Kein Fleisch macht gluecklich
Bei dieser hängt man die Tiere bei vollem Bewusstsein kopfüber an einem Förderband auf, von wo aus sie mit dem Kopf in ein Wasserbad getaucht werden, das unter Strom steht. Das Ausladen nach dem Transport, das Einhängen der Füße und die etwa 20-sekündige Fahrt über Kopf sind natürlich mit extremem Stress für die Tiere verbunden. Danach erfolgt meist die automatische Entblutung durch einen seitlichen Halsschnitt mit einem rotierenden Kreismesser. Dann geht es in die Weiterverarbeitung zu Grillhähnchen oder Chicken Nuggets. Wenn alles nach Plan verläuft. »Zumindest beim Geflügel ist vorgeschrieben, dass nach der automatischen Entblutung ein Mensch bereitsteht, der im Bedarfsfall nachschneidet, wenn das Tier nicht entblutet oder betäubt ist«, sagt Troeger. »Es ist zu hoffen, dass die Tiere nicht bei lebendigem Leib gebrüht und gerupft werden.«
Bei Rindern liegt die Fehlbetäubungsrate mit 5 bis 7 Prozent noch höher als bei Schweinen. Doch hätten die Rinder den kleinen »Vorteil«, dass die Entblutung kaum vergessen werden könne, weil die Rinderschlachtung in Deutschland selbst in Großbetrieben noch eine überschaubare Angelegenheit sei, findet Troeger. »Es mag schon sein, dass mal im Einzelfall die Tiere gestochen werden, ohne dass sie tief bewusstlos sind«, sagt er, »aber dass bei einem Tier die Entblutung vergessen wird, ist beim Rind schwer vorstellbar.« Bei Rindern erfolgt die »finale Betäubung« üblicherweise per Bolzenschuss ins Gehirn. Da das Gehirn aber ziemlich klein ist, ist die Wirkung nach dem ersten Schuss gelegentlich nicht so, wie sie sein sollte – nämlich dass das Tier gleich vollständig betäubt zu Boden geht. Dann muss nachgeschossen werden, bisweilen mehrmals. Man versucht die Situation zu verbessern, indem man den Kopf des Tieres vor dem Bolzenschuss fixiert. Doch sind die Tiere dann durch den Vorgang des Fixierens oft schon sehr stark gestresst und versuchen sich zu befreien. »Aber selbst bei guter Kopffixierung, das ist auch bekannt«, sagt Troeger, »müssen wir mit 1 Prozent an Tieren rechnen, die nachgeschossen werden müssen.«
Beim Rinderflüsterer
Blut und Tod hatte ich sehen wollen. Aus meiner Teilnahme an einer Rinderschlachtung wird nun aber nichts. Der Bauer Ernst Hermann Maier tötet zwar selbst, doch das macht er allein, für sich und für das Tier. Ich besuche ihn trotzdem. Er lebt mit rund 250 Rindern im schwäbischen Zollernalbkreis. Färsen, die geschlechtsreifen Kühe vor dem ersten Kalben, Bullen, Kühe und Kälber leben alle zusammen auf der Weide, das ganze Jahr draußen. Hier werden sie geboren, hier sterben sie auch, denn Maier schießt seine Tiere auf ihrer Weide ins Koma – nicht mittels eines Bolzenschussgeräts, sondern mit einem Gewehr. »Wir sind kein Gnadenhof, sondern ein gnädiger Hof«, sagt Maier in breitem Schwäbisch. Immerhin leben die Tiere hier zum Teil 15 Jahre und länger, ein unvorstellbares Alter in der regulären Rinderhaltung, in der sonst selbst bei Milchkühen nach knapp fünf Jahren Schluss ist. Solange sie gesund seien, ließen sich auch ältere Tiere noch vermarkten, weiß Maier, als Hackfleisch, Wurst und Rinderschinken. Die übliche industrielle Tierhaltung ist für ihn alles andere als artgemäß, die Tiere seien hochgradig verhaltensgestört. Ihre Bedürfnisse würden völlig ignoriert. Alt könnten die Tiere unter diesen Bedingungen kaum werden, aber sie würden im Kindes- oder Jugendalter, wie Maier findet, auch noch unnötigerweise aus ihrem gewohnten Umfeld herausgerissen und dann unter Angst und Stress geschlachtet.
Rinderrealität
In Deutschland leben etwa 8 Millionen Mastrinder. Eine Intensivmast im Stall dauert zumeist anderthalb Jahre – und entsprechend kurz ist somit auch das Rinderleben. Der hohe Anteil an Kraftfutter verursacht bei den Tieren belastende Stoffwechselstörungen. Am Ende der Mast haben viele durch Trittverletzungen verursachte entzündete Schwanzspitzen, sofern diese nicht amputiert wurden. Für Mastbullen mit 600 Kilo sind 3 Quadratmeter Platz vorgesehen, obwohl Rinder Distanztiere sind und nicht gern dicht gedrängt stehen. Für die geschlechtsreifen konventionell gehaltenen Bullen gibt es wie auch für Milchkühe keine besonderen Haltungsvorschriften. Zwei Drittel von ihnen leben in Beständen von 100 und mehr Tieren. Knapp 5 Prozent der 12,5 Millionen deutschen Rinder einschließlich Milchkühen werden nach den Vorgaben des Ökolandbaus gehalten. Biorinder müssen immerhin
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