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Kein Fleisch macht gluecklich

Kein Fleisch macht gluecklich

Titel: Kein Fleisch macht gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Grabolle
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Ställen kann es sogar überproportional ansteigen. Zudem sind die gestressten Hochleistungstiere weitaus anfälliger für Erkrankungen. Dem begegnet man dann mit der freizügigen Gabe von Antibiotika. Gelegentlich wird dabei die Dosierung herabgesetzt und dafür die Behandlungsdauer unnötig in die Länge gezogen. Statt einer therapeutischen zeigt das Antibiotikum dann nur die wachstumsfördernde Wirkung.
    Man wundert sich immer wieder. Unvernünftigerweise verwendet man für Tiere Antibiotika aus den gleichen chemischen Gruppen, die auch in der Humanmedizin genutzt werden, schreibt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Die häufige Verwendung eines Antibiotikums löst aber nicht nur gegen dieses Resistenzen aus, sondern auch gegen andere Antibiotika, die der gleichen chemischen Gruppe angehören. 1996 entzog man in Deutschland dem zur Leistungssteigerung genutzten Avoparcin die Zulassung als Futterzusatz. Man hatte festgestellt, dass sein Einsatz bei Enterokokken (Darmbakterien) Resistenzen gegenüber dem Reserveantibiotikum Vancomycin auslöste. Vancomycin wurde ausschließlich in der Humanmedizin verwendet, bei Infekten, die nicht mit gängigen Antibiotika behandelt werden konnten.
    Aus der Praxis
    Experten warnen davor, dass der vorbeugende Einsatz bei noch nicht erkrankten Tieren, die Massenbehandlung, eine zu geringe Dosierung, eine lang anhaltende Behandlung sowie der Einsatz von Antibiotika mit breitem Wirkspektrum oder von Kombinationen besonders zur Resistenzbildung beitragen. All das ist allerdings Teil der Praxis in deutschen Mastbetrieben. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) hat 2011 festgestellt, dass nicht nur 96 Prozent der Masthühner mit Antibiotika behandelt wurden, sondern auch, dass die Behandlung bis zu 26 Tagen dauerte und bis zu acht Wirkstoffe eingesetzt wurden. Das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) nimmt an, dass Schweine, Mastkälber und Rinder bis zu sechs Mal im Jahr mit Antibiotika behandelt werden. Geschätzt kommen in Deutschland etwa 900 Tonnen Antibiotika in der Tierhaltung zum Einsatz. Das wäre dann mindestens das Dreifache der in der Humanmedizin eingesetzten Menge. Genaue Zahlen liegen für die Tierarzneien bisher nicht vor. Noch immer gibt es keine vollständige zentrale Erfassung aller verschriebenen Präparate, obwohl das schon lange gefordert wird.
    Damit in den geschlachteten Tieren keine Rückstände mehr zu finden sind, endet die Antibiotika-Behandlung spätestens ein paar Tage vor dem Schlachttermin. Kälber und Geflügel dürften aber vom ersten bis zum letzten Tag mit Aspirin behandelt werden. Dieses Schmerzmittel werde neben Antibiotika ebenfalls massenhaft verschrieben, um das System am Laufen zu halten, so Tierarzt Ebner in der Süddeutschen Zeitung. Unter Betäubung hielten Hühner die Schmerzen an den entzündeten Fußballen eher aus – sie sollen ja bis zuletzt fressen können. Tierschutzwidrige Zustände würden durch die reichliche Abgabe von Medikamenten ermöglicht, beklagt Ebner.
    Und die Verbraucher gehen in der Regel fälschlicherweise davon aus, dass die Tiere, die sie essen, gesund waren.
    Schweinesystem
    Für die Landwirte wie für die Tierärzte ist es schwer möglich, aus der gängigen Praxis auszusteigen. Das beginnt schon damit, dass viele landwirtschaftliche Familienbetriebe in den vergangenen Jahrzehnten zu Lohnmästern wurden, die von großen, zum Teil multinationalen Unternehmen abhängig sind. Eigenständige unternehmerische Entscheidungen sind für die »Bauern« kaum mehr möglich. Tiere und Futtermittel gehören den Unternehmen, die üblicherweise über Vertragstierärzte für die gesundheitliche Betreuung sorgen. Schulden bei den Banken für neu gebaute Ställe und Ähnliches zwingen die Landwirte oft, in diesem System zu bleiben. Aber auch die Tierärzte sind ökonomisch davon abhängig, dass sie in die Bestände der Tierhalter gehen dürfen. Die Tierärzte sollten die Landwirte eigentlich dahingehend beraten, dass sie möglichst wenige Medikamente einsetzen müssen. An der Beratung würden die Veterinäre aber nicht verdienen, so Ebner im Interview mit der SZ. Die lebten von den verschriebenen Präparaten. Anders als in der Humanmedizin dürfen Tierärzte die Arzneien, die sie verschreiben, auch gleich verkaufen. Ebner geht sogar so weit, zu sagen, dass keine Tierarztpraxis ganz legal arbeiten könne, wenn sie wirtschaftlich

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