Kein Fleisch macht gluecklich
davon aus, dass 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung mit multiresistenten Staphylococcus aureus besiedelt sind. Das beeinträchtigt die Gesundheit eigentlich nicht, beinhaltet aber etwa im Falle von Operationen oder anderen Verletzungen das Risiko einer schlechter beherrschbaren Infektion. Träger der Keime können diese auch übertragen, ohne selbst daran zu erkranken.
Das ECDC geht für die EU von jährlich 3 Millionen Infektionen mit multiresistenten Erregern aus, von denen 50000 tödlich verlaufen. Wenn die üblichen Antibiotika nicht mehr wirksam sind, müssen die Ärzte auf schlechter verträgliche oder weniger wirksame Alternativen zurückgreifen. Längere Krankenhausaufenthalte sowie größere Komplikationen und Todesfälle können die Folge sein. Bei schweren Fällen nutzt man sogenannte Reserveantibiotika, die man für normale Therapien nicht einsetzt, um eine Resistenzentwicklung zu vermeiden. Diese gelten als »Last Line of Defense« – die letzte Verteidigungslinie.
Aus dem Schweinestall: MRSA ST398
Neben dem Klinikkeim registriert man zunehmend Fälle, in denen sich Menschen außerhalb von Krankenhäusern mit MRSA infiziert haben. So hat sich der gefährliche Stamm USA300, der zudem ein wirksames Gift produziert, in den USA über das ganze Land verbreitet. In Deutschland ist er bislang nur für wenige Infektionsfälle mit MRSA verantwortlich. Ein anderer neuer MRSA-Stamm (ST398) tauchte 2004 zum ersten Mal in den Niederlanden und im Münsterland auf – in der Schweinezucht. 2009 war der Keim bereits in fast der Hälfte der untersuchten deutschen Schweinemastbetriebe im Stallstaub nachweisbar. Mehr als die Hälfte aller hierzulande geschlachteten Schweine trägt inzwischen den multiresistenten Keim. Mittlerweile gibt es ihn auch bei Mastkälbern, Pferden, Milchkühen und Geflügel.
Besonders gefährlich kann es werden, wenn der Erreger aus dem Stall in die Klinik gelangt und dort in Kontakt mit anderen MRSA-Stämmen kommt, was offenbar schon gelegentlich passiert ist. Das Robert Koch-Institut warnt, dass Menschen mit Kontakt zu Nutztieren ein bis zu 138-fach höheres Risiko haben, von MRSA besiedelt zu sein. In Deutschland tragen bereits 86 Prozent der Schweinehalter und bis zu 45 Prozent der Veterinäre MRSA-Keime. Selbst Angehörige von Schweinehaltern ohne regelmäßigen Tierkontakt sind gelegentlich mit dem Keim besiedelt. Ob auch Menschen, die in der Nähe von Tierhaltungsanlagen wohnen, ein höheres Risiko für eine Besiedlung mit den Keimen haben, ist bislang nicht bekannt. In den Regionen mit hoher Nutztierdichte wie in Niedersachsen und Westfalen gelangen die Keime über Patienten oft in Krankenhäuser. Im Münsterland fand man schon 2006 bei 17 Prozent aller MRSA-Nachweise den Stallkeim ST398. Eigentlich sollten alle Patienten, die in Nutztierbetrieben arbeiten, vor ihrer Einlieferung untersucht und gegebenenfalls mit speziellen antibakteriellen Medikamenten behandelt werden, so, wie es die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Instituts empfiehlt. Dass dies auch tatsächlich immer geschieht, wird von manchem Experten infrage gestellt.
Das Robert Koch-Institut sorgt sich besonders um die zwischen Staphylokokken übertragbare Resistenz gegen Linezolid. Dieses Reserveantibiotikum wird gerade bei Infektionen mit MRSA benötigt. Seit einiger Zeit weiß man, dass Staphylokokken bei Schweinen über eine übertragbare Linezolid-Resistenz verfügen können. 2010 hat man den tierischen Stamm MRSA ST398 mit Linezolid-Resistenz auch bei einem Landwirt nachgewiesen, der im Krankenhaus behandelt wurde. Aus Spanien kennt man bereits mehrere Fälle von Infektionen mit Linezolid-resistenten Klinikkeimen. Würde der Stallkeim solche Eigenschaften mit dem besonders gefährlichen Klinikkeim MRSA USA300 austauschen, wäre das ein großes Problem, sagt der Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Münster, Georg Peters. Infektionen mit MRSA USA300 können ohnehin nur mit Reserveantibiotika behandelt werden, die nicht immer gut wirken oder schlecht verträglich sind. Schwere Lungenentzündungen sind eine häufige Folge der Infektionen, die bei fast jedem zweiten Patienten tödlich verlaufen sind. Verständlich, dass Peters fordert, alles Erdenkliche zu unternehmen, um eine Kombination aus beiden Stämmen zu verhindern.
MRSA im Essen
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat Anfang 2012 zum zweiten Mal
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