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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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müsste gleich hinter meinem Sitz liegen.“
    Sandra angelte nach dem Stil eines Klappspatens.
    „ Nimm meine Handschuhe“, riet Connie. „Der Wind ist heftig und macht die Temperatur um zwanzig Grad niedriger.“
    Sandra schluckte. Sie warf sich die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf und schnürte sie zu. Dann schlüpfte sie in die vorgewärmten Handschuhe, nahm den Spaten und öffnete die Tür. Der Wind schlug sie ihr aus der Hand und hätte beinahe ihren Fuß damit zerquetscht. Sie machte einen neuen Versuch.
    „ Sei vorsichtig“, mahnte Connie.
    Sie ging um den Wagen herum und versuchte ihr Gesicht aus dem Wind zu halten, was schwierig war, denn genau in dieser Richtung lag ihr Ziel. Einer der Hinterreifen hatte sich in einer Mulde festgefressen und der andere drohte ebenfalls zu versinken. Schnee wurde in ihre Augen gepeitscht und ließ sie für einen Moment erblinden. Der Wind war mit Rasierklingen bewaffnet, die in ihre Wangen schnitten und ihr beim Einatmen die Kehle zerkratzten. Noch nie war sie bei einem solchen Höllenwetter draußen gewesen. Mit John hatte sie einmal einen Tag wie diesen in einer Berghütte verbracht. Nackt vor dem Kaminfeuer. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dort hinauszugehen und sich dem mörderischen Wind zu stellen. So blöd können nur Frauen sein, hörte sie ihn im Geiste witzeln.
    Nach nur wenigen Sekunden waren die Handschuhe durchkühlt und ihre Finger steif. Diese Dinger taugten höchstens, um mal kurz den Müll rauszubringen, aber nicht zum Einsatz im richtigen kanadischen Winter. Wahrscheinlich hielt Connie sie für schick. John hätte sie nie mit solch lausigen Handschuhen aus dem Haus gelassen. Leider musste sie gestehen, diesmal überhaupt nicht an Handschuhe gedacht zu haben.
    Mühsam hielt sie den Spaten und schippte den Schnee vor dem festsitzenden Reifen hinter ihren Rücken. Nur noch ein paar Spatenstiche. Jetzt spürte sie ihre Oberschenkel nicht mehr. Der Wind hatte sich in die dünnen Hosen gebissen und war fast unbemerkt durchgedrungen. Für einen kurzen Moment hatte es sich kalt angefühlt, doch dann hatte schnell jegliche Empfindung aufgehört. Das war kein gutes Zeichen. Sie musste sich beeilen. Wenigstens fror sie nicht am Oberkörper, die Jacke hielt, was sie versprach. Polargeeignet. Sandra hatte gelacht, als John sie ausgesucht hatte. Er meinte sie würde schon sehen, wozu man das hier brauchen könne. Nun sah sie es. Verdammter Kerl. Musste er immer recht haben? Gleichzeitig war sie dankbar dafür. Sonst wäre sie längst eine Eisstatue mit einem Spaten in der Hand.
    Connie ließ den Wagen unterdessen sanft vor- und zurückschaukeln und Sandra musste aufpassen, sich nicht über den Spaten oder ihre Füße fahren zu lassen. Die Reifen schleuderten Schnee, Dreck und kleine Schottersteine wie Geschosse nach hinten, denen sie auszuweichen versuchte. Deshalb war sie immer wieder kurz dem schneidenden Wind zugewandt. Langsam verlor sie das Gefühl in den Wangen. Warum hatte sie keinen Schal dabei? Connie und sie hätten sich vor dieser Tour erst einmal vernünftig ausstatten sollen. Aber nun war es zu spät, darüber nachzudenken. Jetzt spürte sie ihre Füße nicht mehr. Sie stand bis zu den Knien im hohen Schnee der geräumigen Mulde. Warum konnten die verdammten Kanadier in den Reservaten keine vernünftigen Straßen bauen? Lebensgefährlich war das! Wut und Verzweiflung gaben ihr die Kraft für zwei weitere Schippenladungen.
    Plötzlich stand der Wagen wieder still. Außer Atem gekommen, blinzelte sie Richtung Fahrerseite und sah Connie aussteigen.
    „ Das wird so nichts“, schrie Connie gegen den Wind an. „Hier, leg jetzt bitte die Gummimatte vor den Reifen.“
    Das enorm große schwarze Etwas flatterte durch die Luft und Connie beeilte sich wieder einzusteigen. Sandra stapfte durch den Schnee, der ihr in die Hosenbeine drang und eine frostige Verbindung mit ihrer Strumpfhose einging. Sie holte sich die Matte, legte sie vor das eingegrabene Rad, und machte Connie ein Handzeichen.
    Der Wagen schaukelte, fand Halt auf der Matte, fuhr aus der Mulde und sackte sofort in der nächsten ein, woraufhin die Matte durch die Luft schoss, knapp an Sandras Kopf vorbeiflog und vom Schneetreiben wie ein Meeresrochen ins weiße Nichts getragen wurde.
    Sandra stöhnte laut auf und fluchte. Sie ging zurück zu ihrer Seite des Wagens und versuchte mit gefühllosen Händen die Tür aufzubekommen. Connie half von innen nach. Völlig fertig kletterte sie ins Auto und

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