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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Doch als er sich auf die offene Fahrertür stützte und uns ansah, spürte ich seine scharfe Beobachtungsgabe, seine ungeheure Intelligenz. Schon möglich, daß er vor Spiegeln stehenblieb, doch entging ihm mit Sicherheit nicht, was währenddessen hinter seinem Rücken vorging.
    »Unser leidenschaftlicher Lieutenant Jack Doyle meinte, wir sollten uns mit Ihnen treffen«, sagte Poole. »Da wären wir.«
    »Ja, da sind Sie«, wiederholte ich.
    »Wir fahren gerade die Straße zu Ihrem Büro hoch«, erzählte Poole, »als wir Skinny Ray Likanski aus dieser Gasse kommen sehen. Rays Vater, müssen Sie wissen, war früher eine der linksten Bazillen hier. Den kenne ich schon ziemlich lange. Detective Broussard könnte Skinny Ray nicht von Sugar Ray unterscheiden, aber ich sagte zu ihm: >Halt die Kutsche an, Remy. Jener Wandersmann ist niemand anders als Skinny Ray Likanski, und er sieht mächtig bekümmert aus.« Poole grinste und trommelte mit den Fingern auf seinen Knien herum. »Ray schreit irgendwas, in der feinen Gaststätte würde jemand mit einer Knarre herumfuchteln.« Er sah mich mit erhobenen Augenbrauen an. »Eine Knarre? frage ich Detective Broussard. In einem Altherrenclub wie dem Filmore Tap? Nie im Leben!«
    Ich blickte zu Broussard herüber. Er stand gegen die Fahrertür gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt. Er zuckte mit den Achseln, als wolle er sagen: Mein Kollege ist schon ‘ne Nummer.
    Poole trommelte auf die Motorhaube des Taurus, damit ich ihm wieder zuhörte. Ich drehte mich zu ihm um, und er grinste mit seinem verwitterten Koboldgesicht zu mir auf. Er war ungefähr Ende Fünfzig und untersetzt. Sein kurzes, krauses Haar hatte die Farbe von Zigarettenasche. Er rieb sich über die Bartstoppeln und blinzelte ins nachmittägliche Sonnenlicht. »Könnte mögliche besagte Waffe die mögliche Colt Commander sein, die ich möglicherweise an ihrer Hüfte sehe, Mr. Kenzie?«
    »Möglicherweise«, erwiderte ich.
    Poole grinste und sah zum Filmore Tap hinüber. »Unser Mr. Big Dave Strand, ist er da drinnen immer noch an einem Stück?«
    »Als ich ihn zum letzten Mal sah, schon«, antwortete ich.
    »Sollten wir euch zwei wegen Körperverletzung festnehmen?« Broussard zog einen Kaugummi aus einer Packung Wrigley’s und schob ihn sich in den Mund.
    »Da müßte er schon Anzeige erstatten.«
    »Und ihr glaubt nicht, daß er das tut?« fragte Poole.
    »Da sind wir uns ziemlich sicher«, bestätigte Angie.
    Poole sah uns mit erhobenen Augenbrauen an. Dann wandte er sich zu seinem Kollegen um. Broussard zuckte mit den Schultern. Beide verzogen ihren Mund zu einem breiten Grinsen.
    »Na, ist das nicht wunderbar?« fragte Poole.
    »Ich nehme an, Big Dave hat sich bemüht, seinen ganzen Charme spielen zu lassen, was?« fragte Broussard Angie.
    »Bemüht ist schon das richtige Wort«, gab sie zurück.
    Broussard biß auf seinem Kaugummi herum, lächelte und richtete sich dann zu seiner vollen Größe auf, wobei er seinen nachdenklichen Blick nicht von Angie ließ.
    »Jetzt mal im Ernst«, begann Poole, obwohl er immer noch locker klang, »hat einer von euch da drinnen seine Waffe abgefeuert?«
    »Nein«, antwortete ich.
    Poole streckte die Hand aus und schnippte mit den Fingern.
    Ich zog die Pistole aus dem Hosenbund und reichte sie ihm.
    Er ließ das Magazin aus dem Griff in seine Hand fallen, vergewisserte sich, daß die Pistole leer war, und schnupperte am Lauf. Er nickte. Dann legte er mir die Pistole in die rechte und das Magazin in die linke Hand.
    Ich steckte die Pistole zurück ins Holster auf dem Rücken und ließ die Munition in meine Jackentasche gleiten.
    »Und eure Waffenscheine?« fragte Broussard.
    »Sind gültig und in unseren Brieftaschen«, parierte Angie.
    Poole und Broussard grinsten sich wieder an. Dann starrten sie uns so lange an, bis wir merkten, worauf sie warteten.
    Wir beide holten die Ausweise hervor und reichten sie Poole, der immer noch auf der Motorhaube saß. Der warf einen flüchtigen Blick darauf und gab sie uns zurück.
    »Müssen wir die Stammkunden verhören, Poole?«
    Poole sah Broussard an. »Ich hab Hunger.«
    »Ich könnte auch was essen«, gab Broussard zurück.
    Poole schaute uns wieder mit erhobenen Augenbrauen an. »Was ist mit euch? Hunger?«
    »Keinen großen«, lehnte ich ab.
    »Schon in Ordnung. Der Ort, an den ich denke«, Poole schob mir sanft eine Hand unter den Ellenbogen, »da ist das Essen sowieso fürchterlich. Aber da gibt’s hervorragendes Wasser. Das

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