutschigen, vollgekoteten Boden lediglich schleichen können. Besser sind Laufställe mit sogenanntem Festmist, wo Kot und Harn nicht durch Spalten ablaufen, sondern mit der Einstreu, idealerweise Stroh, einen trittfesten Belag bilden. Wenigstens ein gutes Drittel aller Mastrinder durfte nach Angaben der jüngsten Landwirtschaftszählung des Statistischen Bundesamtes im Sommerhalbjahr 2009 meist ganztags auf die Weide. Entgegen manch trügerischen Klischees liegt Bayern mit nur 13 Prozent beim Anteil der Weidegänger ganz hinten, weiß das Statistische Bundesamt. Aber selbst eine Weidehaltung sei per se noch längst keine freie Rinderhaltung, findet Landwirt Maier. Dazwischen könnten Welten liegen. So ließe man in der noch recht natürlichen Mutterkuhhaltung zur Erzeugung von Fleischrindern die Tiere in aller Regel auf die Weide, diese Haltungsform habe aber den Nachteil, dass man nach sieben bis neun Monaten die Jungtiere von den Muttertieren trenne, etwa um sie im Stall weiter zu mästen. Das traumatisiere Kälber und Mütter, erzählt Maier. »Die Tiere schreien dann in der Regel drei Tage und drei Nächte am Stück.«
Die Kuh, die lacht
Man erreiche nie eine artgemäße Haltung, wenn man lediglich die bestehenden Haltungsbedingungen verbessere, aber an den Zielsetzungen festhalte, möglichst viel oder möglichst gutes Fleisch, gute Milch oder was auch immer zu produzieren, glaubt Maier. Man könne den Nutztieren so höchstens das Leben erleichtern. Artgemäß könne eine Haltung nur sein, wenn sie sich kompromisslos nach den Bedürfnissen der Tiere richte. Dabei sei deren vollständige Befriedigung sogar vergleichsweise einfach. Maiers Philosophie: Zuerst das Interesse der Tiere, dann darf man nach der Wirtschaftlichkeit schauen und wie beides zusammengeht. Und dass es zusammengehen kann, hat er bewiesen.
Uria nennt er seine Tiere, benannt nach dem Auerochsen oder Ur, der Wildform unserer Hausrinder. Seine Fleckvieh-Herde wurde nicht nur immer größer, sondern hat sich auch stark verändert, seit sie so frei lebt. Die Hörner wachsen wieder mehr nach oben, wie beim Auerochsen. Sie seien selbstständig und stolz geworden, sagt Maier.
In der konventionellen Rinderhaltung werden den Tieren ohne Betäubung die Hornansätze ausgebrannt, obwohl das, wie man inzwischen weiß, Schmerzen verursacht. Hörner sind keine leblosen Anhänge, sondern gut durchblutete Knochenfortsätze, die von toter Hornsubstanz überzogen sind. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Kommunikation der Rinder untereinander. In der Biohaltung ist immerhin eine Betäubung Pflicht. Nur in Demeter-Betrieben müssen die Hörner dranbleiben. Mal wieder dient eine Verstümmelung dem »Schutz der Tiere« – sie sollen sich in den engen Ställen nicht verletzen. Die Uria werden nicht enthornt. Sie tragen noch nicht einmal Ohrmarken. »Eine Kuh mit Ohrmarken sieht doch scheiße aus«, sagt Maier. Die Marken liegen im Haus, die Tiere sind am Hals durch Mikrochips unter der Haut gekennzeichnet, auch wenn bei ihm keines mehr lebend die Weide verlässt. Es hat gedauert, bis Maier das durchsetzen konnte, doch der fast 70-Jährige hat schon ganz andere Kämpfe mit Behörden ausgefochten. Jetzt stehen wir an der Hauptweide. Er kennt alle Tiere einzeln, nur die Namen kann er sich nicht so gut merken wie seine Tochter, der die Rinder seit Langem gehören. Ein Tier läuft auf ihn zu, Barnie. Maier nähert sich ihm langsam, spricht leise mit ihm, es klingt fürsorglich. Man spürt Maiers Zuneigung. Er selbst sagt, dass er ein
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