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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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anzurufen, wenn mehr über die neue »Donna White« herauskam. Völlig geschafft machte ich mich auf den Nachhauseweg. An meiner Wohnungstür steckte ich den Schlüssel ins Schloss. Eine Hand berührte mich an der Schulter. Erschreckt fuhr ich zurück.
    »Alles okay?«, fragte sie.
    Katy Miller.
    Ihre Stimme war heiser. Sie trug eine Halskrause. Ihr Gesicht war geschwollen. Ihre Augen blutunterlaufen. Unter dem Rand der Halskrause konnte ich dunkelviolette und gelbe Flecken erkennen.
    »Geht’s dir gut?«, fragte ich.
    Sie nickte.
    Ich umarmte sie vorsichtig, zu vorsichtig, und blieb dabei auf Abstand, um ihr nicht noch mehr wehzutun.
    »Ich geh schon nicht kaputt«, sagte sie.
    »Wann bist du rausgekommen?«, fragte ich.
    »Vor ein paar Stunden. Ich kann nicht lange bleiben. Wenn mein Vater wüsste, wo ich bin …«
    Ich hob die Hand. »Alles klar.«
    Wir stießen die Tür auf und traten ein. Bei jeder Bewegung verzog sie vor Schmerz das Gesicht. Wir setzten uns aufs Sofa. Ich fragte, ob sie etwas essen oder trinken wollte. Sie verneinte.
    »Ist es klug, das Krankenhaus schon zu verlassen?«
    »Ich kann raus, soll mich aber noch schonen.«
    »Wie bist du deinem Vater entwischt?«
    Sie versuchte zu lächeln. »Ich bin ziemlich stur.«
    »Verstehe.«
    »Und ich hab gelogen.«

    »Zweifellos.«
    Sie wandte den Blick ab – den Kopf konnte sie nicht bewegen  – und bekam nasse Augen. »Danke, Will.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss immer daran denken, dass es meine Schuld war.«
    »So ein Blödsinn«, wehrte sie ab.
    »Du hast den Namen John gerufen, als der Typ auf dich losgegangen ist. Glaube ich jedenfalls.«
    »Ja, das hat mir die Polizei erzählt.«
    »Du kannst dich nicht daran erinnern?«
    »Nein.«
    »Woran erinnerst du dich denn?«
    »An die Hände um meinen Hals.« Sie sah weg. »Ich hab geschlafen. Und dann hat mir jemand die Kehle zugedrückt. Ich weiß noch, wie ich nach Luft geschnappt hab.« Ihre Stimme erstarb.
    »Weißt du, wer John Asselta ist?«, fragte ich.
    »Ja. Ein Freund von Julie.«
    »Hast du womöglich den gemeint?«
    »Als ich John geschrien habe, meinst du?« Sie überlegte. »Keine Ahnung, Will. Wieso?«
    »Ich glaube …«, ich dachte daran, dass ich Pistillo versprochen hatte, sie da rauszuhalten, »… ich glaube, er könnte was mit dem Mord an Julie zu tun haben.«
    Sie nahm es hin, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wenn du sagst, er könnte was damit zu tun haben …«
    »Mehr kann ich jetzt nicht sagen.«
    »Du klingst schon wie ein Cop.«
    »War’ne komische Woche«, sagte ich.
    »Dann erzähl mir, was du rausgefunden hast.«
    »Ich weiß, du bist neugierig, aber ich glaube, du solltest auf die Ärzte hören.«

    Sie starrte mich an. »Was soll das denn heißen?«
    »Ich glaube, du musst dich schonen.«
    »Du willst, dass ich mich raushalte?«
    »Ja.«
    »Du hast Angst, dass mir wieder was passiert.«
    »Große Angst, ja.«
    Ihre Augen blitzten. »Ich kann schon auf mich aufpassen.«
    »Bestimmt. Aber es wird jetzt verdammt gefährlich.«
    »Und bisher war’s ein Spaziergang?«
    Touché. »Also, du musst mir da einfach vertrauen.«
    »Will?«
    »Ja?«
    »So leicht wirst du mich nicht los.«
    »Ich will dich nicht loswerden«, protestierte ich. »Aber ich muss dich schützen.«
    »Das kannst du gar nicht«, sagte sie leise. »Und das weißt du auch.«
    Ich sagte nichts.
    Katy rutschte näher. »Ich muss das durchziehen. Dafür müsstest du eigentlich Verständnis haben.«
    »Hab ich doch auch.«
    »Und?«
    »Ich hab versprochen, nichts zu sagen.«
    »Wem?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Vertrau mir einfach, okay?«
    Sie stand auf. »Nein, nicht okay.«
    »Ich will doch nur …«
    »Wenn ich dir sagen würde, du sollst dich verpissen, würdest du dann auf mich hören?«
    Ich senkte den Kopf. »Ich darf dir nichts sagen.«
    Sie ging zur Tür.
    »Warte«, sagte ich.

    »Ich hab jetzt keine Zeit für so was«, sagte sie kurz angebunden. »Mein Vater macht sich bestimmt Sorgen, wo ich bleibe.«
    Ich stand auf. »Ruf mich an, ja?« Ich gab ihr meine Handynummer. Ihre wusste ich schon auswendig.
    Sie knallte die Tür hinter sich zu.

    Katy Miller trat auf die Straße. Ihr Hals schmerzte höllisch. Sie drängte ihn zu sehr, das war ihr klar, aber es ging nicht anders. Sie kochte. Hatten sie Will jetzt auch noch erwischt? Sie hätte es nicht für möglich gehalten, aber vielleicht war der genauso ein Feigling wie die anderen. Aber vielleicht auch nicht. Vielleicht dachte er

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