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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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rief Big Dave. »Setz dich wieder hin!«
    »Warum?« gab Ray zurück. »Was soll der Scheiß, Big Dave? Ist doch ‘n freies Land und der ganze Mist!«
    Ich berührte den Kolben der .45 mit dem Zeigefinger.
    »Ray«, wiederholte Big Dave, den Blick jetzt auf mich geheftet, »geh weg von der Tür, sonst ramm ich dich verdammt noch mal mit dem Kopf da durch!«
    »Okay«, gab Ray nach. »Okay. Schon gut. Oh Mann, Big Dave. Echt ey, Scheiße, Mann.« Ray schüttelte den Kopf.
    Doch anstatt sich wieder hinzusetzen, entriegelte er die Tür und ging nach draußen.
    »Ein begabter Redner, unser Ray«, bemerkte ich.
    »Los!« sagte Angie.
    »Klar.« Ich schob den Barhocker mit dem Bein zur Seite.
    Die beiden Poolspieler standen rechts von mir, als ich mich zur Tür umwandte. Ich sah den einen an, der mir Bier auf den Schuh gekippt hatte. Er hielt den Queue verkehrt herum in der Hand, hatte den Griff gegen die Schulter gelehnt. Er war dumm genug, noch immer dort zu stehen, aber nicht so blöd, einen Schritt nach vorne zu machen.
    »Jetzt hast du ein Problem«, kündigte ich ihm an.
    Er betrachtete den Queue, die vom Schweiß dunkel gefärbten Stellen, wo er ihn gehalten hatte.
    Ich befahl ihm: »Laß den Stock fallen!«
    Er schätzte die Entfernung zu mir ab. Er sah auf den Abzug meiner .45 und auf meine rechte Hand, die einen Zentimeter davon entfernt war. Er blickte mir ins Gesicht. Dann bückte er sich und legte den Stock vor seine Füße. Als sein Freund den Queue laut zu Boden fallen ließ, trat er einen Schritt zurück.
    Ich wandte mich zum Gehen, doch nach fünf Schritten in Richtung Ausgang hielt ich inne. Ich sah mich nach Big Dave um. »Was?« fragte ich.
    »Wie bitte?« Dave hatte den Blick auf meine Hände gerichtet.
    »Ich dachte, du hättest etwas gesagt.«
    »Ich hab nichts gesagt.«
    »Ich dachte, du hättest gesagt, du hättest uns vielleicht doch nicht alles über Helene McCready erzählt.«
    »Hab ich nicht gesagt«, erwiderte Big Dave und hielt die Hände hoch. »Ich hab gar nichts gesagt.«
    »Angie«, fragte ich, »glaubst du, daß uns Big Dave alles erzählt hat?«
    Sie blieb vor der Tür stehen, lehnte sich gegen den Rahmen, die .38 locker in der linken Hand. »Nee.«
    »Wir glauben, daß du uns etwas verheimlichst, Dave.« Ich zuckte mit den Achseln. »Nur so ‘ne Idee.«
    »Ich hab’ euch alles erzählt. Ich finde, ihr beide…«
    »Sollen wiederkommen, wenn du heute nacht zumachst?« ergänzte ich. »Das ist ‘ne gute Idee, Big Dave. Gut. Wir kommen später wieder.«
    Big Dave schüttelte mehrmals den Kopf. »Nein, nein.«
    »Sagen wir, so gegen zwei, Viertel nach zwei?« Ich nickte. »Bis später, Dave.«
    Ich ging ebenfalls zur Tür. Niemand sah mir in die Augen. Alle blickten auf ihr Bier.
    »Sie war nicht bei ihrer Freundin Dottie«, vernahm ich Big Dave hinter mir.
    Wir drehten uns um und schauten ihn an. Er stand über die Spüle gebeugt und spritzte sich mit dem Schlauch Wasser ins Gesicht.
    »Hände auf den Tresen, Dave!« befahl Angie.
    Er hob den Kopf und blinzelte wegen der Wassertropfen. Dann legte er die Handflächen auf die Theke. »Helene«, begann er erneut. »Sie war nicht bei Dottie. Sie war hier.«
    »Mit wem?« hakte ich nach.
    »Mit Dottie«, antwortete er. »Und mit Lennys Sohn Ray.«
    Lenny hob den Kopf und sagte: »Halt verflucht noch mal die Schnauze, Dave.«
    »Der fertige Typ an der Tür?« fragte Angie. »Das war Ray?«
    Big Dave nickte.
    »Was haben sie hier gemacht?« wollte ich wissen.
    »Du sagst keinen Ton mehr, Dave!« drohte Lenny.
    Big Dave warf ihm einen verzweifelten Blick zu und wandte sich wieder Angie und mir zu. »Getrunken. Helene wußte, daß es schon schlecht kam, daß sie ihr Kind überhaupt allein gelassen hatte. Wenn die Zeitungen oder die Bullen wüßten, daß sie zehn Blöcke weiter in einer Kneipe war und nicht nebenan, käme das noch sehr viel schlechter.«
    »Was für eine Beziehung hat sie zu Ray?«
    »Ich glaub’, sie machen’s manchmal zusammen.« Er zuckte mit den Achseln.
    »Wie heißt Ray weiter?«
    »David!« rief Lenny. »Halt verdammt noch mal…«
    »Likanski«, antwortete Big Dave. »Er wohnt auf der Harvest.« Er atmete tief ein.
    »Du bist ein Stück Scheiße«, sagte Lenny zu ihm. »Genau das bist du und wirst es immer bleiben. Und deine beschissenen behinderten Nachkommen genauso und alles, was du anfaßt. Ein Stück Scheiße!«
    »Lenny«, sagte ich.
    Lenny saß mit dem Rücken zu mir. »Wenn du glaubst, daß ich auch nur ein

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