Kein Kinderspiel
Bowlingbahn?« flüsterte er.
Vor ein paar Jahren hatten sich Bubba, ein Profikiller namens Pine, Phil Dimassi und ich mit Jack Rouse und dessen geistig zurückgebliebenem Helfersknecht Kevin Hurlihy auf einer nicht mehr benutzten Bowlingbahn getroffen. Sechs Menschen hatten das Gebäude betreten, vier waren wieder herausgekommen. Gefesselt, geknebelt und von Bubba mit ein paar Bowlingkugeln gefoltert, hatten Jack Rouse und Kevin Hurlihy nicht die geringste Chance gehabt. Die Ermordung war von Fat Freddy Constantine abgesegnet worden, dem Kopf der italienischen Mafia in Boston, und wir vier, die wir das Gebäude wieder verlassen hatten, wußten, daß niemand die Leichen finden würde und eigentlich niemand so dumm sein würde, nach ihnen zu suchen.
»Stimmt das?« flüsterte Cheese.
Ich antwortete nicht, sondern starrte ihn ausdruckslos an.
»Bubba muß doch wissen, daß ich nichts mit dem Angriff auf ihn zu tun habe.«
Ich blickte Angie an. Sie seufzte, warf einen Blick auf Cheese und dann auf das schmale Regal vor der Fensterscheibe.
»Patrick«, begann Cheese erneut, und aus seiner Stimme war die ganze aufgesetzte Selbstsicherheit gewichen. »Das mußt du Bubba ausrichten.« »Was denn?« hakte Angie nach. »Daß ich nichts damit zu tun habe.« Angie lächelte und schüttelte den Kopf. »Ja, klar, Cheese. Ganz bestimmt.«
Er schlug mit dem Handrücken gegen die Fensterscheibe. »Jetzt hört mir mal zu! Ich habe mit dieser Sache nichts zu tun!« »Bubba sieht das aber anders, Cheese.« »Dann sag’s ihm!« »Warum?« fragte ich. »Weil es wahr ist.« »Das kaufe ich dir nicht ab, Cheese.« Cheese rückte mit dem Stuhl vor und umklammerte den Telefonhörer so fest, daß ich dachte, er würde ihn entzweibrechen. »Jetzt hör mir verdammt noch mal zu, du kleines Stück Scheiße. Wenn dieser Irre glaubt, ich hätte ihm einen überziehen lassen, dann könnte ich hier genausogut einen Wachmann um die Ecke bringen, denn dann bleibe ich für den Rest meines Lebens in Einzelhaft. Der Typ ist eine lebende Todesstrafe, verfluchte Scheiße! Und du wirst ihm sagen…« »Leck mich, Cheese.« »Was?«
Ich wiederholte es ganz langsam.
Dann fügte ich hinzu: »Vor zwei Tagen bin ich bei dir gewesen und habe um das Leben eines vierjährigen Mädchens gebettelt. Jetzt ist sie tot. Wegen dir. Und du willst Gnade? Ich werde zu Bubba gehen und sagen, es täte dir leid, daß er geschlagen wurde.«
»Nein.«
»Ich sag ihm, du wolltest dich entschuldigen. Du würdest es irgendwie wiedergutmachen.«
»Nein.« Cheese schüttelte den Kopf. »Das kannst du nicht machen.«
»Guck mal, Cheese!«
Ich hielt den Hörer in die Höhe und tat, als wolle ich auflegen.
»Sie ist nicht tot.«
»Was?« fragte Angie.
Ich hielt den Hörer wieder ans Ohr.
»Sie ist nicht tot«, wiederholte Cheese.
»Wer?« fragte ich.
Cheese verdrehte die Augen und wies mit dem Kopf auf den Wärter, der neben der Tür stand.
»Ihr wißt schon.«
»Wo ist sie?« wollte Angie wissen.
Cheese schüttelte den Kopf. »Ich brauche ein paar Tage.«
»Nein«, entschied ich.
»Ihr habt keine Wahl.« Er blickte über seine Schulter, beugte sich dann näher zu der Scheibe und flüsterte in den Hörer: »Es wird sich jemand bei euch melden. Glaubt mir. Ich muß vorher noch ein paar Sachen klären.«
»Bubba ist supersauer«, warf Angie ein. »Und er hat Freunde.« Sie betrachtete die Wände des Besucherzimmers.
»Scheiße«, gab Cheese zurück. »Seine Freunde, die abgefuckten Twoomey-Brüder, wurden gerade wegen einem Banküberfall in Everett gekrallt. Die wandern nächste Woche zur Veredelung in den Knast. Also hört auf damit, mir angst zu machen. Ich hab’ Schiß. Okay? Aber ich brauche Zeit. Pfeift den Hund zurück. Ich schicke euch eine Nachricht, versprochen.«
»Woher weißt du so genau, daß sie lebt?«
»Ich weiß es einfach, okay?« Er lächelte uns kläglich an. »Ihr beiden habt nicht die geringste Ahnung, was hier eigentlich los ist. Wißt ihr das?«
»Jetzt ja«, gab ich zurück.
»Richte Bubba aus, daß ich nichts mit dem zu tun habe, was mit ihm passiert ist. Ihr braucht mich lebendig. Okay? Ohne mich ist das Kind weg. Ende, aus. Habt ihr verstanden? Ende, aus, Mickymaus.«
Ich betrachtete ihn eine Weile. Er wirkte aufrichtig, aber das war schließlich seine Masche. Er hatte eine eigene Technik entwickelt: Und zwar suchte er die Dinge, mit denen er Menschen weh tun konnte. Und dann wartete er auf Menschen, die diese Dinge brauchten, ja,
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