Kein König von Geburt
Abend schlug es im Chalet auf der Schwarzen Klippe ein. Die elektrische Entladung richtete keinen Schaden an.
»Bei all diesen atmosphärischen Störungen«, bemerkte Creyn, »wundert es mich, daß du überhaupt imstande bist, Afrika fernzuspüren. Meine eigene Vision wird schon auf der Höhe von Amalizan blockiert. Nun, schließlich bin ich auch kein Großmeister.«
Sie lächelte ihn an und stellte ihre Tasse hin. »Nein. Aber es ist Zeit, daß ich anfange, dich die besonderen Techniken der höheren Fern Wahrnehmung zu lehren. Mit einiger Übung wirst du es leicht fertigbringen, die Statik auszufiltern.« Sie zeigte ihm das Programm und arbeitete mit ihm, unterstützend und korrigierend, während er sein Fernsehvermögen anstrengte, um die Ionisierung des Sturms zu durchdringen.
Endlich sagte sie: »Genug!«
Er sank in seinem Sessel zurück. Das alterslose Seraphim-Gesicht war in Schweiß gebadet. »Ja ... das ist mir klar.« Sein Geist spiegelte eine klägliche Stimmung wider. »Mir ist außerdem auch klar, daß ich noch eine deprimierende Menge zu lernen habe, bevor ich dir bei deiner Überwachung nennenswerte Hilfe leisten kann.«
»Trink noch etwas Kaffee!« schlug Elizabeth vor. »Das hilft. Wir haben Glück, daß der Kaffeestrauch hier im Pliozän wächst! ... Aber im Ernst, du kannst mir wirklich helfen, auch jetzt schon. Ich bin immer noch nicht so stark, wie ich es damals im Milieu war. Ich muß unverhältnismäßig viel Kraft einsetzen, nur um den Brennpunkt auf große Entfernung zu halten. Du kannst ein zusätzliches Augenpaar sein, wenn du dich während der Beobachtung mit mir verbindest - und Einzelheiten aufnehmen, die mir vielleicht entgehen.«
»Ich verstehe.« Einen Augenblick lang schwieg sein Geist, in sich selbst zurückgezogen. »Wird meine Hilfe unsere Chance vergrößeren, Felice zu finden?«
Elizabeths Stirn spannte sich. Das Bild des Rabenmädchens war in ihren beiden Gehirnen unheimlich klar. »Creyn, ich weiß nicht, was wir ihretwegen unternehmen sollten. Sie stellt die furchtbarste Gefahr dar! Kein Metapsychiker des Galaktischen Milieus besaß eine solche kreative und psychokinetische Macht. Soviel ich weiß, hat es noch nie ein derartiges Potential für physische Zerstörung auf ein einziges Individuum konzentriert gegeben.«
»Nicht einmal bei deinen Schutzheiligen? Oder ihren Gegnern in der Metapsychischen Rebellion?«
»Kein einziger Operanter unseres Milieus hätte tun können, was Felice gelungen ist.« Regen schlug gegen die schwarzen Fenster. »Besonders dieser letzte psychokreative Streich, der Gibraltar öffnete. Ich hatte keine Gelegenheit, Felices Geist zu überprüfen, seit sie operant geworden ist. Sagen wir: Wenn wir sie finden und wenn ich eine Tiefenredigierung durchführe, ist es gerade eben möglich, die von ihr ausgehende Gefahr ... zu neutralisieren.« Auch wenn die Operation für uns beide den Tod bedeuten mag.
Creyns Gedanken schrien: Du darfst dich nicht opfern! Das ist nicht deine Bestimmung! Du mußt unsere Wächterin sein, o Wiedergekehrte Brede!
»Nenn mich nicht so!« rief sie. Ihr Geist wich vor ihm zurück. »Ich kenne meine Bestimmung nicht, und Brede, verdammt soll sie sein, kannte sie auch nicht!« Die alte Bitterkeit drang aus Elizabeths Unterbewußtsein hervor. »Die Schiffsgattin in ihrer Selbstgerechtigkeit war sehr überzeugt ... aber vielleicht hat sie objektiv großen Schaden angerichtet, indem sie euch zur Erde brachte. Ich bin jetzt zu der Meinung gelangt, daß ihr Tanu und Firvulag hier auf der Erde lange genug überleben werdet, um die Entwicklung der Menschheit in irgendeiner Art zu beeinflussen. Doch es wäre für meine Rasse vielleicht besser gewesen, wenn ihr euch vor tausend Jahren in der Duat-Galaxis gegenseitig ausgelöscht hättet!«
»Bredes Vision prophezeite für beide Rassen etwas Besseres«, sagte Creyn.
»Nach wie vielem Leiden? Für wie viele Millionen von Jahren?« Elizabeth brach die Stimme. Sie verschleierte ihre Gedanken, aber Creyn als erfahrener Redakteur erkannte die stolze Wahrheit.
Er sagte: »Wenn Bredes Einmischung in das Geschick unserer Rassen voreilig - schlecht - war, dann zeigen die offenbaren Ergebnisse doch, daß sie eine glückbringende Sünde beging. Was eure Philosophen eine felix culpa nennen würden.«
Elizabeths Lachen klang spröde. »Du lernst die Menschheit recht gut kennen, nicht wahr? Du greifst sogar unsere kasuistischen Spielchen auf.«
»Ich weiß nur«, erklärte er schlicht,
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