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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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ein hübsches Kind, besaß nur den Anflug des Hundegesichts seines Vaters, jedoch nicht die nach vorne geneigten Schultern. Die Augen hatte er von der Mutter, das Saphirblau strahlte unter den pechschwarzen Augenbrauen und dem welligen Haar hervor.
    »Hi, Patrick. Hi, Angie.« Er sah Neal Ryerson aufgeschlossen und neugierig an.
    »Hey.« Ryerson hockte sich neben ihn. »Ich bin Neal. Wie heißt du?«
    Matt schüttelte ohne Zögern Ryersons Hand und sah ihm mit der Offenheit eines Kindes in die Augen, das gelernt hatte, Erwachsene zu respektieren, aber nicht zu fürchten. »Matt«, antwortete er. »Matt McCready.« »Schön, dich kennenzulernen, Matt. Was malst du denn da?«
    Matt drehte den Block um, so daß wir alle sein Bild begutachten konnten. Strichmännchen in verschiedenen Farben versuchten, über ein Auto zu klettern, das dreimal so groß wie sie und so lang wie ein Flugzeug war.
    »Wirklich toll!« Ryerson hob die Augenbrauen. »Und was ist das?«
    »Die Leute wollen mit dem Auto fahren«, erklärte Matt.
    »Und warum steigen sie nicht ein?« fragte ich.
    »Weil die Tür doch zu ist«, antwortete Matt, als sei das offensichtlich.
    »Aber sie wollen trotzdem hinein, nicht?« fragte Ryerson.
    Matt nickte. »Die ham nämlich…«
    »Die haben, Matthew«, korrigierte ihn Beatrice.
    Er blickte zu ihr auf. Zuerst war er ratlos, dann lächelte er. »Ja. Die haben nämlich Fernsehen da drin und Gameboys und Hamburger und, ach ja, und Cola.«
    Ryerson versteckte sein Lachen hinter der Hand. »Dann kann man das ja verstehen.«
    Matt lachte ihn an. »Ja.«
    »Dann mal man schön weiter«, sagte Ryerson. »Das wird bestimmt hübsch.«
    Matt nickte und drehte den Malblock wieder zu sich herum. »Als nächstes male ich Häuser dazu. Da fehlen noch Häuser.«
    Und als wären wir nur Teil eines Traums, griff er wieder zum Bleistift und machte sich mit solch einer Konzentration an die Arbeit, daß wir und die ganze Welt um ihn herum in den Hintergrund traten.
    »Wir kennen uns noch nicht«, sagte Beatrice.
    Ihre kleine Hand verschwand in seiner Pranke.
    »Ich bin Neal Ryerson. Ich arbeite für das Justizministerium.«
    Beatrice warf einen Blick auf Matt und senkte die Stimme. »Hat Ihr Besuch etwas mit Amanda zu tun?«
    Ryerson zuckte mit den Achseln. »Wir wollten mit Ihrem Mann ein paar Dinge besprechen.«
    »Was denn?«
    Ryerson hatte sich noch vor dem Verlassen des Restaurants einverstanden erklärt, daß wir Lionel und Beatrice auf gar keinen Fall in Panik versetzen wollten. Wenn sie ihrem Mann mitteilte, daß er verdächtigt wurde, verschwand er möglicherweise von der Bildfläche, und das Geheimnis um Amandas Aufenthaltsort blieb ungelöst.
    »Ich will ehrlich sein, Ma’am. Das Justizministerium hat ein sogenanntes Büro zur Vorbeugung von Jugendkriminalität. Wir arbeiten im Rahmen der Nachsorge häufig mit dem Nationalen Zentrum für vermißte und mißbrauchte Kinder und mit der Nationalen Organisation für vermißte Kinder und deren Datenbanken zusammen. Ganz normale Arbeit.«
    »Also gibt es keine Neuigkeit in diesem Fall?« Beatrice bearbeitete einen Zipfel ihres Hemdes zwischen Fingern und Handrücken. Dann sah sie Ryerson in die Augen.
    »Nein, Ma’am, leider nicht. Wie gesagt, es handelt sich lediglich um Routinefragen für die Datenbank. Und weil Ihr Ehemann in der Nacht, als Ihre Nichte verschwand, als erstes am Tatort war, wollte ich das alles noch einmal mit ihm durchgehen; vielleicht gibt es noch irgend etwas, das ihm aufgefallen ist, eine Kleinigkeit hier oder da, die uns einen neuen Anhaltspunkt liefert.«
    Sie nickte, und mir tat fast weh zu sehen, wie widerspruchslos sie Ryersons Lügen schluckte.
    »Lionel ist bei einem Freund, der Antiquitäten verkauft. Ted Kenneally. Die beiden sind schon seit der Grundschule befreundet. Ted gehört das Kenneally Antiques in Southie.
    Ungefähr einmal im Monat fährt er mit Lionel nach North Carolina und liefert ein paar Teile in einer Stadt namens Wilson ab.«
    Ryerson nickte. »Das Antiquitätenzentrum von Nordamerika, ja, das kenne ich, Ma’am.« Er grinste. »Ich komme von da unten.«
    »Ach. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein? Lionel kommt morgen nachmittag zurück.«
    »Ja, klar, Sie können mir helfen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, stelle ich Ihnen ein paar langweilige Fragen, die Sie mit Sicherheit schon tausendmal gehört haben, ja?«
    Sie nickte eifrig. »Ja. Gerne. Wenn es irgendwie hilft, beantworte ich die ganze Nacht lang Fragen. Ich

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