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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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fernen Teufel, Aiken Drum und auch die armselige Elizabeth! Felice wußte sich vor ihnen zu verbergen. (Und nach ihrem Geliebten rief sie nur von hoch oben am Himmel, wo keine Gefahr bestand.)
    Das Kochfeuer brannte zu Asche nieder. Sie räumte die Veranda vor ihrer Höhle auf und stand dann eine Weile still unter den heller werdenden Sternen. Wie schön, daß die Regenzeit fast zu Ende war. Die Blumen in ihrem Haar und um ihren Hals strömten einen stärkeren Duft aus, jetzt, wo sie zu sterben begannen, und auch das war schön.
    Felice nahm Fians goldenen Halsring und betrat den Spalt im Berg. Sie konnte ganz gut in völliger Finsternis sehen, aber sie wollte sich an dem Schatz erfreuen, wenn er seine beste Wirkung zeigte, und so hob sie zwei Finger und schuf eine helle Flamme aus Psychoenergie. Die mit Glimmer durchsetzten Felsen glitzerten. Ihre Behausung war eine tektonische Höhle, nicht eine durch Wasser ausgewaschene, und das Innere war vollkommen trocken. Hinter ihrer Schlafstelle war der Weg von einem Felsbrocken versperrt, der viele Tonnen wog. Felice schwenkte leicht ihr Licht davor, und er glitt zur Seite.
    In der kleineren Kammer dahinter lag Gold in Haufen gestapelt, die ihr über den Kopf gingen: Ein Nibelungenhort, den sie in vier Monaten unermüdlicher Suche zusammengetragen hatte. Diese Tausende von kunstvoll gestalteten Gedankenverstärkern hatten einmal die Hälse von Tanu und deren privilegierten menschlichen Dienern umschlungen und latente Geisteskräfte zu metapsychischer Operanz erhoben. Aber nun waren die stolzen Reifträger ertrunken in Felices Flut, ihre Leichen von der untergegangenen Weißen Silberebene weggeschwemmt und ans Ufer geworfen worden, damit die Raubtiere sie fanden - und Felice. Sie hatte Leichen beraubt, die in Untiefen verfaulten, und im Schlamm begrabene Skelette aufgespürt. Und als auf diese Weise nichts mehr zu holen war, hatte sie elende Überlebende gejagt und das Gold denen weggenommen, die zu schwach waren, sich gegen einen Vogel, länger als ein menschlicher Arm, zu verteidigen. Sie kämpfte ehrlich mit ihnen und verzichtete darauf, mit ihren operanten Kräften anzugreifen. Schnabel und Klauen genügten für gewöhnlich, die demoralisierten Jammergestalten zu besiegen, die einmal die Herren des Vielfarbenen Landes gewesen waren.
    Felice legte ihren neuesten Erwerb auf den nächsten Stapel. Ein melodisches Klingen ertönte, als das Gleichgewicht gestört wurde. Goldene Reifen rutschten und rollten in alle Richtungen - und enthüllten etwas anderes, das in dem Wirrwarr von Edelmetall halb versteckt gelegen hatte.
    Felice hob es trotz seines beträchtlichen Gewichts mühelos auf. Es war eine große Lanze aus goldglänzendem Glas, von deren Schaft ein Kabel zu einem juwelenbesetzten Kasten führte, und der Kasten hatte gerissene Gurte. Felice schwang den Speer und drückte einen der Knöpfe auf dem Schaft. Wie immer, hatte das kein Ergebnis. Durch das Liegen im Salzwasser war das Energieversorgungsmodul der Photonenwaffe kurzgeschlossen worden. Sie war so wenig zu gebrauchen wie damals, als Felice sie dem echten Leuchtenden Lugonn am Schiffsgrab weggenommen hatte.
    Der falsche Leuchtende hatte sie später betrogen und die Waffe in seinen Besitz gebracht; die Flut hatte sie ihm wieder entrissen. Nun gehörte der Speer ihr für immer.
    Behutsam legte sie die Trophäe auf ihr Bett aus Gold, verließ die Schatzkammer und suchte ihr Heulager auf. Die Mitte der Nacht brachte kalte Luft vom Gipfel des Berges, und sie hatte wieder ihren Alptraum. Aber gegen Morgen, als der Luchs sich an ihren Füßen zusammenrollte, um es warm zu haben, schlief Felice in Frieden.
    Kuhal Erderschütterer blieb den größten Teil dieses Tages besinnungslos liegen; der Tod seines Bruders und die Schändung des Leichnams durch Felice hatten ihn niedergeschmettert. Als er endlich erwachte, war die Dämmerung gekommen, und mit ihr kleine Tiere, die seines Bruders Fleisch suchten. Fluchend vertrieb er sie und machte sich dann ans Waschen und Vorbereiten. Frische Kleider waren keine da, aber er hängte um Fians Hals das schwere janusgesichtige Medaillon mit ihrem gemeinsamen Wappen, das einzige Schmuckstück, das ihnen geblieben war.
    Er trug Fian ans Ufer, dann holte er das Boot. Er schob seinen Bruder in die Fluten, kniete auf den salzverkrusteten Steinen nieder und versuchte, das Lied zu singen. Aber ohne Fian würde es nie wieder Musik geben. Deshalb sprach er die Worte nur. Wieder schien er

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