Kein Job fuer schwache Nerven
geht hier wirklich nicht: Ich bin während und nach diesem Einsatz mehrfach von Reportern angerufen worden, und ich habe jedes Mal gesagt, dass ich ihnen keine Einzelheiten verraten werde – da kann man dann nicht anschließend alles in seinem Buch ausbreiten, das wäre nicht in Ordnung. Ich erzähle mal nur kurz den Fall, so, wie er in der Zeitung stand, damit man weiß, worum es geht, wenn man ihn nicht schon kennt. Das wäre gut möglich, denn dieser Fall ging deutschlandweit durch die Zeitungen.
Ein 51 Jahre alter, völlig überschuldeter Postzusteller beschloss, die Schwester seiner Frau, also seine Schwägerin, und ihre beiden Töchter umzubringen, damit seine Frau deren Besitz erben und verkaufen könnte. Also machte er sich eines Abends im März 2011 mit einem Seil und einer Hantelstange auf den Weg zu deren Haus in Krailling bei München. Seine Schwägerin ist nicht da, das weiß er, weil sie abends in einer Kneipe als Bedienung arbeitet. Aber er braucht sie auch noch nicht, sein erstes Ziel sind ihre Töchter. Im Erdgeschoss, in einem Kinderzimmer, schläft die Jüngere, die Achtjährige, er schleicht sich an, schlingt ihr ein Seil um den Hals und würgt sie. Als ihre drei Jahre ältere Schwester den Kampf hört und aus ihrem Zimmer die Treppe herunterkommt, lässt er die Kleinere los, stürzt nach nebenan in die Wohnküche und schlägt dort mit der mitgebrachten Hantelstange nach der Elfjährigen. Er trifft sie hart an den Schultern, am Kopf, aber nicht entscheidend, also greift er sich ein Küchenmesser und sticht auf sie ein. 15 Mal, in die Lunge, in die Arterien, ins Herz, mit unvorstellbarer Härte. Die Gutachter erkennen es anhand der Stichtiefe: 17 Zentimeter messen die Stichkanäle, dabei ist die ganze Messerklinge nur zwölf Zentimeter lang. Die Fachleute werden später von einer Übertötung sprechen. Die jüngere Schwester ist unterdessen in Todesangst in ihr Kinderzimmer geflohen, wo sie verzweifelt von innen die Türe zuhält. Der Onkel rammt die Türe ein, zertrümmert ihr mit der Hantelstange den Schädel und sticht mit dem Messer zu. Anschließend schleppt er das sterbende Kind nach oben und wirft es aufs Bett seiner Schwägerin, auf die er nun wartet. Der fühlt er sich trotz Messer und Hantelstange offenbar nicht gewachsen, er lässt lieber Wasser in die Badewanne ein und legt einen elektrischen Handmixer zurecht, er will die Schwägerin betäuben, in die Wanne legen, dann den Strom einleiten, damit das irgendwie nach Selbstmord aussieht – die Mutter tötet ihre Kinder und dann sich selbst , so etwa hat wohl der Plan ausgesehen. Ein Plan, so brutal wie idiotisch, weil bereits jetzt jeder, wirklich jeder, ja sogar der allerdümmste Polizist der Welt merken würde, dass angesichts der Kampfspuren und der nötigen Kraft niemals die Mutter als Täterin in Frage kommen würde.
Aber die Schwägerin kommt nicht nach Hause. In den frühen Morgenstunden wird der Mörder nervös, er verschwindet. Der Plan ist gescheitert, zwei tote Mädchen bleiben zurück, erbarmungslos umgebracht für nichts und wieder nichts.
Erst gegen fünf Uhr früh kommt die Mutter der Mädchen mit ihrem Lebensgefährten heim. Sie geht nach oben ins Schlafzimmer, findet auf ihrem Bett die tote Achtjährige, hebt sie auf, drückt sie an sich, stürzt mit ihr die Treppe hinunter, wo sie die zweite kleine Leiche entdeckt. Sie ruft die Polizei. Schon drei Wochen später ist der Onkel der Hauptverdächtige, im Frühjahr 2012 wird er zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
Noch während der Fahndung nach dem Täter berichteten die Zeitungen groß über den Mädchenmord von Krailling. Und als ich davon las, war ich genauso geschockt wie jeder andere Mensch. Ich habe selbst zwei Töchter, und obwohl sie deutlich älter sind als die Kraillinger Mädchen, denkt man sofort: » Wenn Jenny und Jill so was zustoßen würde …« – und dann hört man auf zu denken, weil es so unvorstellbar ist.
Aber wenn ich ehrlich bin, dachte ich höchstens den Bruchteil einer Sekunde später: »Den Fall hätte ich gern. « Und ich will hier überhaupt nicht so tun, als hätte ich dabei das Gefühl, ich und nur ich könnte der Familie und den Hinterbliebenen besonders gut helfen. Oder als würde ich dauernd denken: » Ach, die armen Menschen, da muss man doch was machen.« Ich will diesen Fall, weil er faszinierender ist als die 30. lange liegende Leiche in irgendeiner Mietwohnung. Weil er sogar doppelt faszinierend ist.
Der erste
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