Kein Job fuer schwache Nerven
des Toten, würde sie organisieren.
Wir rückten drei Tage später wieder an. Tatsächlich war eine Müllfirma vor Ort, bestand aber auf sortenrein getrenntem Abfall. Ich rollte mit den Augen, rief wieder die Schwester an, sagte ihr, dass wir ihr für 89 Euro pro Stunde auch den Abfall sortieren würden, schlug aber vor, dass sie lieber eine andere Firma beauftragen sollte, die den Abfall komplett wegbrachte und ihn dann auf ihrem Firmengelände sortieren würde, aber nicht für 89 Euro pro Stunde, sondern vielleicht für zehn. Es reichte schließlich, dass wir für dieses Geld das ganze Zeug aus der Wohnung in die Müllmulde schleppen mussten.
Beim Erschließen des Grundstücks und des Hauses hatte nämlich auch das Geld für eine ordentliche Zufahrt gefehlt, was bedeutete, dass die Müllfirma uns die Mulde nicht vor die Tür stellen konnte, sondern nur etwa hundert Meter entfernt direkt an den Straßenrand. Es war Frühsommer, einer dieser modernen Frühsommer, die einen mit hochsommerlichen Temperaturen überraschen, 35 Grad im Mai, und wir schleppten schwitzend alles Stück für Stück zur Mulde, die gesamte Einrichtung der Wohnung plus einen toten Spatz. Den hatten wir in der Mitte des Wohnzimmers gefunden.
Wir hatten das Fenster offen gelassen, um die Wohnung etwas von der Insektenbehandlung und dem Leichengeruch auszulüften, und dabei war ein Spatz reingekommen. Er hatte drei Tage im Paradies gelebt, Maden ohne Ende, alle auf einem Fleck, und nach diesen drei Tagen war er an einer Sekundärvergiftung gestorben, an den gesammelten Insektiziden in den Maden. Es ist schon erstaunlich, wann einem immer wieder auffällt, dass man eben nicht gerade mit Brennnesselsud hantiert.
Wir leerten zuerst das Wohnzimmer, dann trennten wir uns, und ich begann mit dem Bohrmeißel den Estrich herauszustemmen, wieder mal eine unangenehm stabile Form von Beton, diesmal mit Flusskieseln drin, vielleicht war’s so billiger. Er war am Fenster gestorben, neben sich die Heizung, die wir abmontiert hatten, um den Estrich darunter besser entfernen zu können. Als wir am späten Nachmittag grade so fertig damit waren, die Einrichtung in der Mulde hatten und Bad und die Küche so gereinigt waren, dass man beim Kochen nicht geahnt hätte, dass hier jemals so etwas wie Maden waren, kam der Nachbar. Der in der anderen Haushälfte wohnte.
Ich weiß nicht genau, warum es ihm erst jetzt auffiel, es kann auch sein, dass der Geruch erst deshalb bemerkbar wurde, weil er nicht mehr aus dem Wohnbereich des Hausbesitzers kommen konnte, jedenfalls bat er uns in den Keller. Und dann nahm ich das Telefon und rief erneut die Geschwister an.
Offenbar war die Heizung weder sachgerecht noch fachgerecht eingebaut worden, sondern vor allem billig. Jedenfalls waren die Zuleitungen im Boden, die das Wasser in den Heizkörper führen sollten, außen nicht abgedichtet worden. Und die Leichenflüssigkeit hatte diesen Weg bereitwillig eingeschlagen. Im Kellerraum darunter war die Wand von der Decke bis zum Boden auf eine Breite von etwa einem halben Meter dunkel, feucht, vollgesogen, und es roch nach Leiche wie am ersten Tag im Wohnzimmer.
» Ich glaube, wir haben ein Problem«, sagte ich ins Telefon, und die beiden Geschwister waren nicht begeistert. Aber andererseits: Wer hätte das ahnen können? So was war mir schließlich auch noch nicht untergekommen.
Wir rückten also auch noch ein drittes Mal an. Diesmal wieder zu zweit, weil ich das Problem noch immer unterschätzte. Ich dachte, die Leichenflüssigkeit sei wohl in den Verputz eingedrungen. Damit lag ich weit daneben.
Wer Betonhohlblocksteine kennt, weiß, dass man damit günstig bauen kann, weil man sie nicht so gut verfugen muss. Über der Erde gilt das natürlich nicht, da sind das Steine wie Ziegel mit viel Luft drin, die auch gut isoliert. Aber unter der Erde kann man damit ganz praktisch Fundamente bauen, indem man sie einfach mehr oder weniger übereinanderstapelt. Den nötigen Halt bekommt die Konstruktion dann durch den Beton, den man oben hineingießt. Diese Hohlblocksteine sind anschließend natürlich nicht mehr hohl. Die sind massiv, lückenlos voll Beton. Und daraus hatte der Häuslebauer seinen Keller errichtet. Sehr stabil und sehr saugfähig, was Leichenflüssigkeit angeht. Sobald ich an einigen Stellen den Verputz entfernt hatte, merkte ich, dass das nicht reichen würde. Ich musste eine deckenhohe, 15 Zentimeter tiefe Nische aus der Wand hauen, um die ganze Leichenflüssigkeit
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