Kein Kinderspiel
als würden Münzen auf unsere Motorhaube prasseln.
Diesmal war ich nicht in Begleitung zweier Angehöriger der Exekutive gekommen, deshalb wurde Cheese in das Besucherzimmer gebracht. Durch eine dicke Glasscheibe sah er uns an. Angie und ich griffen nach den Telefonhörern in unserer Sitzecke. Cheese begrüßte uns.
»Hey, Angie«, sagte er, »gut siehst du aus.«
»Hey, Cheese.«
»Wenn ich hier eines Tages rauskomme, können wir doch mal eine heiße Schokolade zusammen trinken oder so, hm?«
»Eine heiße Schokolade?«
»Klar!« Er bewegte die Schultern. »Oder einen Milchshake. Irgend so was.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Sicher, Cheese. Ganz bestimmt. Ruf mal an, wenn du entlassen wirst.«
»Verflucht!« Cheese klatschte die wuchtige Pranke gegen die Scheibe. »Das weißt du ganz genau!«
»Cheese«, sagte ich.
Er hob die Augenbrauen.
»Chris Mullen ist tot.«
»Schon gehört. Ist ‘ne Schande.«
Angie bemerkte: »Scheint dir ja nicht viel auszumachen.«
Cheese lehnte sich zurück, betrachtete uns einen Moment und kratzte sich träge die Brust. » Yo man. So ist das in unserem Geschäft. Motherfucker sterben früh.«
»Pharaoh Gutierrez auch.«
»Ja.« Cheese nickte. »Das ist traurig mit Pharaoh. Der Motherfucker hatte Geschmack. Wißt ihr, was ich meine?«
Ich warf ein: » Hab’ gehört, daß Pharaoh nicht nur für dich geearbeitet hat.«
Cheese hob eine Augenbraue und wirkte für einen Moment verdutzt. »Noch mal, bitte, Bruder.«
»Hab’ gehört, Pharaoh hätte für die Rauschgiftbehörde gearbeitet.«
»Scheiße!« Cheese grinste breit und schüttelte den Kopf, doch seine Augen waren noch immer weit aufgerissen und schossen unruhig umher. »Wenn du alles glaubst, was auf der Straße erzählt wird, dann wirst du besser - keine Ahnung -ein dreckiger Bulle oder so.«
Das war eine Schlappschwanz-Antwort, und Cheese wußte es. Daß seine Antworten, selbst die Drohungen, schnell, glatt und witzig aus seinem Mund kamen, war das Besondere an Cheese. Und seine verwirrte Antwort zeigte uns deutlich, daß ihm bisher noch nie die Möglichkeit durch den Kopf gegangen war, Pharaoh könne ein Spitzel sein.
Ich grinste. »Ein Bulle, Cheese. Unter deinen Leuten. Denk mal, was das für deinen Ruf bedeutet.«
Sein Blick gewann seine nachdenkliche Wißbegier zurück. Er war wieder ganz er selbst. »Hier, der Typ Broussard, der ist vor ungefähr einer Stunde hier bei mir aufgekreuzt und hat mit aufrichtiger Anteilnahme erzählt, daß Mullen und Gutierrez weg vom Fenster sind. Er meinte, ich hätte meine eigenen Leute geopfert. Er will mich dafür bluten lassen. Er meinte, ich wäre schuld daran, daß er suspendiert wird und daß sein Freund, der alte Knacker, krank geworden ist. Der ist mir ganz schön auf den Sack gegangen, wenn ihr es wissen wollt.«
»Tut mir leid, das zu hören, Cheese.« Ich beugte mich vor, bis ich nah an der Scheibe war. »Es gibt noch jemand anders, der die Schnauze ziemlich voll hat.«
»Ja? Und wer?«
»Bruder Rogowski.«
Cheese hörte auf, sich die Brust zu kratzen. »Warum ist Bruder Rogowski erzürnt?«
»Weil ihn einer von deinen Leuten mehrmals von hinten auf den Kopf geschlagen hat.«
Cheese schüttelte den Kopf. »Keiner von meinen Leuten, Baby. Das kann nicht sein.«
Ich sah Angie an.
»Das ist aber ein Pech«, sagte sie.
»Ja«, bestätigte ich. »Kann man wohl sagen.«
»Was denn?« fragte Cheese. »Ihr wißt genau, daß ich die Hand niemals gegen Bruder Rogowski erheben würde.«
»Kannst du dich noch an den einen Typen erinnern?« fragte Angie.
»Welchen denn?« fragte ich zurück.
»Das ist schon ein paar Jahre her, er war ein hohes Tier bei der irischen Mafia, du weißt schon…« Sie schnippte mit den Fingern.
»Jack Rouse«, antwortete ich.
»Ja. Der war doch so was wie der irische Pate oder nicht?«
»Wartet mal«, unterbrach uns Cheese. »Niemand weiß, was mit Jack Rouse passiert ist. Angeblich hat er die Patrisos angepinkelt oder so was.«
Er sah uns durch die Scheibe an, während wir beide langsam den Kopf schüttelten.
»Wartet mal. Ihr wollt doch nicht sagen, daß Jack Rouse von…«
»Psst«, machte ich und legte den Finger auf die Lippen.
Cheese legte den Telefonhörer auf den Tisch und blickte zur Decke hoch. Als er uns wieder ansah, wirkte er wie um dreißig Zentimeter geschrumpft. Die nassen Haare klebten ihm in Locken auf der Stirn und machten ihn um zehn Jahre jünger. Er hob den Hörer wieder hoch.
»Das Gerücht mit der
Weitere Kostenlose Bücher