Kein Fleisch macht gluecklich
zumindest ebenso schönes Leben bieten und dabei auf Schlachtungen verzichten könnte. »Da hätte ich gar kein Problem damit.« Er kann auch verstehen, wenn Menschen Fleisch völlig ablehnen. »Kritisch wird es meiner Meinung nach dann, wenn man meint, dass man dadurch alle Probleme gelöst hätte. Aber das ist ganz bestimmt nicht der Fall. Natürlich ist der Fleischkonsum, wie er heute überwiegend praktiziert wird, der totale Wahnsinn, also dieses massenhafte Fressen von Fleisch. Wenn ich auf einer Tagung bin, da sehe ich junge Frauen, die sich schon morgens mit Wurst vollstopfen. Das ist doch bescheuert. Was braucht man zum Frühstück schon Wurst? Man kann das natürlich machen, aber es ist eigentlich unmöglich.«
Der Rinderrebell
Als er in den 1960er-Jahren den elterlichen Betrieb übernahm, hatte Maier acht Milchkühe und deren Kälber. Er wurde aber nie Vollzeitlandwirt. Er baute zuerst einen Vertrieb für Landmaschinen auf, später errichtete er nebenher Stahlhallen. Als der Staat wegen des Milchüberschusses Prämien an die Bauern zahlte, die auf Mutterkuhhaltung, also Fleischproduktion, umstellten, wollte Maier das auch. Nur musste er seine Tiere erst schlachten lassen, um an die Prämie zu kommen. »Mein Verhältnis zu den Tieren war zwar gut, aber überschattet von der verdammten Rennerei nach dem Geld, dem Umsatz, den Firmeninteressen. Ich war ein bisschen eine Krämerseele geworden durch das ewige Verkaufen«, gibt er zu. »Ich habe mich verleiten lassen, meine Kühe abzuschlachten. Sie wurden abgeholt von einem Viehhändler und zum Schlachthof transportiert, dann gab es diese Prämie. Ich habe mich nachher für diesen Schritt zu Tode geschämt. So was würde ich nie mehr tun.« Aus den verbliebenen Kälbern wurde nach und nach eine Herde von rund 30 Tieren. Dass er sie irgendwann gar nicht mehr von der Weide holte, war eine Notmaßnahme, weil die Arbeit nicht mehr zu schaffen war. »Wir haben dann die Viehschutzhütte ein bisschen zugenagelt, sodass es nicht mehr ganz so durchgepfiffen hat und die Tiere einfach draußen gelassen. Da haben welche im Dorf gesagt: ›Jetzt haut’s ihm voll den Zünder raus, wie kann man nur, diese armen Tiere.‹ Den Tieren ging es aber gut. Die sind ja in der Lage, im Winterklima ohne Weiteres draußen zu leben. Wenn die im Sommer über draußen waren, sind die abgehärtet, und es macht ihnen gar nichts aus.«
In der EU-Hygieneverordnung steht: »Es dürfen nur lebende Tiere in die Schlachtstätte verbracht und geschlachtet werden.« Maier erfüllt diese Auflage mit der »Mobilen Schlachtbox«, die er selbst gebaut hat. Die Box ist Teil seiner Schlachtstätte mit einem zweiteiligen Schlachtsystem. So kann das Tier vor Ort betäubt werden, in gewohnter Umgebung und ohne unruhig zu werden, und wird dann lebend in die Schlachtstätte gebracht. Während das Rind ruht oder schläft, schießt Maier ihm mit Schalldämpfer auf dem Gewehr einen »finalen Betäubungsschuss« ins Gehirn, von dem es nicht wieder erwacht. Dann bringt er die an einem Traktor befestigte Schlachtbox heran, lädt das Tier ein, lässt es entbluten und sterben. Währenddessen kann er das Tier in der Box zum anderen, fest stehenden Teil der Schlachtanlage auf seinem Hof bringen. Dort wird es weiter zerlegt. »Dem toten Tier ist es egal, wie man es behandelt, nur dem lebenden nicht«, sagt Maier. Gerade die Biokunden wollten ja keine Quälerei, weder beim Transport noch im Schlachthof. »Wenigstens bei der Schlachtung müsste man sehr schnell was ändern, vor allem im Biosektor. Die sitzen da auf einer Bombe, denn es ist nicht in Ordnung, so wie das heute noch überwiegend abläuft. Die Betäubung der Tiere muss vor dem Transport erfolgen.«
Er selbst hat das nicht immer so gesehen. »Wir haben einen Metzger im Dorf gehabt, der hat damals noch geschlachtet. In der Nachbarschaft war ein kleines Schlachthaus, da hat man die Tiere hingebracht, das war eigentlich so noch ganz gut. Dann hat er seinen Schlachthof dichtgemacht, und man musste sie im Anhänger ein paar Kilometer nach Balingen fahren und dort schlachten lassen. Die Tiere hatten zuvor auch schon unter Stress gestanden, aber nicht über einen so langen Zeitraum. Ich bin da öfters dabeigestanden. Wenn man ein Tier verladen hatte, stand das da, war nassgeschwitzt, und die Tränen liefen ihm runter. Das war alles nicht schön, und du konntest nichts machen. Das ging so lange, bis 1986 der Bulle Axel dran war. Wir waren drei Leute, wir hatten ihn
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