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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Finanzamt, bei den Kreditkartengesellschaften, der Zulassungsstelle und wer weiß wo sonst noch. Wer glaubt, dass das schwierig ist – dass man nicht so leicht jemanden findet, der vertrauliche Informationen gegen Bares rausrückt –, der liest nicht oft Zeitung.
    Diesmal jedoch war es sogar noch einfacher. Man rief die Hotels an und sagte, man wolle Donna White sprechen. Das tat man so lange, bis sie in einem Hotel sagten: »Einen Moment bitte«, und einen durchstellten. Und auf den Stufen zur Lobby des Regina Hotels spürte ich das Kribbeln. Sie lebte. Ich konnte es nicht glauben – wollte es nicht glauben –, bis ich sie mit eigenen Augen gesehen hatte. Die Hoffnung macht merkwürdige Dinge mit dem Verstand. Sie kann die Gedanken sowohl verdüstern als auch aufhellen. Wo ich mir vorher einzureden versucht hatte, dass ein Wunder im Bereich des Möglichen lag, fürchtete ich jetzt, dass mir alles wieder genommen werden könnte, dass Sheila diesmal im Sarg liegen würde, wenn ich hineinsah.
    Ich werde dich immer lieben.
    Das hatte auf dem Zettel gestanden. Immer.
    Ich trat an die Rezeption. Ich hatte Squares erklärt, dass ich mich allein um die Sache kümmern wollte. Er hatte es verstanden. Die Empfangsdame, eine Blondine mit halbherzigem Lächeln, telefonierte. Sie zeigte mir die Zähne und wies auf das Telefon, um anzudeuten, dass sie gleich für mich da sein würde. Ich zuckte die Achseln zum Zeichen, dass ich es nicht eilig hatte, lehnte mich an den Tresen und gab mich gelassen.
    Nach einer Minute legte sie auf und widmete mir ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ja«, sagte ich. Meine Stimme klang unnatürlich, zu melodiös, als moderierte ich eine Lite-FM-Radiosendung. »Ich habe
eine Verabredung mit Donna White. Könnten Sie mir sagen, welches Zimmer sie hat?«
    »Leider nicht, Sir. Wir geben die Zimmernummern unserer Gäste nicht weiter.«
    Fast hätte ich mir an die Stirn geschlagen. Wie blöd konnte man sich nur anstellen? »Tut mir Leid, war mein Fehler. Ich rufe erst mal an. Haben Sie ein Haustelefon?«
    Sie deutete nach rechts. An der Wand hingen drei weiße Telefone ohne Wähleinrichtung. Ich nahm bei einem den Hörer ab und hörte das Rufzeichen. Eine Telefonistin meldete sich. Ich bat sie, mich zu Donna Whites Zimmer durchzustellen. Sie sagte – dabei fiel mir auf, dass das die neue Allzweck-Redewendung der Hotelangestellten war – »Mit Vergnügen«, und dann hörte ich das Telefon klingeln.
    Das Herz schlug mir bis zum Hals.
    Es klingelte zweimal. Dreimal. Beim sechsten Klingeln wurde ich mit dem Mailboxsystem des Hotels verbunden. Eine Computerstimme teilte mir mit, dass der Gast derzeit nicht erreichbar sei und wie ich eine Nachricht hinterlassen konnte. Ich legte auf.
    Und jetzt?
    Das hieß wohl warten. Was blieb mir anderes übrig? Ich kaufte mir am Kiosk eine Zeitung und suchte mir einen Platz in der Ecke der Lobby, von dem ich einen guten Blick auf die Eingangstür hatte. Ich hielt mir die Zeitung à la »Spion und Spion« vors Gesicht und kam mir wie ein Vollidiot vor. Ich war völlig aufgewühlt. Mein Magen hatte mir nie Probleme gemacht, aber in den letzten paar Tagen hatte ich ein Brennen verspürt, als wollte sich ein Geschwür dort einnisten.
    Ich versuchte, die Zeitung zu lesen – was natürlich völlig misslang. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Mir fehlte einfach die Kraft, mich für das Zeitgeschehen zu interessieren. Ich
konnte mir nicht merken, wo ich gewesen war, wenn ich alle drei Sekunden zur Tür sah. Ich blätterte um. Ich sah mir die Bilder an. Ich versuchte, einen Funken Interesse für die Sport-Statistiken aufzubringen. Ich blätterte zu den Comics vor, aber selbst »Beetle Bailey« war mir zu komplex.
    Die blonde Empfangsdame sah gelegentlich zu mir herüber. Wenn sich unsere Blicke begegneten, lächelte sie herablassend. Sie behielt mich im Auge, das war klar. Oder war ich doch wieder nur paranoid? Schließlich war ich nur ein Mann, der in der Lobby seine Zeitung las. Ich hatte nichts getan, was ihr Misstrauen hätte wecken können.
    Eine ereignislose Stunde verging. Mein Handy klingelte. Ich hielt es ans Ohr.
    »Hast du sie schon gesehen?«, fragte Squares.
    »Sie ist nicht in ihrem Zimmer. Jedenfalls geht sie nicht ans Telefon.«
    »Wo bist du jetzt?«
    »Ich liege in der Lobby auf der Lauer.«
    Squares gab ein Geräusch von sich.
    »Was?«, fragte ich.
    »Hast du wirklich ›auf der Lauer liegen‹ gesagt?«
    »Komm, lass mich

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