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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Benke
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es Anna jetzt durch den Kopf. Ein Schatten fiel durch die bunten Kirchenfenster, und mit ihm überkam sie die Unruhe. Der Gedanke war ungeheuerlich. Lucrezia blickte auf und ihr direkt in die Augen. Das Bild von ihr und dem Priester im Beichtstuhl blitzte auf. War sie der Teufel? Die Orgel setzte ein und erfüllte das Kirchenschiff. Anna lief ein Schauer den Rücken herunter. Sie unterdrückte den Instinkt, ihr Laura aus den Armen zu reißen. Sie war ihre beste Freundin, erinnerte Anna sich. Lucrezia lächelte ihr jetzt zu. Sie sah schon Gespenster. Es war der Gedanke an das Küchenmesser, der sie endlich beruhigte.
     
    Als sie kurz darauf die Kirche verließen, empfing sie ein schöner Hochsommertag und verscheuchte die düsteren Gedanken. Keine einzige Wolke war am blauen Himmel zu sehen. Die Luft war frisch trotz der Hitze. Anna atmete tief ein und drückte ihr Kind an sich. Die Gäste gratulierten, sie hielten einen Plausch, bedankten sich bei dem Pastor und luden ihn zum Mittagessen ein.
    Bald setzten sie sich in Bewegung, um sich kurz darauf im Garten des Restaurants zu tummeln, in dem sie auch damals mit Christiano gegessen hatte. Der Garten grenzte an Felder, in denen das Korn hoch stand. Dort konnten sie später einen Spaziergang machen. Lucrezia umarmte sie von hinten. Anna zuckte zusammen, legte dann aber doch ihren Kopf auf Lucrezias Schulter. Ein Kellner kam mit einem Tablett voller Proseccogläser vorbei. Sie griffen zu. Christiano gesellte sich zu ihnen, und Lucrezia entschuldigte sich und ging in das Restaurant. Anna sah ihr nach. Wenn sie wieder zu Hause waren, würde sie sie zum Essen einladen und fragen, wer ihr Geliebter gewesen war. Dann würde sich alles aufklären.
     
    Lucrezia zog sich den roten Lippenstift nach. Sie sah in den großen weiß getünchten Badezimmerspiegel.
    „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“, fragte sie ihr Spiegelbild. Ihre pechschwarzen Haare glänzten in der Sonne, die durch das Fenster fiel.
    „Wenn ich ihn nicht haben kann, soll ihn keine haben.“ Sie lachte und steckte den Lippenstift in ihre Tasche.
     
    Der Garten war voller Leben. Lucrezia stellte sich etwas abseits an einen Bistrotisch. Inmitten der Menschentraube entdeckte sie Christiano. Er sprach mit Helene und ihrem Freund. Helene hielt Laura auf dem Arm. Anna war bei Christiano untergehakt, und er hatte den Arm um sie gelegt. Vertrautes Familienglück, dachte Lucrezia verächtlich.
    Sie nahm einen Apfel aus der Obstschale und wendete ihn in der Hand. Die Schale glänzte unwirklich rot. Sie fing Christianos Blick auf und biss in den Apfel. Ihr roter Mund zeichnete sich in dem weißen Fruchtfleisch ab. Eine Wolke zog auf und verdeckte die Sonne. Ein Schatten fiel auf die fröhliche Menschenmenge, auf die blumigen Tischdecken, auf Lauras weißes Taufkleid, auf Annas weißblonde Haare. Christiano sagte etwas zu Anna und deutete in ihre Richtung. Dann kam er mit zwei Gläsern Prosecco auf sie zu. Lucrezia entging nicht, dass Anna ihm nachsah. Christiano strahlte sie an und stellte die Gläser auf dem Tisch ab.
    „Du siehst gut aus. Geht es dir besser?“, fragte er.
    „Ja, mir geht es wieder gut. Es war alles ein bisschen viel in letzter Zeit“, erwiderte sie und ließ den Apfel fallen. „Ups, wie dumm von mir.“
    Christiano bückte sich danach. Lucrezia nahm die Ampulle aus ihrer Hosentasche und schüttete das Pulver blitzschnell in Christianos Glas. Als er sich wieder erhob, schloss sich ihre Hand um die Ampulle. Sie lächelte ihn an. Christiano legte den Apfel auf eine Serviette und erwiderte freundlich ihr Lächeln.
    „Danke schön“, sagte sie artig. Sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln und griff nach dem Glas Prosecco.
    „Auf alte Zeiten?“ Eine fiebrige Aufregung erfasste sie.
    Er schmunzelte und hob das Glas. „Auf alte Zeiten.“
    „Na, ihr zwei Turteltäubchen“, ertönte eine schrille Stimme, bevor sie trinken konnten. Schon hatte Helene sich mit zwei Gläsern Prosecco in der Hand zwischen sie geschoben.
    „Was für ein wunderbarer Tag. Stör ich?“ Ihr Blick wanderte von Christiano zu Lucrezia. Sie stellte die Gläser auf dem Tisch ab.
    „Nein, natürlich nicht“, beeilte sich Christiano zu versichern. Lucrezia gelang ein gezwungenes Lächeln. Helenes Blick ruhte noch immer auf ihr. Sie weiß über uns Bescheid, fuhr es Lucrezia durch den Kopf. Christiano stellte sein Glas wieder ab. Lucrezia wurde es warm in ihrer Bluse. Die drei

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